Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Streit in der „Spiegel“-Redaktion: Der Fuchs im Hühnerstall
> Viele Mitarbeiter des „Spiegels“ rebellieren gegen die Verpflichtung von
> „Bild“-Mann Nikolaus Blome als Vize. Die Ablehnung ist jedoch nicht
> einhellig.
Bild: Der neue Chefredakteur des „Spiegels“, Wolfgang Büchner, steht schon…
BERLIN taz | Es ist mal wieder ein Scoop für den Spiegel – aber einer, auf
den große Teile der Redaktion lieber verzichtet hätten: Ihr neuer Chef
Wolfgang Büchner macht den bisherigen Bild-Vize Nikolaus Blome zu seinem
Stellvertreter und Leiter des Hauptstadtbüros – noch vor Büchners
Amtsantritt am 1. September, und ohne die Anteilseigner des
Nachrichtenmagazins darüber informiert zu haben. Auch der bisherige
Hauptstadtbüroleiter Konstantin von Hammerstein erfuhr davon über Gerüchte.
„Ich halte das für eine verfehlte Personalentscheidung“, sagte Franziska
Augstein der taz und geht damit in Opposition zu ihrem Bruder Jakob, der
die Erbengemeinschaft von Spiegel-Gründer Rudolf Augstein in der
Gesellschafterversammlung vertritt. „Gute Leute bekommen immer Gegenwind“,
verteidigte Jakob Augstein gegenüber dem Branchendienst Meedia seinen
Talk-Kollegen. Gemeinsam diskutieren sie in „Augstein und Blome“ beim
TV-Sender Phoenix das Thema der Woche.
„Einen Mann von der Bild-Zeitung, die die NSA-Affäre heruntergespielt hat,
zum stellvertretenden Chefredakteur des Spiegels zu machen, der sich in der
Aufklärung ebendieser Affäre profiliert hat, halte ich für indiskutabel“,
sagte Franziska Augstein. Damit hole man „den Fuchs in den Hühnerstall“.
Dort, im Hamburger Verlagshaus an der Ericusspitze, ist man derzeit vollauf
damit beschäftigt, eine Sondersitzung der Gesellschafterversammlung der
Mitarbeiter KG, die bisher eine offizielle Stellungnahme ablehnt,
einzuberufen. Sie hält 50,5 Prozent der Verlagsanteile. Die 100 für einen
entsprechenden Antrag nötigen Unterschriften kamen bis Mittwochmittag
zusammen. Mit der eigenmächtigen Stellvertreterwahl Büchners sehen sie ihr
Mitbestimmungsrecht verletzt.
Insider sprechen jedoch von einer „Grauzone“: Seit Jahrzehnten ist
ungeklärt, ob laut Spiegel-Satzung auch die Ernennung von stellvertretenden
Chefredakteuren zustimmungspflichtig ist. Die Frage stellte sich lange
schlicht nicht, weil das Heft von Doppelspitzen geleitet wurde.
## Motive bleiben unklar
Die Ablehnung Blomes in der Redaktion ist jedoch keineswegs einhellig. Wer
unterschrieben hat, will also nicht unbedingt Blome als Spiegel-Vize
verhindern, viele leitet nur das Interesse an einer Aufklärung des Vorgangs
und die Sorge um den Betriebsfrieden. Selbst altgediente Spiegel-Leute
können sich nicht an einen vergleichbaren Tumult im Haus erinnern.
Rätselhaft bleiben die Motive Büchners für diesen Kamikazekurs. Ein
Teilnehmer berichtet von dessen gehetztem 20-minütigen Kurzauftritt bei der
Ressortleiterrunde am Mittwoch, wo er die Personalie offiziell verkündete.
Nach einer vom Blatt abgelesenen 5-Minuten-Erklärung habe er zum Entsetzen
aller Anwesenden keine der gestellten Fragen zu Büchners Vorstellungen von
der künftigen Politikberichterstattung aus Berlin und der Inkompatibilität
Blomes mit dem Spiegel befriedigend beantwortet. Ahnungslos und
unvorbereitet habe Büchner gewirkt. Für eine Stellungnahme war er am
Donnerstag nicht erreichbar.
Auch die Rolle von Geschäftsführer Ove Saffe ist ungeklärt: Ein Vertrag mit
Blome kann nicht ohne sein Wissen und seine Zustimmung geschlossen worden
sein. Dass der Geschäftsführer der Überzeugung ist, dass er das gegen den
Willen oder über den Kopf der stillen Gesellschafter hinweg entscheiden
kann, irritiert nicht wenige beim Spiegel. Wessen Interessen wahrt Saffe?
Der Spiegel zeigt in dieser Abwehrschlacht derzeit jedenfalls, was vielen
Lesern zuletzt fehlte: Opposition. Wie weit die geht, ist noch offen. Es
wird aber nicht unwahrscheinlicher, dass Wolfgang Büchners erster Scoop als
Spiegel-Chefredakteur auch schon sein letzter gewesen ist.
22 Aug 2013
## AUTOREN
David Denk
## TAGS
Der Spiegel
Spiegel Verlag
Wolfgang Büchner
Nikolaus Blome
Medien
Nikolaus Blome
Spiegel
Der Spiegel
Medien
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kommentar „Spiegel“-Redaktion: Unbedingt abwehrbereit
Das „Sturmgeschütz der Demokratie“, das Hamburger Nachrichtenmagazin
„Spiegel“, sorgt selbst für Schlagzeilen. Wie konnte das passieren?
Aufstand beim „Spiegel“: Ressortchefs gegen Blome
Die „Spiegel“-Ressortleiter stellen sich einstimmig gegen „Bild“-Mann B…
als Vize von Wolfgang Büchner. Dieser legt sich weiter für Blome ins Zeug.
Richtungsstreit beim „Spiegel“: Vertrauensfrage vor Amtsantritt
Der künftige Chefredakteur Büchner steht mit dem Rücken zur Wand: Die
Mitarbeiter kämpfen gegen die Ernennung des „Bild“-Journalisten Nikolaus
Blome zum Vize-Chef.
Vize-Chef der „Bild“ wechselt den Job: Blome geht zum „Spiegel“
Nikolaus Blome, bisher stellvertretender Chef der „Bild“-Zeitung übernimmt
denselben Posten beim „Spiegel“. Zudem verantwortet er die
Berlin-Redaktion.
was fehlt ...: … softe Spiegeltitel
Der kommende „Spiegel”-Chefredakteur kündigt schonmal an, was es mit ihm
nicht geben wird: Gesundheitsthemen auf dem Cover. Das finden nicht alle
gut …
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.