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# taz.de -- Anna Amalia Bibliothek in Weimar: Phoenix aus der Asche
> Zehn Jahre nach dem Inferno sind durch Neukauf und Restaurierung viele
> Schäden behoben. Doch die verkohlten Aschebücher machen noch immer
> Arbeit.
Bild: Die wiederentdecktee Erstausgabe des Hauptwerks von Nikolaus Kopernikus
WEIMAR dpa | „Man muss in der Verzweiflung auch mal verrückt sein, um den
Phönix aus der Asche wiedererstehen zu lassen.“ So umschreibt der Präsident
der Stiftung Weimarer Klassik, Hellmut Seemann, am Freitag die
Stimmungslage am 2. September 2004, als die [1][Herzogin Anna Amalia
Bibliothek] in Flammen stand. Zehn Jahre später präsentiert sich das für
rund zwölf Millionen Euro sanierte Stammhaus in neuer Schönheit, konnten
viele der Lücken im Buchbestand geschlossen werden. „Wir haben sehr viel
erreicht, vielleicht mehr als damals gedacht, aber wir haben noch eine
Wegstrecke vor uns“, sagt Bibliotheksdirektor Michael Knoche. Wohl noch 15
Jahre werde der Wiederaufbau des Buchbestandes dauern.
Etwa 170 Mitarbeiter, Helfer und Feuerwehrleute hatten bei dem Brand 28.000
Bücher aus dem Rokokosaal des brennenden Gebäudes gerettet. 50.000 Bücher
verbrannten im Dach. Weitere 62.000 wurden durch Hitze, Feuer oder
Löschwasser beschädigt, darunter 25.000 „Aschebücher“, deren Buchdeckel …
teilweise Seiten verkohlt waren.
Die Gesamtkosten für Neuankauf und Restaurierung schätzen Experten auf
insgesamt 67 Millionen Euro. 38,8 Millionen Euro sind dafür bislang
zusammengekommen. 20,3 Millionen Euro kamen von Bund und Land, 7,2
Millionen von Stiftungen und Versicherung – und 11,3 Millionen Euro
spendeten Menschen aus dem In- und Ausland.
Das Feuer in der renommierten Forschungsbibliothek, die Seemann einen Ort
„sakraler Aufklärung“ nennt, hatte weit über Deutschland hinaus eine Welle
der Solidarität und Hilfe ausgelöst. In Leipzig etwa waren sofort danach
tausende durchnässte Bücher tiefgefroren und getrocknet worden, um sie
später auf Schäden untersuchen und restaurieren zu können.
Von den 50.000 verbrannten Büchern konnten bisher 10.000 identische Bücher
auf dem antiquarischen Markt gekauft werden, aus ihrem Umfeld weitere
31.000, sagt Knoche. Etwa 36.000 von 37.000 Bucheinbänden seien
restauriert. „2015 wollen wir diese Gruppe abschließen.“ Die „schwersten
Patienten“, die Aschebücher, werden noch einige Jahre in der eigenen
Restaurierungswerkstatt nach einem neuen Verfahren gesichert und
restauriert werden müssen.
## Verschollene Kostbarkeit
Mehr als neun Jahre nach der Katastrophe haben dort Mitarbeiter in einem
der grauen Kartons eine verschollene Kostbarkeit entdeckt: Die 1543 in
Nürnberg erschienene Erstausgabe des Hauptwerkes von Nikolaus Kopernikus
„De Revolutionibus Orbium coelestium, Libri VI.“ (deutsch: Über die Umläu…
der himmlischen Kreise in sechs Büchern). Seit 2004 trug das Exemplar den
Vermerk: Vermutlich Verlust bei Bibliotheksbrand 2004.
Das Buch hat durch seine „Lesespuren“ – Unterstreichungen und
handschriftliche Kommentare eines Lesers aus dem 16. Jahrhundert – große
Bedeutung für die Rezeptionsgeschichte. Ein Exemplar dieser Ausgabe sei
zuletzt für 1,4 Millionen Euro auf dem Markt angeboten worden.
Das Feuer in der renommierten Bibliothek, in der Goethe über Jahre das
Sagen hatte, löste auch ein Umdenken im Umgang mit dem schriftlichen Erbe
in Bibliotheken und Archiven aus. Bedeutende Einrichtungen tauschen seitdem
Erfahrungen aus. Es entstanden Notfallverbünde auf kommunaler Ebene. Seit
2011 gibt es eine bundesweite Koordinierungsstelle für schriftliches
Kulturgut.
15 Aug 2014
## LINKS
[1] http://www.anna-amalia-bibliothek.de/de/
## TAGS
Buch
Weimar
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