# taz.de -- Galité Inseln: Irgendwo dazwischen | |
> Während des französischen Protektorats lebten hier 200 Mensch. Heute sind | |
> die Inseln verlassen und Ziel von Ökotouristen. | |
Bild: Einsam und verlassen im Mittelmeer. | |
Dreieinhalb Stunden braucht der umgerüsteten Fischkutter von Tabarka bis zu | |
den Galite-Inseln vor der Nordwestküste Tunesiens. An Bord zwanzig | |
überwiegend junge Frauen und Männer der 2011 gegründeten Association | |
Tunisienne des Randonneurs (Tunesische Wandervereinigung), die sich dem | |
Ökotourismus verschrieben hat. Zwei schroffe Felsformationen - Galiton und | |
La Fauchelle - und die breit daliegende Galite-Insel ragen im blassen | |
Morgendunst aus dem Meer. Wie auf einem Bild, das jetzt gerade von zwei | |
Lastschiffen im Schneckentempo durchquert wird. | |
Drei Tage auf der Hauptinsel zelten, wandern, schwimmen und tauchen, | |
abhängen. Wir bauen unsere Zelte auf dem engen, leicht abfallenden | |
Betonviereck, direkt am Meeressaum auf. Früher wurden hier Güter verladen. | |
In der Nähe unseres Zeltplatzes ist eine Anlegestelle für Fischerboote. Sie | |
kommen am Spätnachmittag, ziehen in der Nacht ihre Netze ein und kehren zu | |
den Häfen auf dem Festland zurück. | |
Auf der Hauptinsel befindet sich ein Grenzposten der tunesischen Marine. | |
Sonst wohnt hier niemand. Das war nicht immer so. Archäologische Funde, | |
Felsgräber und Grabbeigaben, Überreste eines Hafens verweisen darauf, dass | |
die Insel - in antiken Quellen Galatea genannt - in punischer und römischer | |
Zeit, vielleicht schon früher bewohnt war. In späteren Jahrhunderten waren | |
hier europäische Korallenfischer am Werk, zeitweise diente die Insel | |
Piraten als Rückzugsort. Während des französischen Protektorats lebten hier | |
seit Ende des 19. Jahrhunderts bis zu 200 Franzosen und Italiener. | |
Ein Dorf mit 40 Häusern, einer Schule, einer Kirche, einem Friedhof, | |
entstand am diesseitigen Inselhang, Wasserleitungen brachten Quell- und | |
Regenwasser bis ins Dorf. Nach der Nationalisierung des von Europäern | |
bewirtschafteten Bodens zu Beginn der 1960er Jahre wurde es still. Häuser | |
und Gebäude verfielen, Nutzboden wurde zu Brachland. Mittelmeervegetation | |
hat sich von Neuem ausgebreitet. Mitte des 20. Jahrhunderts wurde der | |
Unabhängigkeitskämpfer und erste Präsident Tunesiens, Habib Bourguiba, von | |
1952 bis 1954 von den französischen Kolonialbehörden hierher ins Exil | |
verbannt. An einem der geweißten Häuser ist eine Gedenktafel angebracht. | |
## Unvollendet Rehabilitierung | |
In den Jahrzehnten nach der Unabhängigkeit hat es verschiedene Projekte zur | |
"Rehabilitierung" der Insel gegeben. Einige Gebäude wurden neu errichtet, | |
teils unvollendet stehen sie jetzt da. "Die machen mal dies und mal das, je | |
nachdem, wer gerade entscheidet. Es gibt keine konsequent durchdachte | |
Politik, um der Insel neues Leben einzuhauchen", sagt Mohamed, der mit der | |
Insel vertraut ist und hier als Ornithologe viele Jahre Fortbildungen für | |
junge Wissenschaftler durchgeführt hat. Eine Früh- und eine Spätwanderung, | |
ausgerüstet mit Frontallampe, auf kleinen Wegen und verschlungenen Pfaden | |
durch üppige Mittelmeervegetation. | |
Dicht an dicht junge Kiefern, blühende Agaven, hohe Gräser, dazwischen | |
Feigen- und Olivenbäume, Sonnenaufgang und Sonnenuntergang über dem Meer, | |
atemberaubende Blicke auf die Nachbarfelsen. Unser Wanderbegleiter Anouar | |
zeigt uns zahlreiche Grotten, manche dienten in vergangenen Zeiten als | |
Wohnraum. Aber wir stoßen vor allem auf junge Ruinen: dem Zerfall | |
überlassene Häuser. Ein blauer Briefkasten an einem leeren Haus erinnert | |
daran, dass sogar die Post vor einem halben Jahrhundert bis hierher | |
gelangte. | |
Nun öffnen sich die Inseln dem Ökotourismus. Bis jetzt ist für den Besuch | |
eine Genehmigung erforderlich. Campen ohne einen Tropfen Süßwasser und | |
jegliche sanitäre Vorrichtung hinterlässt Spuren der Verschmutzung. | |
Zwischen den grün und grau, schwarz oder hell schimmernden Granitsteinen am | |
Meeressaum lugen Plastikflaschen hervor. Vermutlich tragen manche | |
BesucherInnen, die in Gruppen von 20 Personen ein bis drei Tage hier | |
verbringen, ihren Teil zu den Missständen bei. Besucherströmen ist die | |
Galite-Insel nun w | |
13 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Renate Fisseler-Skandrani | |
## TAGS | |
Insel | |
Tunesien | |
Reiseland Tunesien | |
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