# taz.de -- TV-Reportage über Sexismus: Herr Eppert sucht nicht mehr | |
> Thorsten Eppert hat vier Jahre lang bei ZDFneo die großen Fragen des | |
> Lebens erkundet: Liebe, Glück, Geld, Tod. Nun wechselt er das Format. | |
Bild: Skaterin und Aktivistin Anna Gross und Thorsten Eppert. | |
Bei dem Satz mit der Dusche kann er nicht ernst bleiben. Thorsten Eppert | |
steht am Elbstrand in Hamburg und grillt mit einer Männerrechtsgruppe. Auf | |
dem Rost liegen Würste, es gibt Bier, hinter ihnen fahren die Fähren ein. | |
Warum er Männeraktivist wurde, fragt Thorsten Eppert einen der Mitgriller. | |
Der antwortet: Er habe früher im Unisport einmal nicht duschen dürfen, weil | |
eine „universitätsfremde“ Frau in den gemischten Duschen stand. „Der | |
Auslöser war das Duschen?!“, fragt Eppert ungläubig und verschluckt das | |
Satzende in einem Lachen. | |
Ein paar Wochen später sitzt Thorsten Eppert in einem Café im Hamburger | |
Schanzenviertel. Kapuzenpulli, Wollmütze, Dreitagebart. „Mich hat die | |
Duschgeschichte tatsächlich überrascht. Es war nicht so, dass ich ihn nicht | |
ernst nehmen wollte, aber ich fand das einen ziemlich kleinen Auslöser.“ | |
Aber wahrscheinlich, schiebt er hinterher, seien es meistens kleine | |
Anlässe, die einen zu Engagement trieben. Eppert spricht nicht schlecht | |
über seine Protagonisten. | |
Er gehört zu den jungen Moderatoren, die das ZDF in den vergangenen Jahren | |
in die Spartenkanäle geschoben hat. 23 Folgen lang hat er vor der Kamera | |
gesucht: die Liebe, das Glück, die Demokratie, das Geld. „Herr Eppert | |
sucht“ ist nach drei Staffeln ausgelaufen. Im März startete der Nachfolger, | |
mit neuem Titel, aber ähnlichem Konzept. „Herr Eppert, wie sexistisch sind | |
wir?“, heißt die Folge, die heute bei ZDFneo läuft. | |
## Weniger Krawall | |
Von all diesen jungen Neo-Gesichtern, den Sarah Kuttners, Joko und Claas’ | |
und Manuel Möglichs hat Eppert bei dem Sender am konstantesten | |
durchgehalten. Das liegt vermutlich daran, dass er auf seinem versteckten | |
Sendeplatz lange Zeit hatte, sich auszuprobieren. Und daran, dass Eppert | |
anders Fernsehen macht, als die anderen Jungen: weniger Krawall, weniger | |
Schreihals, dafür angenehm locker und echt. | |
Eppert ist eher der nette Sozialarbeiter als der knallharte Journalist. So | |
jung ist er mittlerweile auch gar nicht mehr, aber mit 42 Jahren gehört man | |
beim ZDF eben immer noch zum Nachwuchs – und so gibt er sich auch. Er redet | |
gern und viel, sagt „ey“ und „krass“ und „ich will wissen, was so abg… | |
ist aber ganz freundlich und zugewandt – auch bei seinen Protagonisten. Er | |
begegnet ihnen unvoreingenommen und neugierig. Schwierige Zusammenhänge | |
bricht er auf leichte Fragen herunter. „Ich will wirklich verstehen. Dafür | |
muss man nicht immer die ganz große Show machen. Die interessantesten | |
Geschichten sind vor der Haustür.“ | |
Zum Journalismus kam er während seines VWL-Studiums in London, Ende der | |
1990er Jahre. Er schrieb Texte für einen Online-Reiseführer, ging zum ZDF, | |
als Redakteur im In- und Ausland. Ein ZDFneo-Redakteur fragte ihn | |
schließlich, ob er sich auch vorstellen könne, vor der Kamera zu stehen. | |
Zusammen entwickelten sie „Herr Eppert sucht“. „Am Anfang war das sehr | |
aufwendig, wir hatten keine Ahnung, wie viel Material wir brauchen. Also | |
lief die Kamera ständig mit“, sagt er. Heute sei er gelassener, aber immer | |
noch Perfektionist. Das heißt: Eine Folge, von der Entwicklung bis zur | |
Fertigstellung dauert etwa sechs Monate. Eppert führt keine Vorgespräche | |
mit den Protagonisten, sondern lernt sie erst beim Dreh kennen. Das ist | |
ungewöhnlich im Fernsehgeschäft. Eppert ist es wichtig, damit die Gespräche | |
wirklich authentisch sind. | |
Für die Sexismussendung trifft er Skaterjungs und -mädchen, Managerinnen in | |
ihrem Büro, läuft mit einem schwulen Paar, das zwei Kinder erzieht, durch | |
die Straßen und begleitet Frauen, die ein feministisches Pornoheft machen, | |
zum Dreh. Dabei sein ist Epperts Konzept. Da macht es auch nichts, wenn das | |
Bild zu hell ist, die Geräusche im Hintergrund zu laut sind oder die | |
Hauptperson unscharf ist. | |
Seine Rolle als Reporter vergleicht er mit der, die er als Sanitäter im | |
Zivildienst hatte: „Ich hab einen professionellen Panzer um mich herum. Es | |
gibt selten Situationen, die mich aus dem Konzept bringen.“ Außer beim Dreh | |
in einem Kinderhospiz für die Sendung zum Thema das Böse. „Als mir ein | |
Mädchen von ihrem Tumor im Kopf erzählt hat, da war es vorbei.“ Eppert hat | |
selbst zwei Töchter. | |
## Kein festes Format | |
Im vergangenen Jahr war die Sendung für den Grimme Preis nominiert, in der | |
Kategorie Unterhaltung. „Die Sendung ist vielleicht unterhaltend, aber sie | |
ist keine reine Unterhaltung. Sie ist ja auch Information, aber auch nicht | |
nur.“ Eppert will Geschichten erzählen – und die können auch mal scheiter… | |
In den Folgen zum Thema Sucht, die noch in der Mediathek zu sehen sind, | |
versucht er 24 Stunden lang die Exalkoholikerin Jenny Elvers zu | |
interviewen. Elvers versetzt ihn, ist zickig und genervt. Eppert lässt die | |
Kamera laufen, am Ende sieht man ihm seinen Frust an. Am nächsten Tag | |
klappt das Interview dann doch – mit einer ganz handzahmen Jenny Elvers. | |
Die heutige Folge ist die letzte ihrer Art. Eppert steht mittlerweile mehr | |
hinter der Kamera, in seiner eigenen Produktionsfirma. Er möchte neue | |
Formate entwickelt und mal wieder im Ausland drehen. Herr Eppert hat noch | |
viel vor. | |
7 May 2015 | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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