| # taz.de -- Gegenwehr: 10.000 gegen Pegida | |
| > In ganz Norddeutschland gehen tausende Menschen gegen Pegida auf die | |
| > Straße. In Hannover bekommt die „Hagida“ Unterstützung von einem Pulk | |
| > Neonazis. | |
| Bild: Hatte in Hannover mit mächtig Gegenwehr zu kämpfen: der braune Hagida-H… | |
| HANNOVER taz | Mehr als 10.000 Menschen sind in ganz Norddeutschland gegen | |
| die rechtspopulistische Pegida-Bewegung auf die Straße gegangen. Unter dem | |
| Banner „Wir leben Vielfalt“ demonstrierten allein in Bremen rund 7.000 | |
| Menschen am Montagabend für eine tolerante Gesellschaft. Trotz | |
| Regenschauern stellten sich in Hannover mindestens 2.000 Gegendemonstranten | |
| einer Gruppe von nicht einmal 150 Pegida-Anhängern in den Weg. | |
| Auch in Braunschweig mobilisierte das dortige Bündnis gegen rechts | |
| Tausende: Die Organisatoren sprachen von 4.500, die Polizei von 2.500 | |
| Menschen, die zum Protest gegen die dortige „Bragida“ gekommen waren. Der | |
| Rassismus vieler Anhänger dieser Truppe war schon zuvor auf deren | |
| Facebook-Seite nachzulesen: Dort sei etwa der Grünen-Vorsitzende Cem | |
| Özdemir vorübergehend nicht nur als „Arschloch“, sondern auch als | |
| „bekiffter islamischer grüner Tierficker“ bezeichnet worden, klagt das | |
| Bündnis gegen rechts. | |
| Anti-Pegida-Proteste gab es auch in Verden an der Aller und in | |
| Mecklenburg-Vorpommerns Landeshauptstadt Schwerin. Trotz Unterstützung | |
| durch Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) konnte die dortige | |
| Gegendemonstration nicht mehr Menschen mobilisieren als die | |
| Rechtspopulisten: Die Polizei zählte auf beiden Seiten etwa 500 Teilnehmer. | |
| In Hannover erhielt der kleine Haufen von nicht einmal 100 Unterstützern | |
| der Pegida, die sich in Niedersachsens Landeshauptstadt „Hagida“ nennt, | |
| massive Unterstützung von einem Pulk von Neonazis. Szenekenner machten | |
| NPD-Kader und Ex-Mitglieder der verbotenen rechtsextremen Kameradschaft | |
| „Besseres Hannover“ aus. | |
| Die liefen in Sichtweite des Mahnmals für Hannovers Holocaust-Opfer mit dem | |
| Ruf „Hier marschiert der nationale Widerstand“ teilweise vermummt auf den | |
| zentralen Opernplatz. Zwar verbat sich der als Redner fungierende ehemalige | |
| Polizeibeamte Friedemann Garbs, der für die Wählergemeinschaft „Die | |
| Hannoveraner“ in der Regionsversammlung sitzt, das Zeigen des Hitlergrußes. | |
| Vom ebenfalls anwesenden Kevin Schumann, Fraktionsmitarbeiter der | |
| „Hannoveraner“ und Mitglied der rechtsextremen „German Defense League“, | |
| distanzierte Garbs sich dagegen nicht. | |
| Stattdessen erging sich der pensionierte Beamte in Selbstmitleid: Von | |
| Hannovers Presse werde er als Rechtspopulist diffamiert. Außerdem werde der | |
| aus Dresden bekannte „Hagida“-Forderungskatalog nicht wortgetreu | |
| abgedruckt, klagte Garbs – was seine Zuhörer prompt mit den bekannten | |
| „Lügenpresse“-Rufen beantworteten. | |
| Ähnlich verwirrt war auch ein die Grenze der Volksverhetzung gerade nicht | |
| überschreitender Auftritt des AfD-Gründungsmitglieds Tatjana Festerling. | |
| „Die Gesellschaft“ in Deutschland sei „krank“, konstatierte die aus Ham… | |
| stammende AfD-Frau, nachdem sie zuvor über „junge islamische Männer aus | |
| Afrika“ lamentiert hatte. | |
| Entsprechend heftig war der Widerstand der Gegendemonstranten: „Nazis raus“ | |
| und „Haut ab“ war immer wieder zu hören. Unter massivem Polizeischutz | |
| konnte die Pegida-Truppe durch die Stadt marschieren, bevor der braune | |
| Haufen am Rand vor dem Platz der Weltausstellung gestoppt wurde. Dort | |
| blockierte eine bunte Mischung aus mindestens 2.000 Gegendemonstranten die | |
| Straße: Auf dem Platz standen Gewerkschaftsmitglieder der IG Metall, | |
| Sozialdemokraten und Besucher des multireligiösen Friedensgebetes, das in | |
| Hannovers zentraler Marktkirche stattgefunden hatte. | |
| Getrennt wurden Rechte und Demokraten von einem massiven Polizeiaufgebot: | |
| Zwei Reihen Polizeiwagen und Berittene schirmten die Pegida-Truppe ab, die | |
| von Antifaschisten mit Pyrotechnik beworfen wurde. Bei anschließenden | |
| Rangeleien, besonders im Hauptbahnhof, wurden 22 linksgerichtete | |
| Demonstranten vorübergehend festgesetzt. Insgesamt kassierten die | |
| Gegendemonstranten 29; die Hagida-Anhänger 22 Strafanzeigen. | |
| Nicht zu sehen war an diesem Montag übrigens der Hannoveraner CDU-Ratsherr | |
| Kurt Fischer. Der Christdemokrat, der vor zwei Wochen für den ersten | |
| Pegida-Aufmarsch Werbung gemacht und sich auch selbst unter die | |
| Rechtspopulisten gemischt hatte, blieb stumm – offenbar fürchtet immerhin | |
| Hannovers CDU-Parteiführung die Nähe zum braunen Sumpf. | |
| Dabei hatte Fischer noch Anfang Januar viel Verständnis für Pegida-Anhänger | |
| gezeigt: In einem elfseitigen Pamphlet (siehe Kasten) hatte er die | |
| Anschläge des 11. September, den Streit um Burka und Kopftuch wie den | |
| Flüchtlingsstrom über das Mittelmeer zu einem unappetitlichen Cocktail | |
| zusammengerührt. Die Grünen in Hannovers Stadtrat haben deshalb ein | |
| juristisches Gutachten in Auftrag gegeben, so Fraktionsvize Pat Drenske: | |
| Das solle klären, „ob das, was Herr Fischer schreibt, mit dem Grundgesetz | |
| und der Genfer Menschenrechtskonvention vereinbar ist“. | |
| 27 Jan 2015 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Wyputta | |
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