# taz.de -- Comic-Serie „Mouse Guard“: Über und unter der Erde | |
> Die nordamerikanische Comicserie ist eine attraktive neue Ausprägung des | |
> uralten Musters Klein gegen Groß. Lesen kann sie aber Klein und Groß. | |
Bild: Der Mann hinter den Mäusen: Comiczeichner David Petersen. | |
Klein gegen Groß – das ist eine unwiderstehliche Kombination. Wer sich | |
Geschichten ausdenkt, die auf ihr beruhen, hat die Freiheit, zwischen ganz | |
unterschiedlichen Tonlagen zu wählen. Dramatisch, blutig kann es zugehen, | |
aber auch burlesk, slapstickhaft. | |
Intakt bleibt jeweils der mythische Kern, der die Faszination für Leser und | |
Zuschauer garantiert: Egal ob David mit Goliath kämpft oder Tom mit Jerry, | |
immer geht es um nichts weniger als die Hoffnung, dass die Welt nicht | |
allein den Starken und Skrupellosen, sondern auch den Schwachen und | |
Friedlichen gehören möge – vorausgesetzt, diese verfügen über ein wenig | |
List und Geschick. | |
Eine attraktive neue Ausprägung dieses uralten Musters bietet die | |
nordamerikanische Comicserie „Mouse Guard“. Sie führt in eine | |
mittelalterliche Welt, in der anthropomorphe Tiere leben. Die Mäuse unter | |
ihnen haben sich seit einiger Zeit in einem lockeren Bund von Stadtstaaten | |
organisiert. Er wird von einer Wache beschützt, die ihren Stützpunkt in der | |
zentral gelegenen Festung Lockhaven hat. | |
Die Aufgabe dieser klugen, kampferprobten Mantel-und-Degen-Nager besteht | |
zunächst darin, im Inneren für Ordnung zu sorgen; im ersten Band gilt es | |
eine Art faschistischer Verschwörung abzuwehren. Außerdem hat die Wache | |
ihre Artgenossen gegen die stets drohenden Angriffe größerer, räuberischer | |
Tiere zu verteidigen. | |
## Begegnungen mit dem Fuchs | |
David Petersen setzt durchaus auf die kindchenschematische Niedlichkeit | |
seiner Figuren, stellt sie aber nicht übertrieben putzig dar. Das Süßliche | |
meidet er ebenso wie die Virilitätsfantasien, die in der Fantasy sonst so | |
gern zu Hause sind. Die bisherigen Episoden von „Mouse Guard“ spielen im | |
Herbst und im Winter, über und unter der Erde, aber auch auf See, und jede | |
Jahreszeit, jeder Ort zeichnet sich durch eine passende, stimmungsvolle | |
Kolorierung aus. | |
Dem Leben und dem Aussehen der Mäuse entsprechend, kommen in „Mouse Guard“ | |
überwiegend gedeckte, erdig wirkende Farben zum Einsatz. Petersen erzielt | |
mit kleinen Variationen große Wirkungen, etwa wenn eine Maus zweimal | |
hintereinander einem Fuchs begegnet, dem sie sich zu einer | |
Auseinandersetzung auf Leben und Tod stellen muss. Im dichten Morgennebel | |
kommt das Fell des Feindes zunächst kaum zur Geltung; als der Nebel sich | |
etwas gelichtet hat, leuchtet es in einem geradezu mörderischen Rot. | |
„Mouse Guard“ erscheint schon seit 2006. Dass bislang nur drei Bände | |
vorliegen, ist der aufwändigen Arbeitsweise Petersens, der die Reihe allein | |
verantwortet, geschuldet. Für die Wartezeiten gibt es den Spin-off | |
„Legenden der Wächter“, der nach dem Vorbild des „Decamerone“ und der | |
„Canterbury Tales“ konzipiert ist. Von Petersen stammt nur der Rahmen, in | |
dem Mäuse gemütlich in einem Wirtshaus sitzen; die Geschichten, die sie | |
einander erzählen, sind von anderen Künstlern gestaltet. | |
Im aktuellen zweiten Band der „Legenden“ sind „Der Schatten“ von Jemma | |
Salume und „Der Dieb, der Sterndeuter, der Jäger und der Schneider“ von | |
Cory Godbey hervorzuheben – zwei Beiträge, die geschickt Horror- und | |
Märchenmotive in den „Mouse Guard“-Kosmos einweben. | |
Auf dem Cover wird „Mouse Guard“ für Leser ab 8 empfohlen. Das „ab“ ist | |
kräftig zu betonen: An den Abenteuern der tapferen Pelzträger können 18- | |
und 58-Jährige Spaß haben. | |
17 Mar 2015 | |
## AUTOREN | |
Christoph Haas | |
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