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# taz.de -- Nobärgida versus Bärgida: Volk demonstriert gegen Bürger
> Tausende protestieren gegen „Bärgida“. Deren Demo bringt es nur auf
> wenige hundert TeilnehmerInnen. Sie wird nach kurzer Strecke blockiert
> und muss umkehren.
Bild: Protest gegen "Bärgida".
Es sind bereits um kurz vor sechs Uhr gut dreitausend Menschen, die sich
vom Bundestag aus Richtung Brandenburger Tor in Bewegung setzen, um gegen
die dort für 18.30 Uhr angemeldete Demonstration der „Berliner Patrioten
gegen die Islamisierung des Abendlandes“, kurz „Bärgida“, zu protestiere…
Darunter auch solche, die durchaus ein gewisses Verständnis für die
DemonstrantInnen auf der anderen Seite des Tores haben: Die Politik müsse
wach werden und Zuwanderung endlich gesetzlich regeln, sagt etwa Jürgen S.,
Rentner aus Lichterfelde. Denn: „Viele Menschen denken, sie seien nicht
mehr Herr der Lage.“ Auf dem Schild, das der Anti-“Bärgida“-Demonstrant
trägt, steht: „Ich bin Charlie. Ich bin nicht Pegida.“
Sie wolle „ein Zeichen setzen und zeigen, dass ich nicht zu dem komischen
Volk gehöre, von dem Pegida immer redet“, so eine andere Teilnehmerin,
Lehrerin aus Zehlendorf. Melissa Mohamed, 20, französische Muslima zu
Besuch in Berlin, nimmt an dem hiesigen Protest teil, da sie fürchte, „dass
künftig eine Spaltung zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen eintritt“.
Die teilnehmenden VertreterInnen von Parteien mit ihren Fahnen werden von
den Gegendemo-VeranstalterInnen ausdrücklich begrüßt, aber gebeten, sich im
hinteren Teil des Umzugs aufzuhalten. wenige jüngere, kaum Frauen Die Demo
soll ausdrücklich eine Bürgerdemo sein. In der Eröffnungsrede wird die
Solidarität mit Frankreich und den Angehörigen der Opfer des Pariser
Terroranschlags ausgedrückt. Als der Zug um halb sieben auf der Westseite
des Brandenburger Tores ankommt, hat er an die 5.000 Teilnehmer.
Auf der anderen Seite, dem Pariser Platz, haben sich bis dahin nur etwa 150
bis 200 Menschen zur „Bärgida“-Demo versammelt, später sollen es bis zu 4…
gewesen sein. Deutschlandfahnen sind neben dem „Je suis Charlie“-Schriftzug
zu sehen. Gleichzeitig skandieren die TeilnehmerInnen – überwiegend ältere
Männer und einige jüngere im Neonazistyle – „Lügenpresse, Lügenpresse�…
„Wir sind keine Nazis, wir sind Bürger“, steht auf einem Schild.
Brandenburger Tor und Pariser Platz hat die Polizei hermetisch abgeriegelt,
wer auf die Bärgida-Demo woll, wird kontrolliert.
Angemeldet hatten die Veranstalter der „Bärgida“-Demo 600 Teilnehmer. Zu
einer ersten Demonstration der Islamfeinde in Berlin am vergangenen Montag
waren 300 Menschen gekommen. 5.000 kamen zur Gegendemonstration und
blockierten den ursprünglich geplanten Marsch der „Berliner Patrioten“ zum
Brandenburger Tor. Dessen Beleuchtung hatte die Senatskanzlei vorsorglich
abschalten lassen, als „Solidaritätsbekundung mit den Gegendemonstranten“,
wie Senatssprecherin Daniela Augenstein erklärte.
Für die Demo gestern hatte „Bärgida“ auf seiner Facebook-Seite deshalb da…
aufgerufen, mit „Kerzen, Taschenlampen usw.“ zu kommen, um „den
Deutschland-den-Saft-Abdrehern symbolisch heim(zu)leuchten“. Als Profilbild
ziert die Seite der Abendlandretter der schwarz unterlegte Schriftzug „Je
suis Charlie“, der zum Symbol für die Solidarität mit den Opfern der
Pariser Terroranschläge geworden ist.
Weit kommen sie auch an diesem Montag mit. In Höhe der Glinkastraße, da wo
die U-Bahn-Baustelle den ansonsten kaum blockierbar breiten Boulevard Unter
den Linden auf die Hälfte zusammenschnurren lässt, haben sich gegen 20 Uhr
bis zu 1.000 Gegendemonstranten versammelt. Sie buhen die herankommenden
Bärgida-Demonstranten laustark aus und rufen immer wieder Slogans wie
"Nationalismus, raus aus den Köpfen" oder einfach: "Haut ab!"
Die Polizei hat sich mit Gittern und Mannschaftsfahrzeugen zwischen beiden
Gruppierungen postiert. Die Bärgida-Demo muss nach nicht einmal 500 Metern
umkehren und zurück zum Brandenburger Tor. Von der 2,2 Kilometer langen
geplanten Strecke zum Roten Rathaus schafft sie gerade ein Fünftel.
Zur Gegendemo riefen unter anderem das Bündnis gegen Rassismus, die Juso,
die grüne Jugend, der Berliner Flüchtlingsrat und der DGB Berlin sowie in
einer gemeinsamen Erklärung alle im Berliner Abgeordnetenhaus vertretenen
Parteien auf. Der Slogan auf der Facebook-Seite der GegendemonstrantInnen
lautet: „Gegen die Instrumentalisierung der Opfer durch Rechte und
Rassisten“.
12 Jan 2015
## AUTOREN
Malene Gürgen
Tobias Krause
Alke Wierth
Gereon Asmuth
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