# taz.de -- Kommentar Kampf gegen Ebola: 14,85 Cent pro Bundesbürger | |
> Deutschland hat lächerliche 12 Millionen Euro für den Kampf gegen die | |
> Ebola-Epidemie in Westafrika lockergemacht. Das reicht nicht. | |
Bild: Vor dem Einsatz: Mitarbeiterin von „Ärzte ohne Grenzen“ in Guinea. | |
Es gibt kaum eine schlimmere Vorstellung, als die eigenen Kinder zu | |
begraben. Noch schlimmer ist nur, geliebte Menschen vorher weggeben zu | |
müssen, damit sie niemanden anstecken. Wenn sie dann in einer | |
Isolierstation auf den Tod warten, kann man sie nicht einmal tröstend in | |
den Arm nehmen – es sei denn, man ist selbst schon infiziert. | |
Eine Horrorvision. Muss man sich das so genau vorstellen? Muss man sich mit | |
solchen Gedanken den Appetit aufs Frühstück verderben lassen? | |
Entschuldigung bitte. Aber: Ja. Denn dieser Horror heißt Ebola und ist für | |
Tausende Menschen in Westafrika längst Realität. Wir haben das schon viel | |
zu lange verdrängt, nicht an uns heranlassen wollen und auch in der taz oft | |
auf den hinteren Seiten platziert. Vor-Ort-Berichterstattung über Ebola ist | |
schwierig und riskant, die Ebola-Region in Westafrika ist über 5.000 | |
Kilometer weit weg – und damit offenbar zu weit entfernt, um in Deutschland | |
auch nur halbwegs angemessene Hilfsbereitschaft auszulösen. Die | |
Bundesregierung jedenfalls hat bisher insgesamt 12 Millionen Euro | |
lockergemacht: 14,85 Cent pro Bundesbürger. | |
Nun kann man natürlich einwenden, dass schon immer viele arme Menschen auf | |
der Welt leiden und sterben – und dass wir da auch meistens weggeschaut | |
haben. Aber das hieße, Nichtstun mit Nichtstun zu rechtfertigen, was nur | |
ganz konsequenten Zynikern gelingt. | |
Außerdem gibt es genug Gründe, warum Deutschland gerade jetzt in Westafrika | |
beim Kampf gegen Ebola helfen sollte. Anders als in anderen Regionen, wo | |
der Sinn von Finanzhilfe unsicher oder umstritten sein mag, sind sich im | |
Fall Ebola alle Experten einig: Sinnvolle Hilfe vor Ort ist möglich und | |
wird akut gebraucht. Klar ist auch: Das nötige Geld und das nötige | |
technisch-medizinische Know-how gibt es nur in reichen Ländern wie | |
Deutschland. | |
Aber ein Grund zum entschlossenen Handeln fehlt: Die Deutschen fühlen sich | |
von Ebola nicht persönlich bedroht. Mitleid bei „Tagesschau“-Berichten | |
reicht nicht mal für 15 Cent. Wenn es mehr sein soll, muss wohl konkrete | |
Gefahr für uns erkennbar werden. So wie im jahrelangen Syrienkrieg mit | |
Hunderttausenden Toten, bei dem die Bundesregierung auch erst dann aktiv | |
geworden ist, seit der IS den Westen zu bedrohen beginnt. Ist die eigene | |
potenzielle Betroffenheit wirklich das entscheidende Kriterium für deutsche | |
Hilfe? | |
19 Sep 2014 | |
## AUTOREN | |
Lukas Wallraff | |
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