# taz.de -- Urteil zu Arbeitszeugnissen: „Zur vollen Zufriedenheit“ reicht | |
> Eine Empfangsdame war unzufrieden mit ihrem Arbeitszeugnis und klagte | |
> dagegen. Ein Gericht urteilt jetzt, dass sich die Frau mit der Bewertung | |
> begnügen muss. | |
Bild: Aus der Reihe „plakative Symbolbilder“. | |
ERFURT dpa | Das Bundesarbeitsgericht hat die Hoffnung vieler Beschäftigter | |
enttäuscht, sich künftig leichter eine bessere Gesamtbewertung im | |
Arbeitszeugnis zu erstreiten. Die Formulierung „zur vollen Zufriedenheit“, | |
die der Note 3 entspricht, beschreibe weiterhin eine durchschnittliche | |
Leistung, entschied der 9. Senat am Dienstag in Erfurt. | |
Wolle ein Mitarbeiter eine bessere Bewertung, müsse er genaue Gründe dafür | |
darlegen. Das gelte auch, wenn in einer Branche gute und sehr gute | |
Beurteilungen gang und gäbe seien. | |
Geklagt hatte eine 25-Jährige gegen ihren früheren Arbeitgeber. Sie hatte | |
ein Jahr am Empfang einer Berliner Zahnarztpraxis gearbeitet und gekündigt, | |
weil sie nach Angaben ihres Anwalts Klaus Plambeck unzufrieden mit ihrem | |
Arbeitgeber war. Der bescheinigte ihr im Arbeitszeugnis, sie habe ihre | |
Aufgaben „zu unserer vollen Zufriedenheit“ erledigt. | |
Die Frau sah sich dadurch bei Bewerbungen benachteiligt und forderte eine | |
Änderung in „stets zu unserer vollen Zufriedenheit“. In der | |
verklausulierten Zeugnissprache macht dies den Unterschied zwischen der | |
Note 3 und der Note 2 aus. | |
## „Kuschelzeugnisse“ beeindrucken nicht | |
In den Vorinstanzen hatte sie mit ihrem Anliegen Erfolg – die Richter | |
entschieden, dass durch die heutige Zeugnispraxis eher die Note 2 als eine | |
durchschnittliche Bewertung anzusehen sei. Dabei wurde auf eine Studie der | |
Universität Erlangen-Nürnberg verwiesen, wonach von gut 800 ausgewerteten | |
Arbeitszeugnissen mehr als 87 Prozent eine gute oder sehr gute Bewertung | |
enthielten. | |
Doch die obersten deutschen Arbeitsrichter ließen sich von | |
„Kuschelzeugnissen“ nicht beeindrucken und blieben bei ihrer strengeren | |
Linie. Das hat Auswirkungen über den konkreten Fall der jungen Frau hinaus. | |
Denn damit liegt bei Streitfällen weiterhin das höhere Risiko bei den | |
Beschäftigten: Sie müssen genaue Gründe für eine bessere Beurteilung | |
darlegen und beweisen, wenn sie eine gute oder sehr gute Gesamtbewertung | |
erkämpfen wollen. Nur wenn ein Arbeitgeber eine unterdurchschnittliche | |
Bewertung abgibt – schlechter als Note 3 – liegt diese Beweislast bei ihm. | |
Ob der Frau trotzdem die Note 2 zusteht, darüber muss nun erneut das | |
Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entscheiden. Dorthin wurde der Fall | |
zurückverwiesen. Rechtsanwalt Plambeck kündigte an, belegen zu wollen, | |
warum seiner Mandantin das kleine Wörtchen „stets“ im Arbeitszeugnis doch | |
zusteht. | |
18 Nov 2014 | |
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Mitarbeiter | |
Klaus Wowereit | |
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