# taz.de -- Zum Tod von Benazir Bhutto: Ein Leben als Tragödie | |
> Benazir Bhutto war eine prägende Figur der pakistanischen Politik - und | |
> die erste weibliche Regierungschefin in einem islamischen Staat. | |
Bild: Umstrittener Schmusekurs mit Präsident Musharraf: Benazir Bhutto | |
Umstritten war Benazir (dt. die "Unvergleichliche") Bhutto schon immer. | |
Während ihrer beiden Amtszeiten als Premierministerin Pakistans (von 1988 | |
bis 1990 und 1993 bis 1996) hing ihr der Ruf an, in die Tasche ihres | |
Familienclans gewirtschaftet zu haben. Ihrem Mann Ali Asif Zardari gaben | |
die Pakistanis den ironischen Spitznamen "Mister Ten Percent". Es war ein | |
offenes Geheimnis, dass Zardari sich bei Staatsaufträgen stets zehn Prozent | |
Provision auf das eigene Konto überwiesen hatte. | |
Umstritten war in jüngster Zeit Bhuttos Schmusekurs mit Präsident | |
Musharraf. Dass sie einen politischen Deal eingehen würde und sich zur | |
Premierministerin wählen lassen würde, während Musharraf im Gegenzug vom | |
Posten des Armeechefs zurücktritt, galt als ausgemacht. Vermutlich deswegen | |
hatte sie erst vor einigen Tagen die Bemühungen der Opposition um einen | |
geschlossenen Wahlboykott mit ihrer Absage zunichte gemacht. | |
Bekannt war die Politikerin für ihren Ehrgeiz. Sie hatte in Harvard und in | |
Oxford Politische Wissenschaften und Geschichte studiert. Eigentlich wollte | |
sie Diplomatin werden. Doch dann kam es anders. Nur eine Woche nach ihrer | |
Rückkehr nach Pakistan wurde ihr Vater Zulfikar Ali Bhutto von General Zia | |
ul-Haq aus dem Amt geputscht; Benazir und ihre Mutter wurden unter | |
Hausarrest gestellt. Nachdem ihr Vater zwei Jahre später nach einem | |
fingierten Verfahren zum Tode verurteilt und hingerichtet wurde, wurde | |
Benazir Bhutto zur neuen Parteichefin. Sie organisierte den Widerstand | |
gegen das Militärregime. | |
Der plötzliche Tod des Staatschefs Zia bei einem Flugzeugabsturz 1988 | |
veränderte die politische Lage in Pakistan grundlegend. Interimspräsident | |
Ishaq Khan hielt an dem Wahlversprechen von General Zia fest, und im | |
November 1988 fanden allgemeine Wahlen statt. Bhuttos Volkspartei erhielt | |
die überwältigende Mehrheit der Stimmen. Nach einigem Zögern berief | |
Präsident Khan Bhutto Ende 1988 zur Ministerpräsidentin. Die ehrgeizige | |
Politikerin war an ihrem Ziel. | |
Sie war die erste weibliche Regierungschefin in einem islamischen Staat. | |
Wegen ihres zögerlichen Regierungsstils wurde sie jedoch schnell | |
kritisiert. Sie hatte kein ausgearbeitetes Programm, sondern war mit | |
populistischen Parolen auf Wählerfang gegangen. Wohl auch auf Drängen des | |
Militärs, setzte Präsident Ishaq Kahn Bhuttos Regierung nach weniger als | |
zwei Jahren ab. Der Vorwurf lautete auf Korruption und Amtsmissbrauch. | |
Gegen Bhutto wurde ein Prozess eingeleitet, ihr Rivale Nawaz Sharif errang | |
im Oktober 1990 die absolute Mehrheit. Drei Jahre später kam sie wieder an | |
die Macht, doch wieder enttäuschte sie die Erwartungen ihrer Wähler. | |
Dennoch wäre sie Umfragen zufolge aus den Wahlen am 8. Januar vermutlich | |
als Siegerin hervorgegangen, denn ihr Hauptgegner Nawaz Sharif darf nicht | |
antreten. In Washington dürften die Sorgen nun groß sein. Eine so | |
US-freundliche Spitzenpolitikerin wird sich so schnell in Pakistan nicht | |
auftreiben lassen. | |
28 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zaristal | |
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