# taz.de -- Forscherbericht über Berggorillas: Inzest kann auch nützlich sein | |
> Nur noch wenige Berggorillas leben in Zentralafrika. Inzucht bedroht den | |
> Fortbestand. Doch sie scheint Mutationen aus dem Erbgut zu löschen, | |
> berichten Forscher. | |
Bild: Berggorillas im Kongo. | |
HINXTON dpa | Die vom Aussterben bedrohten Berggorillas scheinen sich an | |
das Überleben in kleinen Populationen genetisch anzupassen. Bestimmte | |
nachteilige Genvarianten seien infolge von Inzucht aus ihrem Erbgut | |
verschwunden, berichtet ein internationales Forscherteam im Fachblatt | |
„Science“. | |
Die Wissenschaftler hatten das Erbgut der Berggorillas umfassend analysiert | |
und mit dem der anderen Gorilla-Unterarten verglichen. Die Untersuchung | |
zeigte auch, dass die Populationen von Berggorillas und Östlichen | |
Flachlandgorillas bereits seit 100.000 Jahren schrumpfen. Die Forscher | |
hoffen, dass ihre Untersuchung zum Schutz der Tiere beiträgt. | |
Zwei Arten von Gorillas leben in den Wäldern Zentralafrikas: Der Westliche | |
Gorilla teilt sich in die beiden Unterarten Westlicher Flachlandgorilla und | |
Cross-River-Gorilla auf, der Östliche Gorilla in den Östlichen | |
Flachlandgorilla und den Berggorilla. | |
Letzterer ist vom Aussterben bedroht. Nur noch um die 800 Exemplare leben | |
Schätzungen zufolge in der Bergregion der Virunga-Vulkane im Grenzgebiet | |
der Demokratischen Republik Kongo, Ruandas und Ugandas sowie in einem | |
Nationalpark in Uganda. Ihr Erbgut ist bisher nur in Teilen untersucht | |
worden. | |
Die Forscher um [1][Yali Xue vom Wellcome Trust Sanger Institute] in | |
Hinxton (Großbritannien) sequenzierten nun das komplette Genom von | |
insgesamt 13 Östlichen Gorillas – sieben Berggorillas und sechs Östlichen | |
Flachlandgorillas. Anschließend verglichen sie das Genom aller Unterarten | |
miteinander. Ein Ergebnis: Das Erbgut der beiden östlichen Unterarten weist | |
eine zwei- bis dreimal geringere genetische Vielfalt auf als das der | |
westlichen Unterarten. | |
## Beitrag zum Schutz der bedrohten Tiere | |
Grundsätzlich macht eine geringe genetische Variabilität Lebewesen | |
anfälliger für Krankheiten oder schädliche Umwelteinflüsse, schreiben die | |
Forscher. Allerdings habe die Inzucht und die daraus resultierende | |
schwindende genetische Vielfalt vor allem bei den Berggorillas scheinbar | |
auch einen positiven Nebeneffekt: Die Zahl von Mutationen, die zu einem oft | |
schwerwiegenden Funktionsverlust eines Gens führt, ist bei ihnen deutlich | |
geringer als bei den Westlichen Gorillas. Andere, weniger schwerwiegende | |
genetische Veränderungen fanden die Wissenschaftler bei den östlichen | |
Gorillas häufiger als bei den westlichen. | |
Sie stellten weiter fest, dass die Östlichen Gorillas vermutlich schon viel | |
länger als bisher angenommen in relativ kleinen Populationen leben, seit | |
etwa 100.000 Jahren. „Wir waren besorgt, dass der dramatische | |
Populationsrückgang in den 1980er Jahren auf lange Sicht katastrophal für | |
die Berggorillas wäre, aber unsere genetischen Analysen lassen vermuten, | |
dass Gorillas schon für Tausende Jahre als kleine Populationen | |
zurechtkommen“, erläutert Yali Xue. „Während ein vergleichbares Ausmaß an | |
Inzucht zum Aussterben unserer Verwandten, der Neandertaler, beitrug, | |
scheinen Berggorillas widerstandsfähiger zu sein.“ | |
Die Forscher hoffen, dass ihre detaillierte Genomanalyse auch zum Schutz | |
der bedrohten Tiere beiträgt. Es sei jetzt möglich, den Ursprung illegal | |
gefangener oder getöteter Tiere zu identifizieren. So könnten mehr Tiere | |
wieder in ihre Heimat gebracht werden. Wilderer, die Gorillas wegen ihres | |
Fleisches oder als Souvenir jagen, könnten zudem leichter angeklagt werden. | |
Nach Angaben der Umweltstiftung WWF gefährden neben der Wilderei vor allem | |
die Zerstörung des Lebensraumes durch zum Beispiel Abholzung, Straßenbau | |
oder Bergbau die Gorillas. Ohne Schutzmaßnahmen werden 90 Prozent des noch | |
vorhandenen Lebensraumes bis zum Jahr 2030 zerstört sein, schreibt die | |
Naturschutzorganisation. Auch Krankheiten wie Masern oder Ebola bedrohten | |
die größten aller Menschenaffen. Alle Unterarten sind auf der Roten Liste | |
der bedrohten Tierarten als gefährdet oder vom Aussterben bedroht | |
eingestuft. | |
10 Apr 2015 | |
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[1] http://www.sanger.ac.uk/about/press/2015/150409.html | |
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