# taz.de -- Champions-League-Quali für Leverkusen: Endlich aufregender werden | |
> Trainer Roger Schmidt verordnet seinem Team einen neuen Stil. Er möchte | |
> attraktiven Fußball spielen lassen. In Kopenhagen geht es um viel. | |
Bild: Hofft, dass die Mannschaft ihm folgt: Trainer Roger Schmidt | |
LEVERKUSEN taz | Erfahrungen in der Bundesliga hat Roger Schmidt weder als | |
Spieler noch als Trainer gesammelt, aber dafür kennt sich der neue | |
Chefcoach von Bayer Leverkusen mit dem ebenso kurzen wie bedeutsamen | |
Wettbewerb aus, den sein Team in dieser frühen Saisonphase bestreiten muss. | |
Die Rheinländer treten am Dienstag in der Champions-League-Qualifikation | |
beim FC Kopenhagen an, das Rückspiel findet kommende Woche statt, und | |
Schmidts bisherige Erlebnisse in dieser Qualifikationsrunde zur | |
Königsklasse sind ziemlich grausam. | |
Vor zwei Jahren scheiterte er mit RB Salzburg am völlig unbekannten | |
luxemburgischen Vertreter F 91 Düdelingen. Wie jetzt in Leverkusen hatte er | |
damals gerade erst mit seiner Arbeit begonnen, und Augenzeugen berichten, | |
es war auch Schmidts riskante Spielweise, die der Mannschaft damals zum | |
Verhängnis wurde. | |
Nach einem 0:1 in Luxemburg gewannen die Salzburger ihr Heimspiel mit 4:3 | |
und schieden aus. Es mangelte an Geduld, außerdem war die besondere Balance | |
zwischen Defensive und Offensive, die Schmidts riskanten Spielansatz prägt, | |
noch nicht austariert. Zwar sagt der Trainer, das Geschehen von damals | |
lasse sich „nicht mit der Situation von heute vergleichen“, aber ein paar | |
Parallelen gibt es durchaus. | |
Wie Salzburg geht auch Leverkusen als klarer Favorit in die Duelle, und | |
auch vor zwei Jahren hatte Schmidt gerade erst begonnen, der Mannschaft | |
seine strategischen Vorstellungen zu vermitteln. In Leverkusen ist der | |
Schmidt’sche Kulturschock für die Spieler vermutlich sogar noch größer als | |
2012 in Österreich, denn die Mannschaft des im Frühjahr entlassenen | |
Trainers Sami Hyypiä war auf Kontrolle und Risikominimierung programmiert. | |
Schmidt denkt hingegen offensiv. Er will agieren, etwas wagen. Sein Fußball | |
kann gewissermaßen als Gegenentwurf zur Spielweise des finnischen Stoikers | |
Hyypiä betrachtet werden. „Entweder wir haben den Ball und versuchen | |
schnell nach vorne zu spielen, oder der Gegner hat den Ball, und wir | |
versuchen schnell zu attackieren“, beschreibt der Trainer seinen Stil. | |
Die Verteidiger rücken weit auf, die gesamte Mannschaft muss häufiger | |
sprinten als im Vorjahr, was physisch möglich ist, weil die Gesamtstrecke, | |
die gelaufen werden muss, sich durch frühzeitig begonnene und schnell | |
zurückgelegte Wege verringert. Diese Strategie funktioniert aber nur, wenn | |
alle Spieler genau wissen, was zu tun ist. „In unserem neuen System müssen | |
wir sehr geschlossen agieren“, sagt Kapitän Simon Rolfes. | |
## Fast ein Rheinderby | |
Die Schlüsselbegriffe, die Schmidt immer wieder predigt, lauten „Mut“, | |
„Geschlossenheit“ und „Überzeugung“. Und vor allem die Sache mit der | |
Überzeugung steht gegen den FC Kopenhagen, der vom ehemaligen Kölner Stale | |
Solbakken trainiert wird, auf dem Spiel. Sollten Schmidts Ideen nicht | |
sofort funktionieren, wird die Mannschaft Zweifel entwickeln. Und Zweifel | |
sind Gift für diesen Spielansatz. | |
Allerdings ist es keine leere Phrase, wenn Sportdirektor Rudi Völler | |
fordert, „offensiver und attraktiver“ zu spielen. Denn jenseits des | |
sportlichen Erfolges soll die Langeweile, die viele Leverkusener Spiele in | |
der Vorsaison prägte, vertrieben werden. | |
Die Verantwortlichen haben gemerkt, dass man auch als Dritter (Saison | |
12/13) und Vierter (Saison 13/14) wie eine Art graue Maus unter den | |
Großklubs aus München, Dortmund und Schalke wirken kann. Im Vorjahr war die | |
Arena selten ausverkauft. Das spricht für sich. Künftig will Bayer seinem | |
Publikum, das innerhalb von 40 Autominuten auch die Partien in Gladbach, | |
Dortmund, Schalke und Köln erreicht, mehr Spektakel bieten. | |
Der Klub hat mit fast 30 Millionen Euro auch entsprechend in die Mannschaft | |
investiert. Mit Hakan Calhanoglu wurde für 14 Millionen der kreative | |
Offensivspieler verpflichtet, nach dem sich viele Anhänger schon länger | |
sehnen. Der vom FC Schalke ausgeliehene Innenverteidiger Kyriakos | |
Papadopoulos war aufgrund seiner spektakulären Spielweise Publikumsliebling | |
in Gelsenkirchen, Josip Drimic ist an guten Tagen ebenfalls ein brillanter | |
Fußballer, und die hochbegabten U19-Europameister Julian Brandt (18) und | |
Levin Öztunali (18) werden in dieser Saison als ernsthafte Kandidaten für | |
die Stammelf betrachtet. | |
Das große Motiv hinter der Leverkusener Revolution lautet also: attraktiver | |
spielen, aufregender werden, bessere Unterhaltung bieten. Als eine Art | |
„Borussia Dortmund reloaded“, wie das Fachblatt Kicker die neuen | |
Leverkusener taufte. | |
19 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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