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# taz.de -- Sanktionen gegen Russland: Der neue kalte Krieg wird teuer
> Sanktionen gegen Russland zeigen unerwünschte Folgen im Westen, räumt die
> EU-Kommission ein. Russlands Wirtschaft gerät tiefer in die Krise.
Bild: Supermarkt in Moskau: Westliche Produkte werden selten.
BRÜSSEL taz | Die westlichen Sanktionen gegen Russland zeigen Wirkung –
allerdings auch unerwünschte. Während sich in vielen Supermärkten rund um
Moskau langsam die Regale leeren, könnte der Handelskrieg einige EU-Länder
zurück in die Rezession treiben. Dies geht aus neuen Schätzungen der
EU-Kommission hervor. Hohe Kosten drohen der EU auch im Gasstreit zwischen
Russland und der Ukraine.
Nach den bisher [1][geheim gehaltenen Schätzungen], über die das Wall
Street Journal berichtet, dürften die Sanktionen das Wirtschaftswachstum in
der EU in diesem und im kommenden Jahr um 0,2 oder um 0,3 Prozentpunkte
dämpfen. Für Länder wie Italien oder Frankreich, die bereits jetzt große
Konjunktursorgen haben, könnte dies einen Rückfall in die Rezession
bedeuten.
Allerdings sei Russland weit stärker betroffen, so die EU-Kommission: Dort
soll das Wachstum 2015 um 1,1 Prozentpunkte abschmieren. Im laufenden Jahr
sollen die Sanktionen einen Rückgang um 0,6 Punkte bewirken. Allerdings
leide Russland zudem unter dem Verfall des Ölpreises, so die Brüsseler
Behörde. Die genaue Wirkung der Strafmaßnahmen lasse sich daher nicht
beziffern.
Fest steht, dass die Sanktionen ihrer Hauptziel bisher verfehlt haben –
Russlands Präsident Wladimir Putin im Konflikt um die Ukraine zum Rückzug
zu bewegen. Putin bleibt stur bei seiner Linie: Die brüchige Waffenruhe in
der Ukraine sei ein Anfang, nun müsse sich der Westen bewegen.
## Embargo trifft vor allem Verbraucher
Doch der EU reicht das nicht. Sie beschloss daher am Dienstag, die
Sanktionen zu verlängern. Durch die Strafmaßnahmen, die zuletzt im
September verschärft worden waren, werden viele russische Banken und
Konzerne vom westlichen Markt ausgeschlossen.
Im Gegenzug hat Putin ein Embargo gegen europäische Agrarprodukte verhängt.
Die Ironie der Geschichte: Das Embargo trifft vor allem die russischen
Verbraucher, die Sanktionen schaden auch westlichen Firmen. Die russischen
Medien beschönigten die Lage, kritisiert die Bloggerin Eva Mala, die auf
Facebook die Folgen des russischen Einfuhrstopps beschreibt.
Besonders betroffen sei das Angebot von frischem Fleisch, Brot, Käse und
manchen Obst- und Gemüsesorten. „Unglaublich! Wir haben frischen Brokkoli
gefunden“, meldete sie am 24. Oktober. Wer ihren Blog liest, wird
allerdings auch feststellen, dass in Russland noch keine Not herrscht.
Schwer getroffen hat der Handelskrieg hingegen viele deutsche Firmen. Die
Exporte nach Russland sind zwischen Januar und August um 16,6 Prozent auf
20,3 Milliarden Euro gesunken. Für das Jahr 2014 sollen sich die Verluste
auf Exporte im Wert von 7 Milliarden Euro belaufen. Relativ wenig im
Vergleich zu einem Gesamtvolumen der deutschen Exporte von in diesem Jahr
wahrscheinlich etwa 1 Billion Euro. Dennoch leidet die Stimmung. Der
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft warnt schon, dass 60.000 Jobs im
Land gefährdet sein könnten.
## Gasstreit wird zur Belastung
Bisher hatte die EU immer behauptet, die Sanktionen würden nur die
russische Wirtschaft treffen. Doch nicht nur diese Einschätzung wird nun in
Brüssel scheibchenweise revidiert. Auch die Hoffnung, wenigstens beim
Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine ungeschoren davonzukommen,
zerrinnt. Zwar meldete die EU-Kommission am Donnerstag, eine Einigung sei
in Reichweite.
Am Abend wollte Noch-Energiekommissar Günther Oettinger (am 1. November
übernimmt er das Digitalressort) eine neue, womöglich letzte
Verhandlungsrunde leiten. Noch vor Ende der Gespräche zeichnete sich jedoch
ab, dass auf die EU ein Großteil der Zeche zukommt.
Nach Angaben aus Brüssel hat die Ukraine zugesagt, bis Ende des Monats 1,45
Milliarden Dollar und bis Ende des Jahres dann noch einmal 1,65 Milliarden
Dollar zu zahlen. Das Geld reicht jedoch nicht aus, um über den Winter zu
kommen. Außerdem fordert Russland Garantien von der EU. Insgesamt könnten
die Europäer bis zu 2 Milliarden Euro vorstrecken – so viel hat Kiew
angefragt.
30 Oct 2014
## LINKS
[1] http://www.wsj.de/nachrichten/SB11912131382502414519004580244272497290764?m…
## AUTOREN
Eric Bonse
## TAGS
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