# taz.de -- Dresden nach dem Sieg gegen Schalke: Brennende Herzen | |
> Der Charme des Neuanfangs: Drittligist Dynamo Dresden versöhnt sich mit | |
> seinen Fans, die sich über einen Sieg gegen Schalke 04 freuen dürfen. | |
Bild: Setzt auf junge Talente: Dynamo-Coach Stefan Böger | |
DRESDEN taz | Gerade waren die Schalker Spieler in ihrer Kabine | |
verschwunden, da meldete sich eine Stimme aus dem Hintergrund: „Aufgrund | |
eines unvorhergesehenen Ereignisses bitten wir Sie, umgehend das Gebäude zu | |
verlassen.“ Es war ein heißer Pokalabend, und doch brannte es nirgendwo; | |
vielleicht hatte jemand auf den falschen Knopf gedrückt. Der Alarm war aber | |
geschlagen, zumindest für den FC Schalke 04. | |
Der Bundesligist ist mit 1:2 bei Dynamo Dresden am Montagabend zum ersten | |
Mal seit 1991 in der ersten Runde des DFB-Pokals ausgeschieden und schon | |
muss Sportdirektor Horst Heldt wieder früher, als ihm lieb ist, Fragen zu | |
seinem Trainer Jens Keller beantworten. Der sprach nach dem Abpfiff spontan | |
von fünf Spielern, „die heute Totalausfälle waren“. | |
Später auf der Pressekonferenz, nach nochmaligem Durchzählen, hatte er | |
bereits „sechs, sieben Spieler, die ihre Leistung nicht aufgerufen haben“, | |
ausgemacht. Einzig den schuldlosen Torhüter Ralf Fährmann und den bemühten, | |
aber glücklosen Eric-Maxim Choupo-Moting dürfte Keller nicht gemeint haben. | |
Ansonsten wurde der Champions-League-Teilnehmer seinen Ansprüchen zu keiner | |
Zeit gerecht, auch wenn Jefferson Farfan oder Leon Goretzka noch verletzt | |
fehlten und die Weltmeister Julian Draxler und Benedikt Höwedes zunächst | |
geschont wurden. Schwer vorstellbar jedenfalls, dass die Defensive der | |
Schalker in naher Zukunft Topmannschaften stoppen kann, wo ihnen am Montag | |
Marvin Stefaniak, Luca Dürholtz und allen voran Justin Eilers immer wieder | |
entwischten. | |
## Aus der Stadt gejagt | |
Neue Namen, an die man sich erst gewöhnen muss: Denn Dynamo Dresden musste | |
mal wieder einen Neuanfang einleiten. Die alte Mannschaft war nach dem | |
Abstieg in die dritte Liga aus der Stadt gejagt worden. Es blieben Torhüter | |
Benjamin Kirsten, Sohn von Sturmlegende Ulf Kirsten, die Mittelfeldspieler | |
Cristian Fiel und Marco Hartmann sowie ein paar Nachwuchstalente wie | |
Stefaniak. | |
Die neuen Verantwortlichen um Sportdirektor Ralf Minge und Trainer Stefan | |
Böger setzen auf junge Talente, bevorzugt bei Erstligisten ausgebildet. Die | |
mitunter schwierige Fanszene nimmt den neuen Weg nach den enttäuschten | |
Hoffnungen in den alten Kader gerne an. Kenner der Dresdner Fanszene | |
meinen, dass sich die Ausbrüche beim Abstieg gegen Arminia Bielefeld über | |
Wochen angedeutet hatten, weil sich Anhänger und Spieler immer weiter | |
voneinander entfernt hatten. Mit dem Abstieg hätte sich der angestaute | |
Frust Bahn gebrochen. | |
Gegen Schalke präsentierten sich alle, die es gut mit dem sächsischen | |
Traditionsverein meinen, von ihrer besseren Seite. Im ausverkauften | |
Dresdner Stadion trieb das Publikum, unter ihnen auch der in Dresden | |
lebende Innenminister Thomas de Maizière, die stark verjüngte Mannschaft | |
an, statt sie einzuschüchtern. Rund ums Stadion blieb es ruhig, auch wenn | |
die Partie allein wegen des Fanaufkommens von beiden Seiten als | |
Sicherheitsspiel eingestuft wurde. | |
Selbst die Plattform mit dem Live-Spiel im Fernsehen nutzten die | |
Dynamo-Fans diesmal nur zu einem Seitenhieb gegen den Deutschen | |
Fußball-Bund (DFB), der den Verein in der vorigen Saison nach mehreren | |
Vorfällen bei Pokal-Partien in Dortmund und Hannover vom DFB-Pokal | |
ausgeschlossen hatte. Weitere Provokationen blieben aus, zumal Dynamo | |
Dresden wegen Vorkommnissen gegen Bielefeld in der Vorsaison derzeit auf | |
Bewährung agiert. | |
## Schulterschluss mit den Fans | |
Die neue Mannschaft ließ sich am Montag spürbar von der leidenschaftlichen | |
Atmosphäre anstecken. Dynamo zeigte alle Qualitäten, die ein unterklassiger | |
Verein für eine Pokalsensation braucht, und hatte am Ende auch das nötige | |
Glück. | |
Nach der Pokalüberraschung übten sämtliche Spieler den Schulterschluss mit | |
den euphorischen Fans und kletterten zu ihnen auf den Zaun. Ein in anderen | |
Stadien schon gewohntes Bild, das in Dresden mit der vorherigen Mannschaft | |
undenkbar war. Von der Alarmanlagendurchsage hörten die Dresdner unten auf | |
dem Rasen und dem Zaun nichts. Bei ihnen herrscht eh Aufbruchsstimmung. Nur | |
ein Los könnte diese am Samstag jäh trüben: RasenBallsport Leipzig. | |
19 Aug 2014 | |
## AUTOREN | |
John Hennig | |
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