# taz.de -- Weltklimakonferenz in Poznan beendet: "Wahrheit liegt auf dem Tisch" | |
> Trotz eines eindringlichen Appells von Al Gore endet der Klimagipfel ohne | |
> Abschlusserklärung. Einigungen gibt es aber über den Anpassungsfonds und | |
> den weiteren Fahrplan. | |
Bild: Nicht nur der Stoff-Eisbär vermisst einen Kompromiss in Poznan. | |
POZNAN taz Nach zwölf Tagen des Verhandelns ist der Weltklimagipfel im | |
polnischen Poznan ohne politische Erklärung, aber mit Einigungen über | |
einige Detailfragen zu Ende gegangen. "Ein Jahr für den Klimaschutz ist | |
verloren gegangen", sagte Tobias Münchmeyer, Klimaexperte von Greenpeace. | |
In der Nacht auf Freitag war der polnische Umweltminister Maciej Nowicki | |
mit dem Versuch gescheitert, eine politische Erklärung zu formulieren. "Ein | |
Paket aus Müll" sollen chinesische Delegierte seinen Entwurf genannt haben. | |
Lediglich Al Gore, der für seine Verdienste um den Klimaschutz mit dem | |
Nobelpreis geehrt wurde, konnte der 14. Weltklimakonferenz am Freitag noch | |
einmal Leben einhauchen. "Mit der Wahrheit kann man nicht verhandeln", | |
sagte er. "Und die Wahrheit hat uns die Wissenschaft auf den Tisch gelegt." | |
Am Ende kamen in Poznan fast 30 Beschlüsse zustande, die meisten davon | |
jedoch eher technischer Natur. Der wichtigste Beschluss der Konferenz fiel | |
zum sogenannten Anpassungsfonds. Dieser soll armen Ländern Geld für die | |
Bewältigung von Klimaschäden bereitstellen. Über eigene | |
Reduktionsanstrengungen wollen die G77 und China überhaupt erst reden, wenn | |
der Fonds aufgelegt ist. Streit gab es über die Trägerschaft: Die | |
Klimakonferenz auf Bali hatte 2007 beschlossen, den Fonds bei einer | |
Weltbank-Tochter, der Global Environment Facility, anzusiedeln. Das war bei | |
vielen Entwicklungs- und Schwellenländern auf Kritik gestoßen. Nun soll der | |
Fonds einen eigenen Vorstand bekommen, der rechtlich unter dem Dach des | |
Klimasekretarias steht und in dem die Entwicklungsländer Sitz und Stimme | |
bekommen. "Damit ist der Knoten durchschlagen", urteilte Jan Kowalzig, | |
Experte der Nord-Süd-Organisation Oxfam. Derzeit befänden sich 300 | |
Millionen im Fonds. Nicht durchgesetzt hat sich die EU mit dem Vorschlag, 2 | |
Prozent der Einnahmen aus dem Zertifikatehandel abzuzweigen, um den | |
Anpassungsfonds schneller aufzufüllen. | |
Ein weiterer wichtiger Beschluss betrifft das unterirdische Verpressen von | |
Kohlendioxid, das sogenannte CCS. Diese Technik wird nicht als | |
Ersatzmaßnahme für CO2-Reduktionen im Rahmen des grenzüberschreitenden | |
"Mechanismus für saubere Entwicklung" (CDM) zugelassen. | |
Die Delegierten einigten sich zudem darauf, die Vorbereitungen für ein | |
Nachfolgedokument zum Kioto-Protokoll weiter voranzutreiben. Bis zum | |
nächsten Zwischentreffen in Bonn im März 2009 soll ein Verhandlungstext als | |
Grundlage erstellt werden. Entschieden wird über eine neues | |
Klimaschutzabkommen im Dezember 2009 in Kopenhagen. "Wichtig ist, die | |
spezifischen Eigenheiten jedes Landes zu berücksichtigen", erklärte | |
Stanislaw Ananjew vom russischen Umweltministerium. In der Sprache der | |
Diplomatie heißt das: Russland beansprucht eine Sonderrolle. Während sich | |
die USA diesmal weitgehend zurückhielten, agierten in Poznan vor allem | |
Russland, Kanada und Australien als Bremser. Anders als noch in Bali | |
signalisiert, hat es in "Downunder" offenbar noch kein Umdenken in der | |
Klimapolitik gegeben. | |
Der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) erklärte: "Wichtig ist | |
jetzt deshalb, dass wir die Staats- und Regierungschefs in den Prozess | |
einbinden, denn der Weg zu einem Abkommen in Kopenhagen ist so | |
weitreichend, dass das die Kraft von 190 Umweltministern übersteigt." | |
13 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Nick Reimer | |
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