# taz.de -- Wohin mit der Urne: Am Ort der Wahl | |
> Die SPD will in Shopping-Malls Wahllokale einrichten - um die Beteiligung | |
> zu erhöhen. Die Grünen sprechen sich gegen Modellprojekte aus. | |
Bild: Die einen sehen's so, die anderen so: Der Zugang zum Wahllokal muss barri… | |
BREMEN taz | Die Regierungskoalition streitet sich ums Wahlrecht: Die SPD | |
möchte die Stimmabgabe zur nächsten Bürgerschaftswahl auch in | |
Einkaufszentren ermöglichen. Sie schlug einen Modellversuch in der | |
„Waterfront“ (Gröpelingen) und der „Berliner Freiheit“ (Vahr) vor. Nac… | |
sich die Grünen beim Koalitionsgipfel vergangene Woche sperrten, warf | |
SPD-Fraktionschef Björn Tschöpe dem Koalitionspartner im Weser-Kurier | |
„Verzagtheit, Ignoranz oder Kalkül“ vor. | |
Ralph Saxe, Landessprecher der Grünen, ärgert sich über die Vorwürfe. Die | |
Fraktion hatte auf Empfehlung des Landesverbandes gegen die Modellversuche | |
gestimmt – aber nicht grundsätzlich gegen Reformen. Man sei dafür, | |
„Barrieren abzubauen“, sagte Saxe zur taz. Das dürfe „aber nicht mit der | |
heißen Nadel gestrickt“ werden. | |
Seit der letzten Wahl sind jedoch fast vier Jahre vergangen. Es gebe | |
zahlreiche inhaltliche Einwände, so Saxe, die in der Diskussion auch | |
benannt worden seien. Das grundsätzliche Problem bestreitet keine der | |
beiden Seiten: Bei der Bürgerschaftswahl 2011 haben nur 55,5 Prozent der | |
Stimmberechtigten gewählt – ein Rekordtief. | |
Auch im bundesweiten Vergleich steht Bremen als Schlusslicht unter den | |
westdeutschen Bundesländern da. Nur in den neuen Bundesländer war die | |
Beteiligung bei den Landtagswahlen zuletzt noch niedriger. | |
Um dem entgegen zu wirken, hatte die SPD die Einkaufszentren in Stadtteilen | |
mit besonders niedriger Wahlbeteiligung als Wahllokale vorgeschlagen. Das | |
sind aber auch eben die Wahlkreise, in welchen die Sozialdemokraten von | |
höherer Beteiligung profitieren könnten. Denn wo die Wahlbeteiligung | |
niedrig war, schnitten auch die Grünen eher schlecht ab. | |
Im Weser-Kurier warf Tschöpe die Frage auf, ob die Grünen Angst vor den | |
WählerInnen hätten. „Natürlich sind uns die Orte aufgefallen“, sagt Saxe. | |
Man sei aber bereit, das „sportlich zu nehmen“, auch wenn eine | |
gleichmäßigere Verteilung über das Stadtgebiet wünschenswert sei. | |
Wichtiger sei den Grünen in den vorausgegangenen Diskussionen aber gewesen, | |
dass Einkaufszentren „Orte des Kommerzes“ und kein öffentlicher Raum seien. | |
Die Hausordnungen würden etwa Obdachlosen den Zugang erschweren. | |
Volkshochschule oder Bibliotheken seien geeigneter und würden dem | |
„bedeutsamen Akt des Wählens“ gerechter werden. Tschöpe stelle das falsch | |
dar. Er hatte den Einwand, Überwachungskameras im Einkaufszentrum | |
gefährdeten die geheime Wahl, als „vorgeschoben“ bezeichnet. | |
Im September hatte auch die Bundes-SPD angeregt, das Wählen in | |
Einkaufszentren zu ermöglichen. In der anschließenden Debatte sagten | |
Kritiker, man solle nicht die technische Seite der Wahl, sondern die | |
Politikverdrossenheit vieler BürgerInnen in den Blick nehmen. Für die SPD | |
kein Grund, es nicht zu versuchen. | |
22 Dec 2014 | |
## AUTOREN | |
Jan-Paul Koopmann | |
## TAGS | |
Wahlbeteiligung | |
SPD | |
Grüne | |
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