| # taz.de -- Späte Ermittlungen: Fragwürdige Todesfälle | |
| > Mehr als 100 Patienten könnte ein Krankenpfleger des Klinikums | |
| > Delmenhorst bis 2005 getötet haben. Erst jetzt wird der Fall untersucht. | |
| Bild: Im Fokus der Kameras: Nils H. und seine Anwältin beim Prozessauftakt am … | |
| HANNOVER taz | Die Staatsanwaltschaft Oldenburg weitet ihre Ermittlungen | |
| gegen den wegen versuchten Mordes inhaftierten ehemaligen Krankenpfleger | |
| Niels H. massiv aus. Ab sofort würden erstmals sämtliche Todesfälle, die | |
| sich während seiner Dienstzeit auf der Intensivstation des Klinikums | |
| Delmenhorst ereignet hätten, untersucht, so Staatsanwalt Martin Rüppell zur | |
| taz. Deren Zahl läge bei „über 100“. | |
| Der Krankenpfleger war 2008 zu siebeneinhalb Jahren Gefängnisstrafe | |
| verurteilt worden. Das Landgericht Oldenburg sah es als erwiesen an, dass | |
| er 2005 einem Patienten eine Überdosis des Medikaments Gilurytmal gespritzt | |
| hat, die zu lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen führen kann – der Mann | |
| überlebte nur knapp. Aktuell läuft ein weiteres Verfahren gegen Niels H.: | |
| Ihm werden drei zusätzliche Morde und zwei Mordversuche zur Last gelegt, | |
| ebenfalls begangen auf der Intensivstation des Klinikums Delmenhorst. | |
| Nach Aussagen „von Seiten des Krankenhauspersonals und von Angehörigen | |
| Verstorbener“ habe sich die Staatsanwaltschaft nun zu noch weitergehenden | |
| Ermittlungen entschlossen, so deren Sprecher Rüppell – schließlich soll | |
| sich der heute 37-jährige Krankenpfleger vor Mithäftlingen selbst als „den | |
| größten Serienmörder der Nachkriegsgeschichte“ bezeichnet haben. | |
| Als Motiv könnte Geltungssucht in Frage kommen: Niels H. habe nach | |
| Verabreichung der Überdosen seine guten Kenntnisse im Bereich der | |
| Reanimation darstellen wollen, vermuten die Ermittler. „Er war ein | |
| begeisterter Retter“, hatte ein früherer Oberarzt des Klinikums im | |
| laufenden Prozess ausgesagt. Allerdings könnte auch Langeweile Auslöser der | |
| Taten gewesen sein. | |
| Mediziner sollen jetzt die Todesursachen aller Patienten, die während der | |
| Dienstzeit des Krankenpflegers von Dezember 2002 bis Juni 2005 verstarben, | |
| „auf Plausibilität“ prüfen. Bei Unregelmäßigkeiten will die | |
| Staatsanwaltschaft dann Obduktionen anordnen – allerdings nur bei Toten, | |
| die nicht feuerbestattet wurden. In diesen Fällen sei der | |
| Gilurytmal-Wirkstoff Ajmalin noch immer nachweisbar, hofft Staatsanwalt | |
| Rüppell. | |
| Für Vertreter der Nebenklage kommt die plötzliche Betriebsamkeit der | |
| Ankläger dagegen viel zu spät. Von einem „neun Jahre dauernden | |
| Ermittlungsboykott“ spricht etwa die Delmenhorster Anwältin Gaby Lübben, | |
| die die Angehörigen von drei verstorbenen PatientInnen vertritt. | |
| Schon 2005 sei klar gewesen, dass sich die Todesfälle auf der | |
| Intensivstation während der Dienstzeit von Niels H. verdoppelt hatten – der | |
| Verbrauch des Medikaments Gilurytmal vervierfachte sich sogar. Und die H. | |
| belastenden Aussagen der Mitgefangenen lägen auch bereits seit Ende 2012 | |
| vor. Die Juristin denkt deshalb darüber nach, ob aus politischen Gründen | |
| zunächst zögerlich ermittelt wurde: „Ich frage mich, ob | |
| Schadenersatzansprüche vom Klinikum abgewendet werden sollten.“ | |
| 7 Nov 2014 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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| Niels Högel | |
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