# taz.de -- documenta: Die Doppelspitze | |
> Das Ehepaar Roger M. Buergel und Roth Noack hat gemeinsam die Kunst für | |
> die documenta ausgewählt. Wer sind die beiden eigentlich? | |
Bild: Schluss mit dem Gequatsche: Buergel und Noack | |
Vor vier Jahren wurde Roger M. Buergel zum künstlerischen Leiter der | |
documenta 12 ernannt. Zuvor war er als Kurator und Lektor für Visuelle | |
Theorie an der Universität Lüneburg tätig. Damals reagierte er überrascht. | |
Denn wer kann schon damit rechnen, vom Kurator kleinerer Ausstellungen zum | |
Chef der wichtigsten internationalen Show für zeitgenössische Kunst zu | |
werden? Aller Freude zum Trotz holte er auch tief Luft: "Das ist schon ein | |
ziemliches Biest, das einen da erwartet." | |
Beworben hatte er sich gemeinsam mit Ruth Noack, aber Doppelspitzen sind | |
für die documenta nicht vorgesehen. Daher firmiert der 1962 in Berlin | |
geborene Buergel als der offizielle Leiter und die zwei Jahre jüngere | |
Kunsthistorikerin Noack als "seine Kuratorin". Gerne wird Ruth Noack seinem | |
Namen auch in Klammern hinzugefügt. Erarbeitet aber haben die beiden seit | |
Jahren kooperierenden Eheleute die Mega-Ausstellung, die heute in Kassel | |
eröffnet wird und bis September 100 KünstlerInnen mit über 500 Arbeiten | |
präsentieren wird, gemeinsam. | |
Buergel und Noack fühlen sich bis heute der Begeisterung für Theorie | |
verpflichtet, die in den 90er-Jahren von den Unis auf den Kunstbetrieb | |
überschwappte. Ihre Sprache, zumal die von Buergel, ist deshalb häufig | |
verschwurbelt. Gerne ist von Foucaults Konzept der "Gouvernementalität" die | |
Rede, also von den Kulturtechniken, mit deren Hilfe ein Individuum sich | |
selbst regiert und gesellschaftsfähig macht. Ihre bis zur documenta | |
berühmteste Ausstellung im Jahr 2000 trug den Titel "Die Regierung". Fast | |
zwei Drittel der dort gezeigten KünstlerInnen werden auch in Kassel | |
vertreten sein. | |
Personenkult lehnen sie ab: "Erfahrungen macht man mit Kunst und nicht mit | |
den Künstlern", pointiert Noack. Zur meinungsführenden Presse halten beide | |
eine gewisse Distanz. Ihr Interesse gilt mehr den engagierten Kunst- und | |
Kulturmagazinen, den kleineren Kreisen also, die sich weltweit mit zunächst | |
sperrig anmutenden Inhalten beschäftigen. | |
Dass diese Haltung nicht einfach als elitär abzumoderieren ist, zeigt das | |
unnachgiebige Engagement ihres Teams, eine Idee von Bildung und aktivem | |
Nachdenken populär zu machen. Spaß macht das, gerade weil es Konzentration | |
fordert - und dass man sich selbst aktiviert. Denn Kunst entsteht nun mal | |
nur, weil jemand sich an einem ganz konkreten Ort leidenschaftlich für | |
etwas interessiert, aktiv wird und andere dafür begeistert. Just dieser | |
Form und Formatierung des sinnlichen Interesses gilt die Anstrengung. Aber, | |
so sagte Buergel vor wenigen Tagen: "Mir reicht das Gequatsche jetzt. Die | |
Ausstellung muss nun zeigen, was sie kann." | |
16 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Ines Kappert | |
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