# taz.de -- Die Streitfrage: Gas oder Kohle? | |
> Drei Sonnenstrahlen, schon riecht es in Deutschland nach Bratwurst. Im | |
> Park steigt Rauch auf. Gegrillt wird mit Methode: Holzkohle oder | |
> Gasgrill? | |
Bild: Der Deutschen geliebte Frühjahrsbeschäftigung: Grillen. Aber wie geht's… | |
Es ist keine Frage des Geschmacks, kein überlegtes Abwägen des Für und | |
Widers. Die Entscheidung zwischen Gasgrill oder Holzkohle offenbart ein | |
kulinarisches Schlachtfeld, eine Suche nach Identitäten und Feindbildern. | |
Da ist der Küchen-Hipster. Einst konnte er stundenlang vom warmen Klang | |
seiner Vinylschallplatten schwärmen. Neuerdings schwört er verbissen auf | |
das natürliche Aroma des Kohlegrills. Da kann TV-Koch Johann Lafer noch so | |
häufig behaupten, man schmecke keinen Unterschied. Der bärtige Gourmet ist | |
sich sicher: Es muss Kohle sein. Nur so bekommt die vegane Tofu-Bratwurst | |
das rauchige Aroma, das den Küchen-Hipster in Einklang mit seinem inneren | |
Höhlenmenschen bringt. | |
Da ist der Vorstadt-Küchenchef. Für einen silbernen Mercedes hat es nicht | |
gereicht. Dafür gab es einen verchromten Gasgrill für die | |
terracotta-geflieste Gartenterrasse. In seiner Doppelhaushälfte ist er ein | |
Küchenrevolutionär, ein technokratischer Vorreiter in peinlich | |
illustrierter Grillschürze. „Nur 14% der Deutschen haben so ein Gas-Teil“ | |
erzählt er jedem, der es nicht wissen will. | |
Da ist der lästig lärmende Stadtparknachbar, meistens Student oder noch | |
schlimmer: jugendlicher Proll, migrantisch oder deutsch. Weil es bei ihm | |
mit dem Organisationstalent nicht weit her ist, hat es gerade noch so für | |
einen Einweg-Grill von der Tankstelle gereicht. Mit einer Kombination aus | |
ätzendem Qualm, wild fliegenden Fußbällen und verzerrt plärrendem Pop hat | |
er eine 20-Meter-Todeszone um sich herum geschaffen. Aufgeräumt wird | |
selbstverständlich nicht. Soll sich doch die Stadtreinigung drum kümmern. | |
Und da ist der Neo-Aristokrat. Das sichere Revier zwischen privatem | |
Bootssteg und Layland-Zypressen-Hecken hat er seit Monaten nicht mehr | |
verlassen. Der Stadtpark-Pöbel widert ihn an. Vielleicht ist das | |
60-Kilo-Gasmonster aber auch einfach zu schwer für den Transport in die | |
öffentlichen Grünanlagen. Er ist der Jay Gatsby unter den | |
Grillenthusiasten. Charmant. Mysteriös. Einsam. Wochenende für Wochenende | |
versammelt sich die soziale Elite in seiner bescheidenen Behausung. Doch | |
Gatsby hat nur Augen für das grüne Licht an der Temperaturanzeige. | |
Die Kampflinien sind gezogen. Welche Seite soll es sein: „Gas oder Kohle“? | |
Diskutieren Sie mit! Wir wählen unter den interessantesten Kommentaren | |
einen oder zwei aus und veröffentlichen sie in der taz.am wochenende vom | |
14./15. März 2015. Ihr prägnantes Statement sollte nicht mehr als 400 | |
Zeichen umfassen und mit Namen, Alter, einem Foto und der E-Mail-Adresse | |
der Autorin oder des Autors versehen sein. Schicken Sie uns bis Donnerstag | |
Vormittag eine Mail an: [email protected] | |
10 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Markus Lücker | |
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