# taz.de -- Frühe Bildung: Endlich mal den Kopf benutzen | |
> Während im letzten Semester an der Hochschule Bremerhaven 18 SchülerInnen | |
> Vorlesungen besuchten, entschieden sich in Bremen nur sechs für ein | |
> „Frühstudium“. | |
Bild: Ein Mindestalter für FrühstudentInnen gibt es grundsätzlich nicht - Ch… | |
BREMEN taz | Es hilft neugierigen SchülerInnen, Uni-Fächer kennen zu lernen | |
und begabten SchülerInnen, einmal richtig gefordert zu werden. Doch | |
zumindest in Bremen scheint es weitgehend unbekannt zu sein: Hier haben im | |
vergangenen Semester nur sechs SchülerInnen ein sogenanntes „Frühstudium“ | |
absolviert. Gisela Gründl und Robert Kessin von der Uni Bremen stellten es | |
am Mittwochabend im Haus der Wissenschaft vor. | |
Beim Frühstudium gehen SchülerInnen zu normalen Vorlesungen und Seminaren. | |
Sie schreiben sich nicht ein, können sich aber zu Prüfungen anmelden und | |
Leistungspunkte sammeln, die ihnen später anerkannt werden können. Für | |
gewisse Praktika im Chemie-Studium dürfen die SchülerInnen nicht jünger als | |
16 Jahre sein. Wer FrühstudentIn werden will, braucht eine Empfehlung der | |
Schule. Denn die Uni-Veranstaltungen überschneiden sich oft mit dem | |
Unterricht. | |
Der 17-jährigen Noemi von Rotberg hat das die Sportnote versaut. Vor dem | |
Studium hatte sie eine eins, jetzt eine drei. Trotzdem: „Das Frühstudium | |
ist eine tolle Sache“, sagt sie. Laut Gründl mussten schon SchülerInnen das | |
Studium abbrechen, weil sie ihre FachlehrerInnen nicht gefragt hatten und | |
die ein Veto einlegten. An die Uni wollte Noemi, als sie zu Beginn der | |
zehnten Klasse feststellte: „Mathe ist noch langweiliger geworden!“ Sie sei | |
in die Vorlesung „Lineare Algebra I und II“ gegangen und habe das Gefühl | |
gehabt: „Ja, heute habe ich mal meinen Kopf benutzt“. Etwa acht Stunden pro | |
Woche verbrachte Noemi nebenher an der Uni. Zuhause musste sie | |
Tutoriumsaufgaben lösen und die verpassten Unterrichtsstunden nacharbeiten. | |
Dass sie Schülerin ist, fiel in der Uni trotzdem erst kurz vor Semesterende | |
auf, als sich die anderen wunderten, dass sie keine Integralrechnung | |
konnte. | |
Bei Elí Klose gab eine besondere Leidenschaft den Ausschlag. Neben der | |
Schule studiert der 18-Jährige Philosophie. „Ich interessiere mich dafür | |
schon länger und an unserer Schule gab es das Fach nicht“, erzählt er. Zu | |
der Doppelbelastung sagt er: „Es kommt darauf an, wie viel Arbeit man sich | |
selbst macht. Ich finde, das ist ganz gut zu handlen.“ | |
2004 beschlossen die deutschen Hochschulrektoren und die | |
Kultusministerkonferenz, auch SchülerInnen an der Uni zuzulassen. Die | |
damals geschaffenen Rechtsgrundlagen ermöglichen es ihnen, sich | |
auszusuchen, ob sie die Noten ihrer Prüfungen später angerechnet bekommen | |
oder die Klausuren im richtigen Studium erneut schreiben wollen. Eine | |
Studie der Telekom Stiftung lässt auf große Beliebtheit des Frühstudiums | |
bei den Teilnehmern schließen: 85,3 Prozent der befragten SchülerInnen | |
bewerteten es demnach mit den Schulnoten „gut“ oder „sehr gut“. | |
Es gibt aber auch Schattenseiten: Bereits 2007 kritisierten | |
HochschulforscherInnen, dass zu wenige SchülerInnen mit | |
Migrationshintergrund ein Frühstudium machten. Deutschlandweit sind der | |
Studie zufolge tatsächlich 95,5 Prozent der FrühstudentInnen Deutsche. Wie | |
viele der SchülerInnen an der Bremer Uni ausländische Wurzeln haben, kann | |
Gründl nicht sagen. | |
In Bremen studierten im vergangenen Semester indes nur sechs SchülerInnen. | |
An der Hochschule in Bremerhaven waren es 18, an der Uni Hamburg etwa 70. | |
Laut Gründl liegt das daran, dass die Bremer Uni das Angebot nicht bewerbe, | |
sondern lediglich darüber informiere. Sie betont, dass die SchülerInnen | |
jederzeit mit dem Studium aufhören könnten, wenn die Belastung zu groß | |
würde: „Wirklich wichtig ist der Abiturschnitt.“ | |
4 Sep 2014 | |
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Universität Bremen | |
Armin Laschet | |
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