# taz.de -- Kommentar G8 bleibt: Zwei Welten | |
> Eltern muss deutlich werden, dass die Stadtteilschule eine gute | |
> Alternative ist. Ein Schritt wäre, die Empfehlung fürs Gymnasium | |
> abzuschaffen. | |
Bild: Gescheitert: Sprecherin Mareile Kirsch und der Vertrauensmann Ulf Ohms vo… | |
Das Scheitern der G 9-Initiative ist eine gute Nachricht. Das Zugeständnis | |
an eine Elterngruppe, ein neunjähriges Abitur am Gymnasium anzubieten, | |
hätte im gegenwärtigen System eine fatale Signalwirkung: Seht her, das | |
Angebot der Stadtteilschulen ist nicht gut genug für diese Kinder. | |
Für diese Haltung gibt es keine Mehrheit in dieser Stadt, und das ist gut | |
so. Schon heute gehen die Lebenswirklichkeiten viel zu weit auseinander. | |
Die Abspaltung von Schulen für Kinder, die kaum eine berufliche Perspektive | |
haben, birgt sozialen Sprengstoff. Freilich liegt dies nicht nur am | |
Schulsystem, sondern auch am Auseinanderdriften der Stadt an sich. | |
Und doch gibt es auch die Welt dieser Eltern, die vielleicht in ihrem | |
Viertel nur Gymnasien haben und diesen Widerspruch gar nicht sehen. Die | |
sich für ihre Kinder eine längere Lernzeit am Gymnasium wünschen, so wie | |
sie es kennen. Dieses Anliegen an sich ist nachvollziehbar. Es wurde viel | |
Druck aufgebaut, der im Privaten landet. Das G 8 bedeutet eine | |
Beschleunigung der Biografien. Kinder verlassen früher den Schonraum | |
Schule, müssen sich früher für einen Berufsweg entscheiden. Da bleibt keine | |
Zeit für freakige Findungsphasen. | |
Dieser Druck wirkt individuell auf die Familien und erklärt vielleicht, | |
warum es die Welt der Verbände und Parteien und die der | |
Unterschriftensammlerinnen gibt. | |
Die Lösung wäre eigentlich die Schule für alle, die jedem Kind so viel | |
Lernzeit lässt, wie es individuell braucht. Und weil die Schule für alle | |
derzeit politisch keine Mehrheit hat, gilt es, die Stadtteilschule zu | |
stärken. Eltern muss deutlich werden, dass diese eine gute Alternative ist, | |
und mitnichten die zweite Wahl. | |
Ein Anfang wäre es, wenn Hamburg aufhört, die Kinder in Klasse vier in zwei | |
Gruppen zu spalten: jene, die fürs Gymnasium empfohlen werden, und jene, | |
denen man die Stadtteilschule rät. Die SPD-regierten Nachbarländer haben | |
schon darauf verzichtet. Die Grünen in Hamburg haben dies auch schon | |
diverse Male beantragt. Jetzt, wo die G 9-Initiative gescheitert ist, ist | |
es vielleicht auch für die Hamburger SPD Zeit, sich was zu trauen. | |
9 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Kaija Kutter | |
## TAGS | |
G9 | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Zu wenig Unterschriften: Kampf ums Turbo-Abitur verloren | |
Das Volksbegehren für das neunjährige Abitur ist in Hamburg gescheitert. | |
Initiatorin Mareile Kirsch spricht trotzdem von „Bombenerfolg“. Politiker | |
aller Parteien erleichtert. |