# taz.de -- Die Wahrheit: Hefte in Leinenschuhen | |
> Eine ausschweifende Nicht-Rezension über Hubert Burdas biografische | |
> Revolutionsnotizen und des Münchner Verlegers Hang zum Geldverbrennen. | |
Bild: Der Verleger, der gar nicht gern über Sex spricht: Hubert Burda. | |
Ich möchte im Folgenden Hubert Burdas neues Buch „Notizen zur digitalen | |
Revolution 1990–2015“ rezensieren, muss allerdings gleich vorausschicken, | |
dass ich dieses Buch nicht gelesen habe. Hubert Burda ist dadurch berühmt | |
geworden, dass er, wie jeder gute Verleger, einen Haufen Geld verbrannt | |
hat. Schon 1969/1970 hatte Burda mit der Gründung des Männermagazins M | |
zwölf Millionen Mark in den Sand gesetzt. Das Cover der ersten Ausgabe von | |
M warb mit folgenden Themen: „Sex: Die Superfrau“. „Karriere: Der Cheftyp… | |
„Sport: Die Drecksau“. Damals interessierte das seltsamerweise niemanden. | |
Nicht jeder gute Verleger allerdings hat das Geldverbrennen zusammen mit | |
Künstlern zelebriert. Ein Künstler, mit dem Burda sich schon früh umgab, | |
ist Peter Handke. Als Burda die „Tatort“-Kommissarin Maria Furtwängler | |
heiratete, war Handke sogar sein Trauzeuge. Das ist umso erstaunlicher, als | |
Burda für seine guten und Handke für seine schlechten Manieren bekannt ist. | |
Für beides lieferte der Spiegel einen Nachweis. Er war live dabei, als | |
Burda anlässlich des 603. Todestags von Petrarca edlerweise den | |
Petrarca-Preis stiftete. In einer packenden Spiegel-Reportage ist | |
nachzulesen, wie es nicht zu einer ordentlichen Laudatio des Jurors Peter | |
Handke auf den Petrarca-Preis-Träger Herbert Achternbusch kam. | |
Der schlecht erzogene Handke hatte nämlich einen Gast mit folgendem krassem | |
Schimpfausdruck belegt: „Du Bayer!“ Daraufhin hatte Achternbusch Handke als | |
„Limonadenkopf“ bezeichnet. Aber es wurde noch schlimmer. Wie der Spiegel | |
berichtete: „Als Hubert Burda Achternbusch den Scheck mit dem Preisgeld von | |
20.000 Mark überreichte, höhnte Achternbusch: ’Da schau, was ich mit deim | |
Scheißgeld mach‘, und verbrannte das Papier.“ Hubert Burda verkündete | |
hierauf, das Geld Herbert Achternbusch einfach ein paar Monate später geben | |
zu wollen. Der Spiegel indes war derart ignorant, dass er Hubert Burda | |
„Herbert Burda“ nannte. | |
Aber zurück zu Hubert Burdas neuem Buch. Wenn man sich auf [1][amazon.de] | |
die Pressestimmen dazu anzeigen lässt, stößt man auf eine von Andrian Kreye | |
verfasste Kritik. Darin heißt es: „Hubert Burda hat jetzt seine Notizbücher | |
durchgesehen … Über 700 Oktavheftchen hatte er bei sich zu Hause in | |
Leinenschuhen aufbewahrt.“ So steht es bei Amazon, und diese Stelle kommt | |
wohl nur jenen nicht merkwürdig vor, die selber 700 Oktavheftchen bei sich | |
zu Hause in Leinenschuhen aufbewahren. | |
## Merke, Amazon! | |
Es versteht sich von selbst, dass man sich auf Amazon nicht verlassen darf, | |
sondern dass man in der Süddeutschen Zeitung nachschlagen muss, was Andrian | |
Kreye denn nun tatsächlich geschrieben hat. Und siehe da, in der SZ stand | |
überhaupt nichts von Leinenschuhen, sondern es stand dort etwas völlig | |
anderes: „Über 700 Oktavheftchen hatte er bei sich zu Hause in | |
Leinenschubern aufbewahrt.“ Merke, Amazon: Leinenschuber sind etwas anderes | |
als Leinenschuhe! | |
Revolutionär ist, dass das Buch „Notizen zur digitalen Revolution | |
1990–2015“ im Jahr 2014 erschienen ist, gemäß seinem Titel aber bereits | |
Notizen aus 2015 enthält. Herausgekommen ist es, kurz vor Hubert Burdas 75. | |
Geburtstag, im Petrarca Verlag. Dort hat Judith Betzler zu Hubert Burdas | |
60. Geburtstag eine Festschrift herausgegeben, Rainer Braxmaier hat im | |
Petrarca Verlag zu Hubert Burdas 65. Geburtstag einen Band veröffentlicht, | |
und Michael Krüger hat zusammen mit Stephan Sattler im Petrarca Verlag zu | |
Hubert Burdas 70. Geburtstag eine Festschrift herausgegeben. | |
Stephan Sattler, muss man wissen, ist der Mann, den die Zeitschrift Cicero | |
in einem Hubert-Burda-Porträt als Vorspeisenverteiler beim Lunch | |
darstellte. In diesem Porträt war schließlich zu erfahren: „Burda wacht um | |
vier Uhr auf. Noch im Bett diktiert er seine Traumsequenzen ins digitale | |
Aufnahmegerät – bis ihn Ehefrau Maria Furtwängler aus dem Schlafzimmer | |
scheucht. Am liebsten diktiert Burda Aphorismen wie: ’Entlastend oder | |
belastend: Sex im Internet.‘“ | |
Sex spielte in den Publikationen des Burda-Verlags bereits im prädigitalen | |
Zeitalter eine Rolle, nicht nur in der Zeitschrift M, sondern auch bei | |
Super! Doch im Interview mit dem SZ-Magazin erklärte Hubert Burda | |
kategorisch: „Über Super! rede ich nicht.“ Er sagt dies natürlich erst na… | |
seiner ausführlichen Erläuterung, warum er 1991/1992 mit der Gründung der | |
Zeitschrift Super! immerhin siebzig Millionen Mark verbrannt hat. Wie sagt | |
der Lateiner? Wenn du schweigst, bleibst du Philosoph. | |
Es ist also verständlich, dass Hubert Burda nicht über die Zeitschrift | |
Super! sprechen will. Es ist ebenso verständlich, warum ich nicht über | |
Hubert Burdas neues Buch sprechen will. Literaturkritiker werden ja nicht | |
dafür bezahlt, dass sie Bücher lesen, sondern ganz konkret dafür, dass sie | |
Artikel schreiben. Das ist eigentlich logisch, und es gibt in diesem Punkt, | |
bei aller Liebe zu Pluralismus und Gedöns, überhaupt nichts zu diskutieren. | |
11 May 2015 | |
## LINKS | |
[1] http://amazon.de | |
## AUTOREN | |
Joseph Wälzholz | |
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