# taz.de -- Konflikt im Irak: Abadi kämpft an vielen Fronten | |
> Der Ministerpräsident will von den USA mehr Hilfe im Kampf gegen den IS. | |
> Doch dagegen gibt es im Irak erhebliche Widerstände. | |
Bild: Auf der Flucht aus der Provinzhauptstadt Ramadi. | |
ISTANBUL taz | Der irakische Ministerpräsident Haider al-Abadi hat seit | |
seinem Amtsantritt in September vieles richtig gemacht. Außenpolitisch hat | |
er sich um Verbesserung der vergällten Beziehungen mit den sunnitischen | |
Schwergewichten in der Region bemüht, was zu einer Einladung nach | |
Saudi-Arabien führte. | |
Innenpolitisch hat der Schiit die Wogen mit den Kurden geglättet und sucht | |
nach einem Ausgleich mit der Minderheit der arabischen Sunniten, ohne die | |
sich der Kampf gegen die Extremisten des Islamischen Staats (IS) nicht | |
gewinnen lässt. | |
In den letzten Monaten ist es der Regierung gelungen, den IS | |
zurückzudrängen. Nach Angaben des Pentagons haben die Fanatiker inzwischen | |
gut ein Viertel der Gebiete verloren, die sie im vergangenen Jahr in ihre | |
Gewalt brachten. Aber die Erfolge täuschen darüber hinweg, dass von einem | |
strategischen Durchbruch im Kampf gegen den IS bisher kaum die Rede sein | |
kann. | |
Abgesehen von der zentralirakischen Stadt Tikrit handelt es sich bei fast | |
allen Gebieten um Regionen, die nahe an Bagdad oder dem kurdischen | |
Teilstaat im Nordirak liegen und für den IS nur schwer zu halten sind. Nach | |
dem Sieg in Tikrit hat die Regierung eine Offensive in der westirakischen | |
Provinz Anbar gestartet. Darauf hat der IS mit einer Gegenoffensive | |
reagiert. | |
## IS-Offensive nahe Ramadi | |
Dabei haben die Extremisten in den letzten Tagen zwei Militärbasen | |
überrannt und Gebiete um die Provinzhauptstadt Ramadi unter ihre Kontrolle | |
gebracht. Gleichzeitig haben sie den Kampf um Beiji, die größte | |
Ölraffinierie des Landes in der Nähe von Tikrit, intensiviert. Nach Angaben | |
des Bürgermeisters von Beiji gelang es dem IS am Dienstag, mehrere zentrale | |
Gebäude in seine Gewalt zu bringen. | |
US-Präsident Barack Obama sagte Abadi nach einem Treffen in Washington 200 | |
Millionen Dollar für vom IS vertriebene Iraker zu. Zu Abadis Bitte um eine | |
Ausweitung der Luftangriffe und Waffenlieferungen machte Obama jedoch keine | |
öffentlichen Zusagen. | |
Die USA fordern von ihm freilich weitere Schritte, um die Sunniten auf die | |
Seite der Regierung zu ziehen. Doch hier befindet sich der Regierungschef | |
in einem Dilemma. Militärisch ist er auf Zehntausende von schiitischen | |
Milizionären angewiesen sowie die Hilfe aus dem Nachbarland Iran. | |
## Maliki stellt sich quer | |
Vereinzelt sind sunnitische Stämme ein Bündnis mit den schiitischen | |
Milizionären eingegangen, doch viele Sunniten misstrauen den Milizen und | |
ihren iranischen Unterstützern. Diese wiederum sperren sich gegen eine | |
Bewaffnung von sunnitischen Kämpfern im großen Stil. | |
Einer der größten Widersacher von Abadi ist sein Vorgänger Nuri al-Maliki, | |
der jetzt Vizepräsident ist. Maliki hat mit seinem antisunnitischen Kurs | |
maßgeblich zum Aufstieg des IS beigetragen. Davon will er freilich nichts | |
wissen, aus seiner Sicht sind die Sunniten verantwortlich, die er mit dem | |
IS über einen Kamm schert. | |
Gemeinsam mit seinen Anhängern torpediert er nach Kräften die | |
Reformvorhaben von Abadi. So ist an ihrem Widerstand bisher auch die | |
Verabschiedung eines Gesetzes gescheitert, das die Bewaffnung der Sunniten | |
ermöglichen würde. | |
15 Apr 2015 | |
## AUTOREN | |
Inga Rogg | |
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