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# taz.de -- Linke in Europa: Reformkraft oder Verräterpartei?
> Groß war der Jubel 2015 über den Wahlsieg von Syriza, rapide die
> Ernüchterung. Gilt Griechenland als Schaufenster für die europäische
> Linke?
Bild: Griechenlands Linke am Boden?
von [1][PASCAL BEUCKER] und [2][ANJA KRÜGER]
Blickt Giorgos Chondros darauf zurück, was in und mit Griechenland seit dem
Wahlsieg von Syriza Anfang 2015 geschehen ist, zitiert der Mitgründer des
Linksbündnisses gerne den antiken Historiker Thukydides. In dessen Werk
über den Peloponnesischen Krieg findet sich der legendäre „Melierdialog“.
Darin versuchen die Unterhändler der Hegemonialmacht Athen die Ratsherren
der unabhängigen Kykladeninsel Melos von einer freiwilligen Unterwerfung zu
überzeugen.
Doch die Melier wollen sich nicht unterwerfen: „Für uns bedeutet
Zurückweichen sofortige Hoffnungslosigkeit.“ Und sie warnen die Athener:
„Damit stärkt ihr doch nur eure bisherigen Feinde. Und die, die es nie
werden wollten, treibt ihr dazu, es gegen ihren Willen zu werden.“ Doch
egal welches gute Argument die Melier auch vorbringen, die Athener geben
sich unnachgiebig. Für sie allein zählt Macht. Was bleibt in einer solchen
Situation?
Vor dieser Frage stand aus Chondros’ Sicht die Syriza-Regierung bei ihren
Verhandlungen mit der Eurogruppe Mitte Juli 2015. Ob ihre Antwort die
richtige war, entzweit bis heute die Linke in Europa. Nur eine Woche nach
dem eindrucksvollen Oxi-Votum der griechischen Bevölkerung [3][beugte sich
Ministerpräsident Alexis Tsipras dem EU-Spardiktat]. Die Melier entschieden
sich im Jahr 416 vor unserer Zeitrechnung anders – und wurden militärisch
vernichtet.
## Verlorene Hoffnungen
Wie groß war der europaweite linke Jubel nach dem Wahlsieg von Syriza im
Januar 2015! Was wurde nicht, gerade in Deutschland, an verwegenen
Erwartungen auf Tsipras und seinen Finanzminister Yanis Varoufakis
projiziert, die es wagten, auf Konfrontationskurs zur ganzen Eurogruppe zu
gehen. Und wie schnell war es mit den wortreichen Solidaritätsbekundungen
vorbei, als sich der griechische David dem europäischen Goliath fügen
musste.
Die deutsche Linke verlor das Interesse an Griechenland – bis auf wenige
Ausnahmen wie die streitbare Sozialdemokratin Gesine Schwan. Im August 2018
hat Griechenland [4][den sogenannten Euro-Rettungsschirm verlassen].
Aber das Land steht weiter unter strikter Aufsicht der Geldgeber. Das
Schuldendesaster und die von europäischen Gläubigern diktierten
Kürzungsprogramme im Gegenzug für drei Kreditpakete haben Griechenland in
eine Krise gestürzt, die bis heute nicht bewältigt ist.
Die Syriza-Regierung von Tsipras amtiert zwar immer noch. In den Umfragen
liegt sie bei um die 25 Prozent – immer noch deutlich vor jeder anderen
Partei links der Sozialdemokratie in Europa. Doch die Hoffnungen, die viele
mit dem Amtsantritt Tsipras’ verbanden, sind verloren gegangen.
Varoufakis gehört heute zu einem seiner schärfsten Kritiker. Bei der
Europawahl im Mai und der griechischen Parlamentswahl, ebenfalls in diesem
Jahr, [5][tritt er mit einer von ihm gegründeten Konkurrenzpartei an]. „Wir
waren überzeugt davon, dass sich um Syriza eine starke europäische Linke
aufbauen würde, die mehr bewegt, als sie bisher bewegen konnte“, resümiert
Syriza-Mann Giorgos Chondros. „Danach sieht es momentan leider nicht aus.“
➡ [6][Auf dem taz lab] sprechen Gesine Schwan, Giorgos Chondros und der
live aus Lesbos zugeschaltete Yanis Varoufakis über Niederlagen und die
Zukunft Griechenlands.
10 Feb 2019
## LINKS
[1] /!a54/
[2] /Anja-Krueger/!a7047/target=
[3] /Debatte-Griechenland-unter-Spardiktat/!5525538/
[4] /Griechenland-verlaesst-EU-Hilfsprogramme/!5525874/
[5] /!5548659/
[6] /programm/2019/HeimatEuropa/de/schedule/all.html
## AUTOREN
Pascal Beucker
Anja Krüger
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