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# taz.de -- Nach dem Tempelhof-Volksentscheid: Flughafen soll Filmstudio werden
> Nach dem Nein der Berliner zum Weiterbetrieb des Flughafens Tempelhof
> sucht die Stadt Mieter für das Gebäude - Deutschlands größtes Filmstudio
> ist interessiert.
Bild: Bis zu einem Drittel des Flughafenareals soll für Filmproduktionen genut…
Klaus Wowereit wirkte, als sei er um zwei Zentimeter gewachsen. Als Berlins
Regierender Bürgermeister am Montag vor der Presse seine Sicht auf den
gescheiterten Volksentscheid darlegte, schwangen in seinen Worten
Genugtuung und Erleichterung mit. Es ist noch einmal gut gegangen für
Deutschlands einzige rot-rote Landesregierung.
Zwar habe er Verständnis für die 21,7 Prozent der Berliner
Wahlberechtigten, die am Sonntag in Berlins erstem Volksentscheid für die
Offenhaltung des innerstädtischen Flughafens Tempelhof stimmten. Damit sei
jedoch das Quorum von 25 Prozent verfehlt worden. In Richtung des
CDU-Fraktionschefs und Kampagnen-Frontmanns Friedbert Pflüger sagte
Wowereit: "Wer heute aufgrund des Abstimmungsergebnisses davon redet, dass
die Mehrheit der Berliner für die Offenhaltung von Tempelhof gestimmt hat,
verdreht unleugbar die Tatsachen." Nun müssten sich die Unterlegenen an das
Resultat halten. Pflüger hält sich zugute, dass rund 60 Prozent der Wähler
für die Offenhaltung stimmten, nur rund 40 Prozent für die geplante
Schließung zum 31. Oktober.
Wowereit verteidigte die heftig befeindete Haltung des Senats, den Airport
in jedem Fall dichtzumachen, um erneute Klagen gegen den geplanten
Großflughafen im brandenburgischen Schönefeld zu verhindern. Die
Verfassungsänderung von 2006 sehe nun mal vor, dass das Ergebnis des
Volksentscheids in dieser Frage "keine rechtliche Bindungswirkung" habe.
Das letzte Wort habe daher die Landesregierung. "Undemokratisch" findet der
SPD-Mann seine Position daher nicht. Vertreter von CDU und FDP hatten ihm
vor der Abstimmung vorgeworfen, den Volkswillen zu ignorieren.
Nun will Wowereit angehen, was der Senat bislang öffentlich kaum
thematisiert hat: die künftige Nutzung des gewaltigen Flughafengebäudes und
des 386 Hektar großen Areals. Für den Bau, der teilweise seit über 60
Jahren im Rohzustand verharrt, gibt es einen hochkarätigen Interessenten.
Die Studio Babelsberg AG will den Flughafen Tempelhof zu einem Filmstandort
entwickeln. Nach dem gescheiterten Volksentscheid zur Offenhaltung des
Airports bekräftigte Vorstandschef Carl Woebcken den ernsthaften Willen
seines Unternehmens, das Flughafen-Areal zum dritten Filmstandort der
Hauptstadtregion neben Babelsberg und Adlershof zu machen. Studio
Babelsberg will frühere Flugzeughangars zu Filmateliers umbauen, da das
Babelsberger Gelände aus den Nähten platzt. Zwischen 20 und 30 Prozent des
Flughafenareals sollten für Filmproduktionen genutzt werden, sagte
Woebcken. Zugleich solle dort Europas größter Requisiten- und Kostümfundus
entstehen. Außerdem sei eine "Begegnungsstätte für die Bevölkerung"
geplant, die der Tradition des Flughafens gerecht werde.
In dieselbe Kerbe schlug Wowereit. "Ich erkenne die emotionale Bindung
vieler, vor allem im ehemaligen Westteil der Stadt", sagte der Regierende.
Die CDU-geführten Schließungsgegner hatten argumentiert, das Symbol der
Luftbrücke von 1948 und 49 dürfe nicht verloren gehen. Künftig soll ein
Museum die "wechselvolle Geschichte des Gebäudes" beleuchten.
Einen Seitenhieb konnte sich Wowereit auch am Tag seines Triumphs nicht
verkneifen. Fälschlicherweise hätten die Befürworter des Flugbetriebs
behauptet: Wer gegen den Weiterbetrieb des Flughafens sei, könne am
Abstimmungstag zu Hause bleiben. Kurzerhand übernahm Wowereit diese
Argumentation. Wenn das so sei, dann hätten 530.000 Wähler mit Ja gestimmt
- aber "1,9 Millionen Wähler mit Nein".
29 Apr 2008
## AUTOREN
Matthias Lohre
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