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# taz.de -- Zum Tod von Schauspieler Heath Ledger: "In mir sind so viele Geschi…
> Berühmt wurde er als schwuler Cowboy im Melodrama "Brokeback Mountain".
> Im Alter von 28 Jahren ist Heath Ledger gestorben. Neben dem Nachttisch
> lagen Schlaftabletten.
Bild: Heath Ledger 1979-2008.
BERLIN taz Ein kleines Zimmer in einem Farmhaus, irgendwo im Mittleren
Westen. Im Schrank hängen zwei alte zerschlissene Hemden auf einem Bügel.
Das eine gehört Jack und ist einfarbig, das andere, das karierte, gehört
Ennis. Das karierte wird von dem einfarbigen umhüllt. Es ist eine
zärtliche, schützende Berührung, eine Geste, wie sie den Besitzern der
Hemden nicht mehr möglich ist. Denn in dem Augenblick, in dem Heath Ledger
als Cowboy Ennis Del Mar an den Schrank herantritt, in diesem Augenblick
gegen Ende von Ang Lees Film "Brokeback Mountain", ist sein Freund, ist
seine große, heimliche Liebe Jack (Jake Gyllenhaal) tot - vielleicht bei
einem Unfall umgekommen, vielleicht bei einem homophob motivierten Angriff
ermordet, so genau will darüber niemand sprechen. Ennis ist überwältigt,
als er der Hemden in ihrer schüchternen Umarmung gewahr wird. Er nimmt sie
an sich. Später, in seinem ärmlichen Trailer, hängt er seines - das
karierte - über das einfarbige, über das Hemd Jacks. Spät, viel zu spät
lässt Ennis in den Hemden eine Liebe zu, die zu leben er den Mut nicht
fand.
Früh, viel zu früh ist Heath Ledger gestorben. Am Dienstagnachmittag wurde
er in seinem Apartment in der New Yorker Broome Street tot aufgefunden.
Neben dem Nachttisch lag ein Behälter mit Schlaftabletten; die Polizei
mochte jedoch nicht sagen, ob eine Tablettenüberdosis den Tod verursachte.
Ledger hinterlässt eine Tochter, die 2005 geborene Matilda Rose; von seiner
Lebensgefährtin, der Schauspielerin Michelle Williams, hatte er sich im
vergangenen Jahr getrennt. Er wurde 28 Jahre alt.
Seine Rolle in "Brokeback Mountain" brachte ihm vor zwei Jahren nicht nur
eine Oscar-Nominierung für den besten männlichen Hauptdarsteller ein,
sondern auch allseitige Anerkennung, denn spätestens mit Lees Western-Melo
war klar, dass Ledger unter den aufstrebenden, jungen Schauspielern sehr
ernst zu nehmen war. Seinen Ennis Del Mar gab er verstockt, wie gefangen in
einem starken und zugleich unbeholfenen Körper, unfähig, sich und seine
Gefühle auszudrücken, wie abgeschnitten von den Möglichkeiten, die ihm das
Leben bereitstellte. Damit gelang Ledger wie vielleicht keinem anderen
Schauspieler vor ihm eine profunde Darstellung schwulen Selbsthasses und
verinnerlichter Homophobie - eine Darstellung, die gerade deshalb so
anrührend ist, weil sie sich zum Porträt eines Mannes weitet, der sich auf
tragische Weise selbst im Weg steht.
In den deutschen Kinos wird Ledger in gut einem Monat wieder zu sehen sein
- Ende Februar startet Todd Haynes experimenteller Bob-Dylan-Film "Im not
there", in dem der gebürtige Australier eine der sechs Bob-Dylan-Figuren
spielt. Sein Robbie ist ein Filmheld, dem Dylan nachempfunden, der unter
anderem für Sam Peckinpah vor der Kamera stand. Haynes zeigt ihn vor allem
als womanizer und abwesenden Familienvater; seine von Charlotte Gainsbourg
gespielte Frau vernachlässigt er. Haynes sagte im Gespräch mit der taz, in
der Figur Robbies die für die späten 60er, frühen 70er charakteristischen
Aporien in Gender-Fragen anklingen zu lassen: Progressivität in den Ideen,
Rückständigkeit in der Praxis.
Längst nicht nur jenseits des Mainstreams war Ledger zu Hause. Nachdem er
Mitte der 90er-Jahre aus seiner Heimat Australien nach Hollywood gezogen
war, spielte er zunächst in Komödien wie "10 Dinge, die ich an Dir hasse"
oder "Ritter aus Leidenschaft". In einem Gespräch mit der New York Times
verwahrte er sich dagegen, auf einen Rollentypus festgelegt zu werden. "Die
Leute fühlen sich immer gezwungen, einen irgendwie zusammenzufassen", sagte
er, "aber in mir sind so viele Geschichten." Auch an potenziellen
Blockbustern arbeitete er mit. So wurde im Herbst "The Dark Knight", der
neue Batman-Film, abgedreht. Verantwortlich zeichnet das Studio Warner
Bros. Ledger hat die Rolle des Joker inne. Der Filmstart in Deutschland ist
für August geplant; im Juli soll "The Dark Knight" in den USA anlaufen. Da
die Werbekampagne gerade in ihrer ersten Phase auf die Figur des Joker
zugeschnitten ist, sind die Geschäftsführer des Studios ratlos, wie sie auf
den Tod Ledgers reagieren. Ein Sprecher von Warner Bros. beteuerte, was für
ein "herausragender Mensch" Ledger gewesen sei. Die kalte Gesetzmäßigkeit,
dass im Showbusiness alles immer weitergehen muss, können solche Worte
nicht außer Kraft setzen.
24 Jan 2008
## AUTOREN
Cristina Nord
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