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# taz.de -- Mietrecht: Abzocke mit Kabelgebühren
> Die Wohnungsgesellschaft BBG kassierte zu Unrecht Kabelgebühren, doch
> nicht alle MieterInnen bekommen ihr Geld zurück. „Betrug“, nennt das der
> Mieterschutzbund.
Bild: Die ganze Schönheit des Fernsehens entlädt sich ohnehin nur im Testbild.
Ob die MieterInnen der Wohnungsgesellschaften [1][BBG und Bremische] wollen
oder nicht: Sie müssen Kabelgebühren bezahlen, weil der Immobilien-Riese
„Vitus-Gruppe“, zu der die Gesellschaften gehören, 2012 einen Vertrag mit
Kabel Deutschland abgeschlossen hat. Alle Vitus-Wohnungen wurden seither
nach und nach ans Kabelfernsehen angeschlossen. Der
„Großkundenrahmenvertrag“ mit dem Kabelanbieter bedeutet für die
MieterInnen zwar einen günstigen TV-Tarif. Den müssen allerdings auch jene
zahlen, die gar kein Kabelfernsehen wollen. Und MieterInnen der BBG müssen
sogar Gebühren für noch gar nicht installiertes Kabelfernsehen bezahlen –
teilweise für mehr als zwölf Monate.
Zum Beispiel in den Wohnungen In der Wisch am Hulsberg. Deren MieterInnen
bekamen erst im Mai 2013 Kabelfernsehen. „Aber in meiner
Nebenkostenabrechnung für 2012“, erzählt eine von ihnen, „waren knapp 96
Euro für Kabelgebühren verzeichnet.“ Sie beschwerte sich und bekam die
Gebühren zurück samt einer Entschuldigung der BBG für das „Versehen“.
Genauso geschah es auch bei einer Nachbarin, die dieses „Versehen“ in ihrer
Abrechnung für das Jahr 2013 freilich erneut entdeckte: Die BBG berechnete
ihr dort Kabelgebühren für zwölf Monate, obwohl die Mieterin erst Ende Mai
ihren Kabelanschluss bekommen hatte.
„Hier werden die Leute abgezockt“, sagt Mieter Andreas Müller*. Es gebe
unter seinen NachbarInnen „Ausländer, die die Nebenkostenabrechnungen nicht
verstehen und deswegen einfach zahlen oder Hartz-IV-Empfänger, bei denen
das Jobcenter die Nebenkosten übernimmt“. Einige hätten sich deswegen nicht
über die falschen Abrechnungen beschwert, weil sie Angst hätten, die zu
viel gezahlten Nebenkosten aus eigener Tasche ans Jobcenter zurückzahlen zu
müssen. „Ich habe denen gesagt, dass das Quatsch ist“, sagt Müller, der
einigen seiner NachbarInnen dabei geholfen hat, bei der BBG Widerspruch
gegen die zu hohen Abrechnungen einzulegen, „aber das hatte keinen Sinn.“
Das Geld der MieterInnen, die sich nicht beschwert hätten, sei jedenfalls
nicht zurückerstattet worden.
Das bestätigt die BBG, die gemeinsam mit der Bremischen fast 11.000
Wohnungen in Bremen vermietet. BBG-Prokurist Thorsten Prietz verweist
darauf, dass „selbstverständlich“ jedem, der Widerspruch eingelegt hätte,
die zu viel gezahlten Kabelgebühren erstattet worden wären. Aber auch nur
denen: „Wir gehen davon aus, dass die Abrechnungen ihre Richtigkeit haben,
wenn die Mieter sich nicht bei uns melden“, sagt er.
Das sieht Gert Brauer vom Mieterschutzbund anders. „Unserer Auffassung nach
ist es Betrug, wenn die BBG hier nicht von selbst aktiv wird“, sagt er.
Keineswegs nämlich handle es sich bei den falschen Abrechnungen um
Einzelfälle: „Wir haben hier nahezu täglich mit BBG-Mietern zu tun, denen
zu Unrecht Kabelgebühren berechnet wurden.“
Dass die MieterInnen der BBG überhaupt dazu gezwungen werden, fast zehn
Euro im Monat für Kabelfernsehen zu zahlen, ist für Brauer zumindest
„juristisch fragwürdig“, für Prietz jedoch wasserdicht: „Gemäß Paragr…
der zweiten Berechnungsverordnung und der Betriebskostenverordnung für
preisgebundenen Wohnraum haben wir als Vermieter die Möglichkeit, weitere
Wartungs- und Dienstleistungsverträge abzuschließen“, sagt er. Hierzu
gehören seiner Auffasssung nach auch die TV-Versorgungsverträge. Wenn
jemand allerdings nicht einmal einen Fernsehapparat besitze, könne man aber
„nach Prüfung im Einzelfall eventuell von den Kabelgebühren absehen“.
Als „branchenüblich“ bezeichnet auch Martin Korbach von der städtischen
Wohnungsbaugesellschaft [2][Gewoba] die „Zwangsverkabelung“. Die
Grundversorgung mit Fernsehen müsse vom Vermieter sichergestellt werden,
und seit über zwölf Jahren geschehe das in den Gewoba-Wohnungen ebenfalls
per Kabel. Sieben Euro 30 kostet das pro Wohnung im Monat. Das ist zwar
über zwei Euro günstiger als in den BBG-Wohnungen, aber: Ein DVBT-Receiver
kostet einmalig nur 30 Euro – und mit dem kann man sich durch 27 Programme
zappen.
Trotzdem: „Unsere Mieter müssen die Kabelgebühren zahlen, da gibt es keine
Ausnahmen – das ist genauso wie beim Rundfunkbeitrag“, sagt Korbach. Bloß:
Von dem können sich Menschen mit wenig Einkommen befreien lassen – vom
Kabelfernsehen nicht.
## *Name geändert
28 Aug 2014
## LINKS
[1] http://www.bremische-bbg.de/
[2] http://www.gewoba.de/startseite/
## AUTOREN
Simone Schnase
## TAGS
Kabel Deutschland
Mietrecht
Mietrecht
Toilette
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