Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Verteidiger bleiben draußen: Kein Zutritt für Anwälte
> Polizisten auf der Davidwache verweigern Anwälten das Recht, ihren
> beschuldigten Mandanten beizustehen. Staatsanwaltschaften nicken das
> Vorgehen ab.
Bild: Hier kommt ein Anwalt nicht so ohne weiteres rein: Keller der Davidwache.
Der Rechtsanwalt Ulfert Jährig ist entsetzt: „Beschuldigtenrechte werden
nicht nur beschnitten, sondern abgeschafft“, schimpft der Verteidiger. „Das
ist eine gefährliche Entwicklung, die ich verhindern wollte“, sagt er. Doch
die Generalstaatsanwaltschaft hat seine Strafanzeige gegen Polizisten in
der Davidwache wegen „Rechtsbeugung“ und „versuchter Aussageerpressung“…
unbegründet zurückgewiesen.
Jährigs Mandant soll als Türsteher der Techno-Disco „Halo“ in der Großen
Freiheit am Morgen des 21. September vergangenen Jahres in eine Schlägerei
verwickelt gewesen sein. Er und ein weiterer Mann wurden von der Polizei
unter dem Tatverdacht des „versuchten Totschlags“ um kurz nach sieben Uhr
festgenommen und zum Kiezrevier gebracht.
Jährig versuchte wenige Stunden später am Vormittag, mit seinem Mandanten
zu telefonieren, was ihm ein Polizist verweigerte. „Ich wies ihn
ausdrücklich daraufhin, dass ich der Verteidiger des Beschuldigten bin und
dass dieser ein Recht darauf habe, Kontakt zu seinem Anwalt aufzunehmen“,
sagt Jährig. Der Polizist habe gesagt, er habe eine Weisung vom
Sachbearbeiter der Mordkommission des Landeskriminalamtes (LKA), dessen
Handynummer er aber nicht weitergeben dürfe.
Parallel versuchte Jährigs Büro- und Anwaltskollegin Kristin Raddi, mit
ihrem mitbeschuldigten Mandanten direkt in der Davidwache zu sprechen, was
ihr ebenfalls mit dem Hinweis auf den LKA-Sachbearbeiter untersagt wurde.
Und das, obwohl nach Paragraf 137 der Strafprozessordnung (StPO) ein
Beschuldigter sich „in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines
Verteidigers bedienen“ können muss. Und zwar „jederzeit“ auch vor einer
polizeilichen Vernehmung, sagt Jährig. Das sei die einhellige
Rechtsauffassung, ohne dass es hier einen Ermessensspielraum der Polizei
gäbe.
Jährig erstattete Strafanzeige gegen die beteiligten Polizisten, weil diese
sich durch die Abschottung offenbar Geständnisse erhofft hätten, doch
Oberstaatsanwalt Lars Mahnke stellte das Verfahren ein. Von „Isolation
gegenüber Anwälten“ könne wenige Stunden nach der Festnahme keine Rede
sein. „Im Übrigen ist es nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, angeblichen
Verstößen gegen den Paragrafen 137 StPO im Rahmen eines
Ermittlungsverfahren nachzugehen“, schrieb Mahnke.
Jährigs Beschwerde dagegen hat die Generalstaatsanwaltschaft in dieser
Woche ebenfalls verworfen. „Es ist nicht so, dass in jeder Phase der
Ermittlungen der Anwalt schon Zugang haben muss“, sagte deren Sprecherin
Nana Frombach der taz. Es sei zumutbar gewesen, dass der LKA-Beamte sich
erst einen Überblick über die Sachlage verschaffe. „Eine versuchte
Aussageerpressung setzt voraus, dass man auch eine Aussage erzwungen hat“,
sagt Frombach. „Das ist nicht geschehen.“
Das sei richtig, bestätigt Jährig, „weil mein Mandant intelligent ist und
keine Aussage gemacht hat“, entgegnet er. Doch das Vorgehen zeige eine
gefährliche rechtsstaatswidrige Tendenz, wenn gerade bei schweren
Tatvorwürfen oder im Milieu die Polizisten willkürlich Anwälten den Zugang
zu Beschuldigten verwehrten, sagt Jährig, „und die Staatsanwaltschaft das
auch noch abnickt“. Übrigens: Vom Vorwurf des versuchten Totschlags ist bei
Jährigs Mandanten eine „Beihilfe zur Körperverletzung“ übrig geblieben, …
immer das auf dem Kiez ist.
29 Apr 2015
## AUTOREN
Kai von Appen
## TAGS
Davidwache
Festnahmen
Anwalt
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.