| # taz.de -- Werbekampagne verboten: Keine Vergleiche mit dem Holocaust | |
| > Das Bundesverfassungsgericht lehnte eine Klage der Tierschutzorganisation | |
| > PETA ab, die KZs mit der Massentierhaltung von Hühnern und Kühen | |
| > gleichsetzte. | |
| Bild: Genehmigung entzogen: Die Peta-Kampagne bleibt verboten. | |
| Die Gleichsetzung der Massentierhaltung mit dem Holocaust an den | |
| europäischen Juden durfte verboten werden. Dies entschied jetzt das | |
| Bundesverfassungsgericht. Bei dieser Gleichsetzung werde zwar nicht die | |
| Würde der jüdischen Opfer verletzt, aber ihre Persönlichkeitsrechte. | |
| Geklagt hatte die radikale Tierschutzorganisation PETA (People for the | |
| ethical treatment of animals). Sie plante im Jahr 2004 eine | |
| Wanderausstellung unter dem Titel "Der Holocaust auf Deinem Teller". Auf | |
| großen Plakaten hatte die Organisation neben Bildern von ausgemergelten | |
| KZ-Häftlingen Photos von Hühnern und Kühen in der Massentierhaltung | |
| gestellt. Auf einem Plakat stand: "Zwischen 1938 und 1945 starben 12 | |
| Millionen Menschen im Holocaust - genauso viele Tiere werden für den | |
| menschlichen Verzehr in Europa täglich getötet." (ggf. kürzen) Die | |
| Ausstellung sollte binnen drei Wochen in elf deutschen Städten gezeigt | |
| werden. | |
| Die Kampagne sorgte für große Empörung. Paul Spiegel, der damalige | |
| Vorsitzende des Zantralrats der Juden, beantragte ein Verbot der | |
| Ausstellung. Sein Vater hatte das KZ nur knapp überlebt, seine Schwester | |
| starb dort. Der Antrag hatte Erfolg. Das Landgericht Berlin erließ eine | |
| zivilrechtliche Verbotsverfügung. Wenn die Würde von Holocaust-Opfern | |
| verletzt werde, müsse die Meinungsfreiheit stets zurückstehen, so die | |
| Berliner Richter. | |
| PETA erhob dagegen Verfassungsbeschwerde. "Es sollen doch nicht die Juden | |
| herabgesetzt werden, sondern nur die Verbraucher mit dem Schnitzel auf dem | |
| Teller", sagte ihr Anwalt Wolfgang Schindler damals. Das | |
| Bundesverfassungsgericht akzeptierte nun zwar das Verbot, beanstandete aber | |
| die Begründung der Berliner Richter. Die Würde der Holocaust-Opfer sei mit | |
| der Plakatserie nicht verletzt. Sie würden nicht verächtlich gemacht und | |
| auch nicht als Menschen in Frage gestellt. Die Kampagne setze nicht die | |
| KZ-Häftlinge mit Nutztieren gleich, sondern stelle nur das Leiden als | |
| "gleich gewichtig" dar. | |
| Die PETA-Klage in Karlsruhe dennoch keinen Erfolg, weil zumindest eine | |
| Verletzung des Persönlichkeitsrechts der heute in Deutschland lebenden | |
| Juden vorliege. Dieses habe in der konkreten Abwägung auch Vorrang vor der | |
| Meinungsfreiheit. Nach der Werteordnung des Grundgesetzes sei | |
| menschliches Leben höherrangig als die Belange der Tiere. Die PETA-Kampagne | |
| sei deshalb eine "Bagatellisierung und Banalisierung" des Schicksals der | |
| Holocaust-Opfer. Es gehöre zum "Selbstverständnis der heute in Deutschland | |
| lebenden Juden", dass sie als "zugehörig zu einer durch das Schicksal | |
| herausgehobenen Personengruppe begriffen werden, der gegenüber eine | |
| besondere moralische Verantwortung aller anderen bestehe". Dies hat | |
| Karlsruhe schon 1994 für die Leugnung des Holocaust entschieden und nun | |
| auch auf Holocaust-Vergleiche übertragen. | |
| Die jetzige Entscheidung enthält vermutlich eine strategische | |
| Weichenstellung des Gerichts: Auch wenn staatliche Verbote mit dem Gedenken | |
| an Holocaust-Opfer rechtfertigt werden, muss eine Abwägung mit | |
| anderne Grundrechten stattfinden. Das dürfte insbesondere bei kommenden | |
| Urteilen zum Demonstrationsrecht und zur Meinungsfreiheit von | |
| Rechtsradikalen eine Rolle spielen. | |
| Az.: 1 BvR 2266/04 u.a. | |
| 26 Mar 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |