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# taz.de -- Zickzack-Haare und Dauerlächeln
> Die Playmobilfiguren haben sich mittlerweile dem Menschen angepasst. Hat
> ihnen das geschadet?
Mit einem Ritter, einem Straßenfeger und einem Native American begann 1974
die Geschichte eines neuen Spielzeugs, das zum Kult werden sollte:
Playmobil. Anfangs noch ein Flop, eroberte das Plastikmännchen mit
Zickzack-Haaren und Dauerlächeln, entworfen von Hans Beck, schnell die
deutschen Kinderzimmer. Heute ist die Marke aus dem bayrischen Zirndorf
längst international bekannt, mehr als 3 Milliarden der 7,5 Zentimeter
großen Figuren bevölkern den Planeten.
Ohne vorgefertigte Persönlichkeiten, wie sie etwa Barbies hatten, wollte
man Kindern die Möglichkeit geben, „einen Charakter anzunehmen, den die
Figur vielleicht gar nicht hat“, sagte der inzwischen verstorbene
Firmenchef Horst Brandstätter. Mit den austauschbaren Haaren und den immer
gleichen Gesichtern bot die Playmobilfigur so lange Zeit eine ideale
Projektionsfläche für kindliche Fantasie. Auch ich habe Stunden damit
verbracht, allein in meinem Zimmer Welten aufzubauen, in denen meine
Figuren stets neue, situationsbedingte Zuschreibungen fanden.
Im Gegensatz zu Lego stand Playmobil nicht unbedingt für Innovation, nichts
konnte gebaut oder erschaffen werden. Und doch erscheint mir mein Spiel mit
Playmobil nicht weniger kreativ. Ich entwickelte meine eigene Art der
Kreativität, nutzte, was sich sonst im Kinderzimmer fand, um Räume und
Umwelt zu erschaffen. Sieht man sich das heutige Sortiment des
Spielwarenkonzerns an, ist diese Art der kreativen Umweltgestaltung längst
nicht mehr nötig. Der Playmobilmensch von heute hat alles: schnittige
Fahrzeuge, pittoreske Häuser, Unterhaltungsgeräte. Wie sein echtes Vorbild
scheint er gesättigt, seine Existenz ist auf den Konsum ausgerichtet. So
wird das „Playmo“-Campingerlebnis nur umfassend, wenn man neben Zelt und
Wohnmobil auch das richtige Outdoor-Mobiliar besitzt. Die Optimierungswut
trifft auch die Figuren selbst: Waren sie ursprünglich gerade keine
naturalistische Darstellung echter Menschen, orientieren sie sich heute an
binären Genderstereotypen.
Inwiefern das Einbüßen der ursprünglichen Playmobilphilosophie
Auswirkungen auf den Verkauf hat, lässt sich nur spekulieren. Fakt ist,
dass das Unternehmen nun nach zwei umsatzschwachen Jahren verkündete,
Stellen abzubauen: 700 insgesamt, 370 davon in Deutschland. sz
7 Oct 2023
## AUTOREN
Sophia Zessnik
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