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# taz.de -- nord🐾thema: Winterproviantwird zu Superfood
> Bevor man frische Früchte importieren und lagern konnte, aß man im Winter
> vor allem getrocknetes Obst. Den Dörr-Pflaumen, Apfelringen und Rosinen
> von früher leisten heute aber auch Ananas und Mango Gesellschaft
Bild: Trockenobst ist meist fairer gehandelt als frische Südfrüchte, klimafre…
Von Teresa Wolny
Im ländlichen Syrien gibt es die Tradition, eine frische Feige nur dann vom
Baum zu pflücken, wenn sie von einem Vogel angepickt ist. Denn die Vögel
wissen, was gut ist, sagt Muhab Majar lächelnd. Frische Feigen gibt es bei
ihm im Laden momentan nicht, die kommen erst wieder zur Erntezeit von
August bis Oktober.
Bis dahin gibt es die Früchte nur getrocknet. Nach den Feigen muss man ein
bisschen suchen, denn den weitaus größten Teil des Regals nehmen Datteln
ein. Ungefähr zwanzig zu eins sei das Verhältnis von Datteln und den
übrigen Trockenfrüchten, die er in seinem arabischen Supermarkt Reka in
Bremen verkauft, erzählt Majar. Für die arabische Küche sind die Früchte
unverzichtbar. Dabei verhält es sich bei Datteln etwas anders als bei
anderen Trockenfrüchten.
Da die Palmen nämlich heißes Wüstenklima brauchen, trocknen die Früchte
schon, während sie noch an der Pflanze hängen. Richtig erntefrische Datteln
bekommt man in Bremen wenn überhaupt nur im September, wenn in den
Anbaugebieten im östlichen Mittelmeerraum Erntezeit ist. Es gibt unzählige
Arten von Datteln, „über tausend“, sagt Majar. Die beste sei die
Medjool-Dattel. Er verkauft sie pflaumengroß, es gibt sie aber auch in der
Größe von Eiern.
„Nichts ist süßer als Datteln“, fand schon der antike griechische Dichter
Aristophanes. Die Dattelpalme gilt als einer der ältesten kultivierten
Bäume. Ob in Mesopotamien oder Ägypten – in vorchristlichen Gesellschaften
im Mittelmeerraum aß man Datteln. Neben Datteln kamen im antiken
Griechenland und in Rom oft getrocknete Feigen und Rosinen auf dem Tisch.
Als Fleischfüllung, vor allem aber als getrockneter und damit haltbarer
Proviant im Winter. Rosinen wurden in Europa schon in der Bronzezeit
gegessen und auch auf dem amerikanischen Kontinent reicht ihr Nutzen lange
in die vorchristliche Zeit zurück.
Während Datteln vor allem in der arabischen Küche verbreitet sind, haben
Rosinen mittlerweile die Welt erobert. Korinthen, Sultaninen und Zibeben,
die Unterschiede liegen in der Rebsorte. Vielleicht verbindet nichts die
deutsche und arabische Küche so sehr miteinander wie die Rosine.
Stollen und Rosinenbrot der einen, Kabse oder das Dessert Om Ali auf der
anderen Seite. Ungefähr fünf Kilo frische Trauben braucht es für ein
Kilogramm Rosinen. Frisches Obst enthält 80 bis 90 Prozent Wasser, nach dem
Trocknen bleibt davon nur noch ein Fünftel bis ein Zehntel übrig. Wem
Rosinen zu trivial sind, der findet heute zahlreiche Alternativen im Regal:
getrocknete Kirschen, süß oder sauer, getrocknete Physalis, Cranberries,
Aroniabeeren, Maulbeeren, die Liste ist lang. Die ungekrönte Königin der
Trockenbeeren bleibt aber die Berberitze.
Wie bei frischen Früchten wird auch bei ihren getrockneten Pendants das
Bio-Label immer populärer. Einige Importeure handeln nur noch Bio, die
allermeisten haben zumindest ein paar Sorten mit Ökolabel im Angebot. Bei
der Bremer Firma Umtamtsi ist das Trockenobst nicht nur bio, sie ist auch
eine von mehreren Importeuren, die regelmäßig direkten Kontakt zu den
Kleinbäuerinnen und -bauern haben. Diese bauen in Uganda und Kamerun sowohl
Kaffee als auch Früchte an. Derzeit im Angebt: Mango, Papaya und Ananas.
„Letztes Jahr hatten wir auch getrocknete Jackfruit, aber damit tun sich
die deutschen Kund:innen noch schwer“, sagt Geschäftsführer Morin Fobissie
Kamga.
Anders als frische Früchte für den Export, die oft unreif geerntet werden
und erst in Europa nachreifen, kann man die Früchte für die Trocknung auf
dem Höhepunkt ihrer Reife ernten. Anschließend werden sie unter einer
speziellen Folie getrocknet, die sie vor UV-Strahlung schützt. Damit sollen
möglichst viele Nährstoffe erhalten bleiben. Stoffe wie Magnesium, Kalium
und Eisern sind in den trockenen Früchten zwar viel vorhanden, durch den
Trocknungsprozess verschwinden allerdings die Vitamine. Durch den UV-Schutz
sollen möglichst viele davon erhalten bleiben. „Mit reifen frischen
Früchten können sie natürlich nicht mithalten“, so Fobissie Kamga. Mit den
unreifen, die noch dazu oft einen langen Transportweg hinter sich haben,
aber mitunter schon.
Allen Bio-Trockenfrüchten gemein ist, dass sie ungeschwefelt sind. Anders
als viele vermuten, werden Trockenfrüchte weniger für eine längere
Haltbarkeit, als vielmehr für eine schönere Farbe geschwefelt. Wer lieber
kein E 220, also Schwefeldioxid essen will, muss dann eben Abstriche bei
der Ästhetik machen und kann mit dem brauneren Bio-Obst auf Nummer sicher
gehen.
Wenn von Trockenobst die Rede ist, sind die Superfoods nicht weit. Im
Internet wird die Superkraft von Gojibeeren mittlerweile genauso oft
angezweifelt wie angepriesen. Tatsächlich sind Goji-Beeren, die oft aus
China kommen, nichts anderes als Bocksdorn-Beeren. Und gemeiner Bocksdorn
trägt in seiner wilden Form zwar weniger Früchte, wächst aber auch in
deutschen Gärten.
29 Feb 2020
## AUTOREN
Teresa Wolny
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