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# taz.de -- Film über Hamburger "Lichtmess"-Kino: Die Kunst der Vorführung
> Thorsten Rosemann hat einen Film über ein Hamburger Off-Kino gedreht: ein
> intimer Blick auf die selten gewordene Kunst des analogen
> Filmprojizierens.
Bild: Perfektionistischer Autodidakt: Carsten Knoop im Lichtmess-Vorführraum.
HAMBURG taz | Eigentlich hätte er längst fertig sein sollen. Die Aufnahmen
für Thorsten Rosemanns Dokumentarfilm über das Hamburger Off-Kino
„Lichtmess“ sowie seine beiden Betreiber Carsten Knoop und Dorit
Kiesewetter und ihre Gäste entstanden, da feierte das Kino 20-jähriges
Bestehen. Zur Premiere kommt „Lichtmess – Kino aus Leidenschaft“ aber erst
jetzt. „Die Technik“, sagt Rosemann lapidar, „machte einem einen Strich
durch die Rechnung.“
Wie kompliziert Kinotechnik sein kann, auch darum geht es. Einen Film über
ein alternatives Kino wollte Rosemann ursprünglich drehen, über den
Enthusiasmus, mit dem seine Betreiber seit einem Vierteljahrhundert in
einem umgebauten Seifensiederraum einer ehemaligen Kosmetikfabrik im
Stadtteil Ottensen Kino machen, so eigenwillig wie anspruchsvoll.
Herausgekommen ist am Ende vor allem eine detailverliebte Hommage an die
hohe Kunst des Filmvorführens. Längst sind die meisten Häuser in
Deutschland digitalisiert, und so befürchtet Rosemann, die Profession
sterbe aus – und damit auch das Know-how der Kinotechniker; all das, was
sie über Filme, über die Kunst der Projektion und analoge Technik wissen.
Rosemann ist selbst „leidenschaftlicher Cineast und Filmfan“, hat im Jahr
2009 einen Film über den alljährlichen Hamburger Schlagermove ins Kino
gebracht. Bis vor Kurzem hatte der LKA-Beamte sogar Pläne, ein altes Kino
im sachsen-anhaltinischen Barby zu kaufen und wieder in Betrieb zu nehmen.
Im Lichtmess wiederum veranstaltet Rosemann zwei-, dreimal im Jahr
Super-8-Filmabende – mit Mutanten-Trash aus den 1970ern oder bizarren
Action-, Horror-, Erotik- und Kung-Fu-Filmen aus der Hochphase des
Schmuddelkinos.
Rosemanns Lichtmess-Film nun bietet einen intimen Einblick in Knoops Reich:
seinen Vorführraum über der kargen Kino-Kapelle mit den Holzstühlen. Eine
Stunde lang begleitet die Kamera ihn, vom Auspacken der Filmrollen über das
Verkleben und Einfädeln bis zum Ausblenden des Films, verfolgt jeden
Handgriff. Und er lässt Knoop viel Raum, zu erzählen und alles ganz genau
zu beschreiben.
Da klagt Knoop über den „Honk“, der die Koppelstellen der Filmrollen vor
ihm so stümperhaft und rücksichtlos verklebt hat; spricht mit leuchtenden
Augen über die handgedrechselten Spulen seiner riesigen
Bauer-Kinoton-Projektoren; erklärt, worauf man beim Überblenden alles
achten muss, plaudert über Vor- und Nachteile analogen und digitalen
Filmvorführens. Und erzählt von der Begeisterung für den Film.
Als Perfektionisten zeigt Rosemann Knoop. Und als überzeugten Autodidakten:
Fast alles, was er und seine Freundin Dorit Kiesewetter übers Filmemachen
und zeigen wissen, haben sie sich über die Jahre selbst beigebracht. Den
Rest hat sich Knoop im Hamburger kommunalen Kino Metropolis abgeschaut, wo
er seit Jahren als Vorführer arbeitet.
Geld verdienen, darum geht es im Lichtmess nicht. Immer wieder zahlen Knoop
und Kiesewetter sogar selbst drauf, um zeigen zu können, was sie
interessant finden. Kino, das ist für sie die Erfüllung von Träumen: Vom
Programmheft- und Kästen-Gestalten übers Ansagemachen bis zum Filmvorführen
machen sie alles selbst. Und an der Kasse und am Tresen sitzen sie auch.
Ehrenamtlich, aus Passion.
Dafür gibt es Kino im Lichtmess meist nur einmal in der Woche, donnerstags,
eine handverlesene Auswahl von Dokumentar- und Experimentalfilmen. Ab und
an finden auch eine Lesung oder ein Konzert statt. Ein Kino für
Enthusiasten und den „Nahbereich“ sei es, erzählt Knoop, viele Stammkunden
wohnten gleich nebenan.
Vom Kino begeistert ist Knoop seit Kindheitstagen. Ein leidenschaftlicher
Amateurfilmer sei schon sein Vater gewesen. Auch bei Kiesewetter fing die
Begeisterung früh an, als 13-, 14-Jährige im Filmclub in Fallingbostel.
Später, auf der Kunsthochschule, haben Knoop und Kiesewetter selbst zu
drehen angefangen, auf 8 und 16 Millimeter. Für ihren Kurzfilm „Die kalte
Wut des Makalu“, in dem der Regisseur Werner Herzog – gespielt von
Christian Schwanenberger – 17 Jahre nach einer gescheiterten
Himalaya-Expedition das Drama um zwei Bergsteiger auf den Makalu zu
rekonstruieren versucht, gab es vor elf Jahren sogar das Prädikat
„besonders wertvoll“. „Kein Meisterwerk der Filmgeschichte“, befand dam…
die Jury, „aber ein Meisterwerk des Nonsens.“
Vor zehn Jahren hat Knoop selbst einen Film über Arbeitsbedingungen,
Technik, Geschichte und vor allem die Ansichten von FilmvorführerInnen
gedreht. „Der Vorführ-Effekt“ hieß der und war Knoops Diplomarbeit an der
Hamburger Hochschule für Bildende Künste. Selbst zu sehen war er darin
nicht. Das holt Rosemann nun nach.
## „Lichtmess – Kino aus Leidenschaft“. Weltpremiere: Freitag, 20. Februa…
20 Uhr, Lichtmess, Hamburg. Internet:
18 Feb 2015
## AUTOREN
Robert Matthies
## TAGS
Kino
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