# taz.de -- Islam in Kapstadt: „Offene Moschee“ wieder geschlossen | |
> Gleiche Rechte für alle, Duldung von Homosexuellen: Ein Imam wollte in | |
> Kapstadt eine liberale Moschee gründen. Daraus wird erstmal nichts. | |
Bild: Die „offene Moschee“ in Kapstadt. | |
JOHEANNESBURG taz | Eine „offene Moschee“ sollte es sein. Ein Gebetshaus, | |
das ohne Vorbehalt für alle Gläubige geöffnet ist, ohne jede | |
Diskriminierung nach Geschlecht, Hautfarbe oder sexueller Orientierung. | |
Doch die schroffe Art ihres Gründers sagte den Muslimen in Kapstadts | |
Stadtteil Wynberg offenbar nicht zusagte. So wurde die Moschee kurz nach | |
ihrer Öffnung wieder geschlossen. Offiziell wegen zu wenigen Parkplätzen | |
vor dem Gotteshaus. | |
Gründer Taj Hargey hatte die Gemeinde verärgert. Sein Konzept war | |
eigentlich gar nicht neu. „Die einheimische Muslim-Gemeinde ist dabei aber | |
nicht respektiert worden“, sagt Fatima Seedat, Professorin für Islam-Recht | |
und Koordinatorin des Programms für Gleichstellung, Religion und Gesundheit | |
an der Universität von KwaZulu-Natal in Durban. „Das Projekt ist ehrwürdig, | |
ein Versuch des radikalen Wandels der Gesellschaft. Aber eine solche Arbeit | |
geht am besten mit Transparenz und bei Einbeziehung der Einheimischen | |
voran.“ | |
Die Menschen suchten einen Ort, wo sie hingehören und akzeptiert werden, | |
sagt Seedat. Ein solcher Raum müsse gar nicht laut beworben werden. | |
Stattdessen kam Hargey populistisch daher, gab sich als Besserwisser und | |
sagte Dinge wie: „Die muslimische Geistlichkeit ist zur theologischen Mafia | |
geworden, die alles diktiert und monopolisiert in der muslimischen | |
Gemeinschaft. Diese patriarchalische, sexistische Diskriminierung ist | |
chauvinistisch und verbreitet sich immer mehr.“ | |
Die offene Moschee, erklärte er hochtrabend, sei der Urmoschee in Medina | |
nachempfunden – mit einer einzigen Tür für Männer und Frauen, die gemeinsam | |
beten. Alle seien willkommen, auch Schwule und Nichtmuslime. Frauen sei die | |
Gebetsführung erlaubt. | |
Zur Eröffnung sprach eine Frau das Gebet. Harvey predigte auch soziale | |
Gleichstellung: Ämter sollen nicht von einem Imam besetzt sein, sondern die | |
Gemeindemitglieder und Organisatoren sich bei ihren Aufgaben ablösen. | |
„Dann hätten wir wenigstens eine weibliche Sprecherin in dieser Art von | |
Moschee sehen müssen“, sagt Seedat. Das sei aber nicht geschehen. Es sei | |
nicht unüblich, Frauenangelegenheit in dieser Weise zu behandeln. „Es zeigt | |
eine Form von Patriarchat, die Frauenthemen im Namen der Frauen | |
voranzustellen, aber sie nicht in große Entscheidungen einzubinden.“ | |
## Moscheen „voller Neandertaler“, sagte er | |
Hargey zog allen Zorn auf sich – bis hin zu einem Brandanschlag auf die | |
Moschee. Er gilt als umstritten. Hargey verließ seine Heimat am Kap nach | |
Erwerb eines Doktortitels in Religion, hat seinen Wohnsitz in | |
Großbritannien und auch dort gibt es Kontroversen. | |
Als Imam der islamischen Gemeinde in Oxford und Direktor eines | |
Bildungszentrums dort warb er für die Abschaffung der Burka. Er | |
unterstützte entsprechende Versuche des damaligen französischen Präsidenten | |
Nicolas Sarkozy und behauptete, britische Moscheen seien voller | |
Neandertaler, die bis ins 7. Jahrhundert zurückgingen. | |
Solch provokante Äußerungen hören die Muslime auch am Kap ungern. Zumal die | |
Moscheen in Kapstadt laut Journalist und Autor Shafiq Morton zu den | |
liberalsten der Welt zählen. „Frauen können in vielen dieser etwa 150 | |
Moscheen beten und in Kommissionen mitarbeiten“, so Morton. In Kapstadt | |
etwa haben die Al-Quds-Moschee in Gatesville und die Moschee in Claremont | |
Main Road eine „Politik der offenen Tür“ seit vielen Jahren. | |
Somit sei Hargeys missionarischer Versuch fragwürdig, ausgerechnet in einer | |
der tolerantesten muslimischen Gemeinden der Welt eine religiöse Revolution | |
zu starten. „Seine Karriere ist von Konflikten und Unstimmigkeiten | |
umgeben“, sagt Morton. „Talkshow-Gastgeber mögen ihn, er macht gern | |
Schlagzeilen.“ | |
Möglicherweise hat die Stadtverwaltung Kapstadt dem Ärgernis durch ein | |
genaues Hinsehen auf die Gesetze ein Ende bereitet: Hargey hatte keine | |
Erlaubnis, ein ehemaliges Lagerhaus in eine Moschee umzuwandeln, heißt es. | |
Und für zehn Besucher müsse jeweils ein Parkplatz vorhanden sein, erklärt | |
Stadtratsmitglied Ganief Hendricks. „Das ist keine Hexenjagd. Wir müssen | |
den Gesetzen folgen.“ | |
24 Oct 2014 | |
## AUTOREN | |
Martina Schwikowski | |
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