# taz.de -- Hamburgs Bismarck wird aufgerichtet: Kanzler auf halb acht | |
> Das Bismarck-Denkmal im Alten Elbpark steht schief. Im Zuge der | |
> Begradigung sollen Denkmal und Park umfassend saniert werden. Anwohner | |
> fürchten Amüsierbetrieb und Vertreibung von Obdachlosen. | |
Bild: Soll nicht die nächste Event-Location werden, wenn es nach den Anwohnern… | |
Er ist ein Koloss. 625 Tonnen wiegt Otto von Bismarck, der als Statue aus | |
Granit auf einem 20 Meter hohen Sockel insgesamt 34 Meter in die Höhe ragt. | |
Seit 1906 steht der steinerne Kanzler im Alten Elbpark zwischen Helgoländer | |
Allee und Stintfang und blickt elbabwärts – und ist mittlerweile in eine | |
beachtliche Schieflage geraten. Das Denkmal neige sich neun bis zehn | |
Zentimeter gen Osten, befand ein Gutachten im Auftrag des Bezirksamts | |
Mitte, das daraufhin eine umfassende Sanierung des Denkmals beschloss – und | |
des Alten Elbparks gleich mit. | |
Das wird teuer: 13 Millionen Euro soll die Umgestaltung des Parks und des | |
Denkmals kosten. Die Hälfte zahlt der Bund, die andere Hälfte muss die | |
Stadt selbst aufbringen. Die Schäden am Denkmal sind laut dem Gutachten | |
gravierend: Die Mauern seien rissig und feucht, Wasser dringe ein und Kalk | |
lagere sich ab, schreibt das beauftragte Ingenieurbüro Grassl. Fotos zeigen | |
die Innenräume des begehbaren Denkmals: Stalaktiten aus Kalk hängen von der | |
Decke und die eisernen Anker, die die auseinanderdriftenden Wände | |
zusammenhalten sollen, sind komplett verrostet. Es bestehe eine „mittlere | |
bis schwere Beeinträchtigung der Standsicherheit“, lautet das Ergebnis des | |
Gutachtens. | |
Vier Planungsbüros sind mittlerweile damit beschäftigt, Konzepte für eine | |
Umgestaltung des Areals zu erarbeiten. Seit Ende Februar läuft ein | |
Beteiligungsverfahren, bei dem die AnwohnerInnen in die Neugestaltung mit | |
einbezogen werden sollen. | |
Sascha Bartz, Quartiersmanager der südlichen Neustadt, ist für die | |
BürgerInnenbeteiligung zuständig. Der City-Ausschuss hat dafür 6.000 Euro | |
zur Verfügung gestellt. Organisiert hat Bartz bisher eine | |
Info-Veranstaltung, bei der sich auch die Architekturbüros vorgestellt | |
haben, einen Besichtigungsrundgang durch den Park und einen | |
Informationsaustausch-Abend im Nochtspeicher. „Wir fangen bei Null an – es | |
ist nichts entschieden“, sagte Bartz beim ersten Beteiligungs-Abend. | |
Dabei hatte das Bezirksamt im Oktober letzten Jahres bereits zwei Entwürfe | |
vorgelegt, die als Basis für eine Weiterentwicklung dienen sollten: Die | |
Variante „Unsere Geschichte“ stellte das Denkmal ins Zentrum der | |
Neuausrichtung und beinhaltete einen Museumspavillon, während die Variante | |
„Hip“ vorsah, Kioske und Verkaufsbuden an das Denkmal anzugliedern und den | |
Innenraum gar als Club nutzbar zu machen. | |
Mittlerweile ist von beiden Varianten nicht mehr die Rede. „Die Entwürfe | |
waren wichtig, um die Kofinanzierung des Bundes sicherzustellen“, stellt | |
Sascha Bartz klar, „mittlerweile spielen sie aber keine Rolle mehr.“ | |
Bei den AnwohnerInnen hat aber offenbar vor allem das Szenario „Hip“ Ängste | |
hervorgerufen. Auf einer Internetseite finden sich die von Bartz | |
gesammelten Ideen und Wünsche, die die AnwohnerInnen ihm zugeschickt haben. | |
„Kein Bismarck-Night-Club“ und „Kein Biergarten“, liest man dort. Einig… | |
herrscht über den Wunsch, den Park als „einen ruhigen und schattigen | |
Rückzugsort“ zu erhalten. „Eine exponierte Stellung in Form von Beachclub | |
oder Catwalk ist von uns Anwohnern ausdrücklich nicht gewünscht.“ Generell | |
begrüßt man die Instandsetzung der jahrelang verwahrlosten Treppen und Wege | |
im Park. | |
Streit könnte es noch um die „Sichtachsen“ geben – das zeichnete sich au… | |
bei den Beteiligungsveranstaltungen ab. Aktuell ist das Denkmal zu drei | |
Seiten von hohen Bäumen umstellt. Während das Bezirksamt die Statue gern | |
nach allen Seiten hin freilegen würde, wollen die AnwohnerInnen die Bäume | |
erhalten. | |
Bei der „Initiative Alter Elbpark“ befürchtet man darüber hinaus, dass mit | |
der Neugestaltung eine Vertreibung einhergehen könnte: Der Park wird nachts | |
von Obdachlosen und Flüchtlingen genutzt, die im Dunkel der Bäume Schutz | |
und ein trockenes Plätzchen suchen. | |
Auch die angrenzende Kersten-Miles-Brücke, unter der seit Jahrzehnten | |
Obdachlose wohnen, war in den letzten Jahren in den Fokus der | |
Öffentlichkeit geraten. Der ehemalige Bezirksamtsleiter Markus Schreiber | |
hatte dort 2011 einen Zaun errichtet, um die Obdachlosen zu vertreiben. Auf | |
öffentlichen Druck hin ließ er den Zaun wieder entfernen. Nach einem Brand | |
im März 2013 wurde die Brücke renoviert und diesmal ein Bauzaun aufgestellt | |
– der steht noch immer dort. „Schreiber’sche Zäune und sowieso alle | |
gestalterischen Maßnahmen, die zu Verdrängung führen, lehnen wir ab“, sagt | |
Theresa Jakob von der „Initiative Alter Elbpark“. | |
Bis zum Ende der Sommerferien soll das Beteiligungsverfahren abgeschlossen | |
sein, plant Sascha Bartz. Wie weit die Ideen der AnwohnerInnen am Ende | |
berücksichtigt werden, ist offen. Die Entscheidung darüber, welches | |
Architekturbüro den Auftrag bekommt, trifft letztlich das Fachamt | |
Management des Öffentlichen Raumes. Man werde sich für das „konsensfähigste | |
Konzept“ entscheiden, sagte Sascha Bartz zur taz. | |
Eine Option, die in der Debatte bisher nicht berücksichtigt wird, ist die, | |
den baufälligen Bismarck ganz abzureißen. Ein Anwohner hatte bereits bei | |
der ersten Beteiligungsveranstaltung angemerkt, dass Otto von Bismarck ja | |
eine äußerst umstrittene Figur sei. Ob es denn nötig wäre, dafür 13 | |
Millionen Euro auszugeben, fragte er vorsichtig. Der anwesende Vertreter | |
des Denkmalschutzamtes, Jens Beck, ließ allerdings keinen Zweifel: „Ein | |
Abriss kommt nicht infrage.“ | |
6 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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Denkmal | |
City-Hof | |
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