# taz.de -- Museumstag: „Wir wollen uns zurücknehmen“ | |
> Anlässlich des Internationalen Museumstags öffnen die Berliner Freimaurer | |
> ihren Tempel. Zwei Logenbrüder im Gespräch. | |
Bild: Rekonstruiertes Fayence-Schälchen aus dem 16. Jahrhundert., | |
taz: Herr Popitz, eine der vier Freimaurertugenden ist ja die | |
Verschwiegenheit. Ist es da nicht widersprüchlich, dass Sie Ihr Haus am | |
Sonntag für BesucherInnen öffnen? | |
Elmar Popitz: Die Verschwiegenheit ist in der Tat eine der Tugenden der | |
Freimaurerei. Sie wird aber in zweierlei Hinsicht geübt. Zum einen treffen | |
wir uns zu internen Zusammenkünften. Darüber soll der einzelne Logenbruder | |
nichts berichten. Vor allem weil es wichtig ist, dass derjenige, der dieses | |
Ritual zum ersten Mal übt, es unvoreingenommen erleben kann und dadurch ein | |
Initiationserlebnis hat. Zum anderen würde ich Verschwiegenheit als | |
Gegenteil von Geschwätzigkeit sehen. Der Logenbruder soll sich zurücknehmen | |
und überlegen, was er sagt – und nicht so, wie es in der heutigen Zeit | |
üblich ist, geschwätzig durch die Welt ziehen. | |
Von „dem Ritual“, das Sie gerade angesprochen haben, ist oft die Rede, wenn | |
es um Freimaurerei geht. Werden Sie diesbezüglich am Sonntag ein paar | |
Geheimnisse lüften? | |
Popitz: Nein, das Ritual machen wir nicht öffentlich – aber wir werden den | |
Besuchern einen Einblick in unseren wichtigsten Tempel gewähren. Das ist | |
immerhin der Ort, an dem wir das Ritual durchführen. | |
Von manchen Brüdern wird das Ritual auch als eine Art „abendländisches | |
Yoga“ bezeichnet. Was hat es damit auf sich? | |
Popitz: Das ist ein sehr schöner Ausdruck. Wir leben alle in einer | |
hektischen Welt. Die Logenbrüder kommen aus ihren Berufen, finden sich hier | |
zusammen. Das Ritual soll dazu dienen, dass man zur Ruhe kommt, seinen | |
Geist und sein Herz öffnet. | |
Mit Erstaunen habe ich auf Ihrer Internetseite Folgendes gelesen: „Sollten | |
Sie an einer Kontaktaufnahme zu Ihrer örtlichen Loge interessiert sein, | |
helfen wir Ihnen gerne weiter.“ Das klingt nicht gerade exklusiv. Was | |
müsste ich denn nun tun, um Freimaurer zu werden? | |
Popitz: Zum Beispiel so vorgehen, wie es dort geschrieben steht. Oder mit | |
einem Logenmitglied Kontakt aufnehmen. Man braucht heute keinen Bürgen | |
mehr, der einen an eine Loge heranführt – die Zeiten haben sich geändert, | |
glücklicherweise. Also: Sie können per E-Mail oder telefonisch Kontakt mit | |
uns aufnehmen, wenn Sie Logenbruder werden möchten – aber auch ein Tag wie | |
der Internationale Museumstag ist eine günstige Gelegenheit. | |
Aber wie die norwegischen Logen die Namen aller Mitglieder im Internet | |
veröffentlichen, das käme für Sie nicht infrage? | |
Popitz: Nein, das kommt für uns nicht infrage. Da müssten wir ja vorher | |
erst einmal alle Mitglieder fragen. | |
Mathias Lindemann: Das ist auch nicht zielführend. Wir reden über 15.000 | |
Menschen. Was die tun und machen, ist nicht entscheidend für die BRD. | |
Und für Berlin? Gibt oder gab es denn auch einflussreiche Brüder in Berlin, | |
die unseren LeserInnen eventuell bekannt sein könnten? | |
Popitz: Bekannte Berliner Brüder? Hm … | |
Lindemann: Es gibt einen Bruder, auf den ich nicht stolz bin – der sitzt | |
schräg gegenüber von Ihnen, von der taz. | |
Popitz: Axel Springer war eine bedeutende Persönlichkeit in unserem Land | |
und hat sicherlich auf seine Weise versucht, unsere Gesellschaft | |
voranzubringen. | |
Lindemann: Aber auf eine sehr reaktionäre Art und Weise. | |
Popitz: Das bitte ich rauszunehmen. Wir wollen uns hier nicht politisch | |
äußern. | |
Aber das ist doch gerade ein interessanter Streit zwischen zwei | |
Logenbrüdern. Würden Sie sagen, dass Bruder Axel Springer im Sinne der | |
Freimaurertugend der Barmherzigkeit gewirkt hat? | |
Popitz: Das ist in der Rückschau sicherlich nicht ganz einfach zu | |
beurteilen. Möglicherweise dachte er selbst, dass er genau das tut. | |
Lindemann: Es geht ja bei der Freimaurerei um eine relative, nicht um eine | |
absolute Veränderung der Persönlichkeit. | |
Popitz: Der Einzelne, ganz egal, wie seine Persönlichkeit strukturiert ist, | |
soll versuchen, ein Stück besser zu werden. Insofern tun wir uns schon | |
schwer damit, wenn es Brüder gibt, die in der profanen Welt doch sehr | |
strikt vorgehen. | |
Und wie reagieren Sie, wenn ein Bruder so handelt? Droht ihm der Rauswurf | |
aus der Loge? | |
Popitz: Nur wenn strafrechtlich relevante Tatbestände vorliegen. Wir waren | |
beide nicht in der Loge von Axel Springer und wissen nicht, ob sie versucht | |
haben, Einfluss zu nehmen. Aber es stünde uns nicht gut zu Gesicht, den | |
Stab über ihn zu brechen. | |
16 May 2015 | |
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