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# taz.de -- Verschollener Flug MH370: Trauern im Wartemodus
> Vor sechs Monaten verschwand die Malaysia-Air-Maschine – bis heute. Für
> die Angehörigen der Vermissten ist die Situation kaum erträglich. Sie
> werden selbst aktiv.
Bild: Die „Wand der Hoffnung“ am Internationalen Flughafen Sepang.
KUALA LUMPUR dpa | Irgendwie kämen sie zurecht, sagt Tan Chi Law über seine
beiden Neffen. Die Jungs sind 11 und 15 Jahre alt – ihre Eltern waren an
Bord des Malaysia-Airlines-Fluges MH370. Die Boeing mit 239 Menschen
verschwand vor sechs Monaten, am 8. März, aus noch immer ungeklärter
Ursache. Es ist eines der größten Rätsel der Luftfahrtgeschichte. Von dem
Wrack fehlt bis heute jede Spur.
Tan, 49, verlor seine 42 Jahre alte Schwester. Seine Neffen gehen wieder
zur Schule – und alle zwei Wochen zur psychologischen Betreuung, um den
Verlust ihrer Mutter und des Vaters zu verarbeiten. Zurzeit leben die Jungs
am Stadtrand von Kuala Lumpur bei einer Tante. „Verwandte besuchen sie an
den Wochenenden, um ihnen Gesellschaft zu leisten“, erzählt ihr Onkel. Der
Jüngere frage immer wieder nach seinen Eltern. Der Ältere sei in sich
gekehrt.
„Vielleicht versucht er, seine Gefühle zu verstecken, um für seinen kleinen
Bruder stark zu sein“, sagt Tan. Die Familie hoffe nur eines: Dass das
Flugzeug endlich gefunden wird. Damit sie abschließen können, wie Tan sagt.
„Ich bin froh, dass sie die Suche fortsetzen.“
Wie er und seine Familie tragen viele Angehörige der Vermissten schwer
daran, nicht zu wissen, was mit ihren Lieben passiert ist. Die Boeing 777
verschwand auf mysteriöse Weise auf dem Weg von Kuala Lumpur nach Peking
von den Radaren. Satellitenauswertungen zufolge drehte die Maschine in
Richtung Süden ab, flog stundenlang weiter und stürzte vermutlich in den
Indischen Ozean, als der Treibstoff ausging. Niemand weiß, was sich an Bord
abgespielt hat. Großangelegte Suchaktionen unter Beteiligung mehrerer
Länder blieben ergebnislos.
## Verdrängte Trauer
Maira Elizabeth Nari, Tochter eines Stewards an Bord von MH370, versucht
auf pragmatische Weise, sich abzulenken: Die Schülerin bereitet sich auf
ihre Abschlussprüfungen vor. „Das Leben hat seine Höhen und Tiefen“, sagte
die 18-Jährige kürzlich bei einem Treffen von Angehörigen mit dem
malaysischen Vize-Ministerpräsidenten Muhyiddin Yassin. Sie versuche, nicht
über ihren Vater nachzudenken: „Ich will meine Trauer nicht meiner Mutter
und meinem Bruder zeigen.“
Intan Maizura Othman, Ehefrau eines anderen Flugbegleiters und selbst
Stewardess, verdrängt die Trauer, um für ihre Kinder da zu sein – die fünf
Jahre alte Tochter und den erst drei Monate alten Sohn. Für das Mädchen
habe sie sich schon nach einer Therapie umgesehen. Die Fünfjährige träume
oft von ihrem Vater: „Wenn sie aufwacht, fängt sie an zu weinen, und ich
weiß keinen Rat mehr, wie ich mit ihr umgehen soll“, sagte Intan dem
Narichtenportal Malaysian Insider. Das Schlimmste sei, nicht zu wissen, was
mit dem Flugzeug passiert ist. „Wir dachten, mit der Zeit würde es besser
werden.“ Das sei aber nicht der Fall. „Bitte bringt MH370 nach Hause“,
twitterte Intan vor kurzem als Bitte an die malaysische Regierung.
Lai Chien Mei ist eine Cousine der Passagierin Chang Mei Ling. Deren
Eltern, beide Ende 70, seien untröstlich über den Verlust ihrer Tochter.
„Die anderen Kinder versuchen, sie mit regelmäßigen Besuchen und Ausflügen
aufzuheitern, aber die Trauer ist weiter da“, sagt Lai.
Mei Ling arbeitete als Chemie-Ingenieurin in den USA. Regelmäßig schickte
sie ihren Eltern Geld nach Malaysia, damit sie über die Runden kommen.
Jetzt müssen ihre Geschwister einspringen und sich die Kosten teilen.
Irgendwann kämen die schwierigen Fragen auf sie zu – zum Beispiel, was aus
dem Haus werden soll, das Mei Ling in den USA gekauft hatte. „Diese Dinge
lassen sich innerhalb der Familie bewältigen“, sagt Lai. „Im Moment aber
ist unsere einzige Sorge, herauszufinden, was mit Mei Ling und den anderen
an Bord von MH370 passiert ist.“ Von ihrer Regierung erwarteten sie, dass
sie bei der Suche nach dem vermissten Flugzeug nichts unversucht lasse.
## Slebst aktiv werden
Viele Verwandte der Vermissten, insbesondere auch aus den anderen Ländern,
werden selbst aktiv. Einige von ihnen sammeln Geld für eine unabhängige
Untersuchung des Unglücks. Eine [1][Spendenkampagne] brachte mehr als
100.000 US-Dollar (umgerechnet etwa 76.000 Euro) dafür ein.
Jimmy Wang, ein Physikstudent, dessen Vater einer der 153 Chinesen an Bord
war, leitet eine Gruppe chinesischer Angehöriger der Vermissten. Via Skype
tauschen sie Informationen und die neuesten Theorien aus und planen
gemeinsam die nächsten Schritte. Die Gruppe nennt sich „Voice370“ und hat
rund 300 Mitglieder, wie das chinesische Nachrichtenportal Ecns.cn schrieb.
Die Mitglieder erhalten und diskutieren Ratschläge aus der Luftfahrt, von
Rechtsexperten und anderen Fachleuten. „Malaysia Airlines und andere machen
nicht ihre Arbeit, also müssen wir uns organisieren“, wird Wang zitiert.
Der junge Mann hat sein Studium in Schweden unterbrochen, um für seine
trauernde Mutter in China da zu sein. „Ich kann nicht den Rest meines
Lebens mit Fragen verbringen.“
4 Sep 2014
## LINKS
[1] http://www.indiegogo.com/projects/mh370-is-missing-with-239-people-on-board…
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