# taz.de -- Stadtentwicklung: Vom Irrgarten zum Transitraum | |
> Der Campus der TU Berlin und der UdK wird neu gestaltet. | |
> Wettbewerbsentwurf verbindet beide Hochschulen. | |
Bild: Wann kommt die Pause auf dem Campus? | |
Erstsemester, die sich dieser Tage an der Technischen Universität Berlin | |
(TU) immatrikulieren, benötigen neben dem Reifezeugnis noch einen | |
besonderen Orientierungssinn. Ein Sammelsurium aus Alt- und Neubauten, | |
verwilderten Freiflächen und Grünanlagen begegnet den Studenten auf dem | |
Universitätsgelände. Im Gebäude- und Hoflabyrinth zwischen der Straße des | |
17. Juni, der Hardenberg- und Fasanenstraße verirrt man sich eher, als dass | |
man sich dort zurechtfindet. Ein übersichtlicher Uni-Campus sieht anders | |
aus. | |
Nicht nur den Studierenden, auch der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, | |
der Leitung der TU sowie der benachbarten Universität der Künste (UdK) war | |
der wirre Uni-Flickenteppich schon lange Zeit zu viel. Um die „funktionalen | |
und gestalterischen Defizite der öffentlichen Räume zu beheben“, so Patrick | |
Weiss, zuständiger Referatsleiter in der Senatsbauverwaltung, wurde im | |
Frühjahr 2014 ein Architektur- und Landschaftswettbewerb „Campus | |
Charlottenburg – Verlängerte Hertzallee“ für das rund 5 Hektar große | |
Gelände ausgelobt. 35 Büros bewarben sich für das Verfahren, sieben kamen | |
in die Auswahl. | |
Zum Gewinner des Bauwettbewerbs kürte jetzt die Jury die Berliner | |
Architekten und Landschaftsplaner Laura Vahl und Deniz Dizici vom Büro | |
Lavaland und TH Treibhaus. Ihr Entwurf verschränke „in sehr überzeugender | |
Weise die Idee des Campus als geräumigen Ort mit der Idee der ehemaligen | |
Kurfürstenallee als Transitraum“, lobte die Jury unter dem Vorsitz von | |
Cordula Loidl-Reich, Landschaftsarchitektin an der TU. Das Uni-Gelände und | |
die umliegenden Stadtviertel seien in diesem Plan wieder vernetzt und | |
zusammenhängend erlebbar. | |
Was richtig ist, denn wie in der Auslobung umrissen, nahmen sich Vahl und | |
Dizici die alte Achse der Kurfürstenallee vor. Diese verlief einst von der | |
Fasanenstraße quer durch das zwischen 1870 und 1900 geschaffene | |
Hochschulgelände aus Technischer und Kunsthochschule. Die vielen Neubauten | |
und Grünflächen nach 1945 haben die historische Allee quasi verwischt. | |
Heute präsentiert sich jene Achse in weiten Teilen verbaut. Die einstigen | |
Zugänge von der Fasanenstraße und vom heutigen Ernst-Reuter-Platz sind | |
schwer auffindbar. Es gibt keine Mitte des Uni-Quartiers, die Orientierung | |
zwischen den Institutsbauten sowie zur neuen gemeinsamen TU- und | |
UdK-Universitätsbibliothek fehlt. | |
In dem Entwurf legen die Wettbewerbssieger die Kurfürstenallee wieder frei. | |
Ein „klarer, gleichförmiger und langgestreckter Raum“, so die Architekten, | |
bindet die Rückseiten der Fakultätsbauten von TU und UdK quasi aneinander. | |
Damit entsteht ein gemeinsamer Campus für beide Hochschulen. Die Achse wird | |
zudem durchgehend gepflastert, dehnt sich an einigen Abschnitten zu Plätzen | |
und ist von Bäumen flankiert. Schließlich werden die „Eingangssituationen“ | |
an der Fasanenstraße und am Ernst-Reuter-Platz durch Torbauten verbessert. | |
Sie erfüllen die von der Bauverwaltung erhoffte „Stärkung und Verbindung | |
zwischen Universitätscampus und der Stadt“. | |
Zusätzlich planen Vahl und Dizici auf dem Campus-Gelände Servicebauten wie | |
etwa die Architektur für das „Schaufenster der Wissenschaft und Kunst“. Der | |
Kommunikationsraum für die Studierenden soll gleichzeitig ein Info- und | |
Kommunikationsort zwischen Studenten und Universität sein. | |
An der Ecke Fasanenstraße/Hertzallee verläuft die wiederbelebte historische | |
Achse hinüber zur neuen Universitätsbibliothek und dockt diese – endlich – | |
an das Hochschulgelände mit an. | |
Was zum Schluss die Frage aufwirft, warum das siegreiche Büro in seinem | |
Entwurf die Hertzallee hinüber zum Zoo außen vor gelassen hat. Das Berliner | |
Architektenbüro „Annabau“ von Sofia Petersson und Moritz Schloten, das mit | |
einem dritten Preis bedacht wurde, bezieht die Hertzallee mit ein in die | |
Campus-Pläne. Auch Petersson/Schloten planen die alte Achse durch das | |
Uni-Gelände wieder als Flaniermeile für die Studenten. An einigen | |
„Knotenpunkten“ soll die 11 Meter breite Allee zu Aufenthaltsbereichen | |
vergrößert werden. An der Fasanenstraße hingegen machen Petersson und | |
Schloten nicht Halt, sondern denken die heutige Hertzallee in ihrer | |
Freiflächenplanung mit. Das Büro eröffnet damit in dem Entwurf die | |
Perspektive für Erweiterungspotenziale. Flächen für die Universitäten | |
könnten entlang des bis zum Zoo gestreckten Campusgeländes entstehen. | |
In den schon 2009 vom Senat aufgestellten „Leitlinien“ für die Entwicklung | |
der City West sowie den Wissenschaftsstandort Charlottenburg spielen solche | |
Perspektiven eine wichtige Rolle. Die Universitäten benötigen Raum zur | |
Erweiterung. Schade ist, dass Vahls und Dizici – aber auch die Jury – dies | |
nicht genügend berücksichtigt haben. Was aber nachgeholt werden könnte. | |
Baubeginn für den ersten Campus-Abschnitt soll 2015 sein. | |
## ■ Ausstellung aller Wettbewerbsentwürfe noch bis 20. 10. 2014 im | |
Hauptgebäude der TU, Straße des 17. Juni | |
14 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
## TAGS | |
Urban Gardening | |
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