# taz.de -- Kommentar Bhutto-Attentat: Ein Schock, aber kein Umsturz | |
> Nach dem Tod Benazir Bhuttos hat ihre Partei die Chance, sich aus dem | |
> feudalen Griff der Bhutto-Familie zu befreien - vorausgesetzt, sie | |
> zersplittert nicht. | |
Bild: Ein Mitarbeiter der Wahlkommission bei der Stellungnahme am Dienstag | |
Der gewaltsame Tod Benazir Bhuttos ist ein Schock. Mit dem | |
Selbstmordattentat auf die pakistanische Parteiführerin wurde eine der | |
hochrangigsten Persönlichkeiten ermordet, seit die Tamil Tigers aus Sri | |
Lanka 1991 Indiens Expremier Rajiv Gandhi und 1994 Sri Lankas | |
Oppositionsführer und Präsidentschaftskandidaten Gamini Dissanayake | |
umbrachten. | |
Verdächtige Nummer eins sind Pakistans Taliban, die sich gerade zu einer | |
Einheitsbewegung nach afghanischem Vorbild zusammengeschlossen haben. Schon | |
vor Bhuttos Rückkehr aus dem Exil im Oktober hatten sie Selbstmordattentate | |
auf sie angekündigt und dies am ersten Tag gleich wahr gemacht. Bhuttos | |
aufgebrachte Anhänger weisen nun dem Militär zumindest eine Mitschuld zu, | |
doch das geht wohl an den Tatsachen vorbei. Nüchtern besehen braucht | |
Pakistans Armee solche Mittel gar nicht. Zu sehr hatte Bhuttos Popularität | |
unter den schmutzigen Geschäften ihres korrupten Ehemannes Asef Zardari und | |
ihrem beinahe grenzenlosen Opportunismus gelitten, eine Machtteilung mit | |
dem Militärregime einzufädeln. Danach war es alles andere als klar, dass | |
ihre Partei PPP als strahlende Siegerin aus der Wahl hervorgehen würde. Der | |
inzwischen uniformlose Exdiktator Musharraf konnte sich auf ein | |
Parlamentspatt freuen, das ihm hinter den Kulissen freie Hand zur | |
politischen Manipulation gelassen hätte. Per offizielle Staatstrauer kann | |
der Wahltermin nun so weit verschoben werden, bis das zu erwartende | |
Sympathiehoch für die PPP wieder abklingt. Die PPP hat jetzt die Chance, | |
sich aus dem feudalen Griff der Bhutto-Familie zu befreien - vorausgesetzt, | |
sie zersplittert nicht. Ein offensichtlicher Nachfolger fehlt bisher. | |
Die Hauptbefürchtung aber - dass Pakistan nun den islamistischen | |
Fundamentalisten in die Hände fallen könnte - ist unbegründet. Das Land ist | |
größer als die paschtunischen Stammesgebiete mit Waziristan, in dem die | |
pakistanischen Taliban dominieren. Die Islamisten sind insgesamt nach wie | |
vor eine Minderheit im Land, ihr militant-terroristischer Flügel sogar nur | |
eine Randerscheinung, vor allem in Pakistans Zentralprovinz Punjab. Aber: | |
Pakistans Politiker leben weiterhin gefährlich. | |
28 Dec 2007 | |
## AUTOREN | |
Thomas Ruttig | |
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