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# taz.de -- Wahlen in den Niederlanden: Der charmante Junggeselle
> Mark Rutte hat Aussichten auf das Amt des Premiers. Still hat sich der
> 45-jährige an die Spitze der Rechtsliberalen geschoben. Er kann sich
> Koalitionen mit allen Parteien vorstellen.
Bild: Neben Mark Ruttes (re.) Colgate-Charme sieht Noch-Premier Jan Peter Balke…
Seit Wochen ist sie die Nummer eins in den Meinungsumfragen, die
rechtsliberale Volkspartij voor Vrijheid en Democratie (VVD). Mark Rutte,
ihr Spitzenkandidat, hat also Chancen, neuer Ministerpräsident der
Niederlande zu werden. Erstmals in fast hundert Jahren nähme damit ein
Rechtsliberaler im Haager Chefsessel Platz, wenn ihm eine Regierungsbildung
gelingen sollte.
Mark Rutte hat sich im Stillen an die Spitze geschoben. Während das mediale
Augenmerk auf den Kontrahenten Job Cohen, dem im März überraschend
installierten neuen Spitzenkandidaten der Partij van de Arbeid (PvdA), und
Geert Wilders von der rechtspopulistischen Partij voor de Vrijheid (PVV)
lag, legte der Rechtsliberale unaufhörlich auf dem Stimmungsbarometer zu.
Virtuell liegt die VVD mit 36 Sitzen vorn. Gefolgt von Cohen, 30 Sitze.
Wer also ist Mark Rutte? Ein versierter, pfiffiger Redner, in Debatten
stets gut aufgestellt. Er denkt schnell und ist schlau. Außerdem ist er
notorisch bester Laune und bei Interviews stets freundlich und aalglatt.
Jahrgang 1967. Historiker. Aufgewachsen in Den Haag. Er liebt Musik,
weshalb er früher Konzertpianist werden wollte.
Es kam anders: Bis auf einen Ausflug in die Wirtschaft, Rutte hat 10 Jahre
für Unilever gearbeitet, hat er sich mit Politik beschäftigt. Seine
Karriere bei den Rechtsliberalen beginnt er 1988 als Vorsitzender der
Jugendbewegung der VVD. Im Kabinett Balkenende I, im Jahr 2002, wird er
Staatssekretär für Soziales. Im Kabinett Balkenende II wechselt er ins
Ressort Bildung. 2006 löst er nach einem heftigen parteiinternen Machtkampf
die rechte Hardlinerin Rita Verdonk als Parteichefin ab und übernimmt wenig
später auch den VVD-Fraktionsvorsitz.
Der 43-Jährige hat bei seinem geräuschlosen Aufstieg von der Finanz- und
Eurokrise profitiert. Den Rechtsliberalen trauen die durch
Meinungsinstitute Befragten offenbar am ehesten zu, das extrem
exportabhängige Land erfolgreich durch anstrengende Zeiten zu steuern. Was
die in den nächsten Jahren einzusparenden 29 Milliarden Euro angeht, so
scheint die VVD scheinbar die besten Lösungen dafür parat zu haben.
Was will Mark Rutte? Unter anderem die Zahl der Staatsdiener reduzieren,
die Entwicklungshilfe halbieren, das Rentenalter von 65 auf 67
heraufsetzen, die Eigenleistung bei Krankheit erhöhen, die
Arbeitslosenunterstützung und Sozialhilfe kürzen, die Erbschaftssteuer
abschaffen. Rutte verspricht den Menschen, die ein Haus auf Kredit gekauft
haben, Sicherheit, indem er bestimmte Subventionen unangetastet lassen
will. 40 Prozent dieser Subventionen kommen bei 10 Prozent der Reichen im
Land an.
Rutte schließt bei der Regierungsbildung "keine einzige Partei aus". Job
Cohen, der Sozialdemokrat, hat deshalb gewarnt: "Wer für Rutte stimmt,
bekommt Wilders PVV dazu." Beim Thema Immigration liegen Wilders und Rutte
in der Tat nah beieinander. Beide Politiker wollen, dass Illegalität
strafbar wird und Neulinge im Land in den ersten zehn Jahren keinen
Anspruch auf Sozialhilfe erhalten. Im Gegensatz zu Wilders will Rutte
jedoch das Land nicht für alle Immigranten aus islamischen Ländern
dichtmachen.
Der Mann mit der jugendlichen Ausstrahlung ist übrigens Junggeselle. Er hat
keine Kinder. In einem Interview hat er einmal erzählt, er finde alleine
leben "herrlich". Ein Kolumnist der Zeitung De Volkskrant erklärte jüngst
den neuen virtuellen Stern Mark Rutte mit der magischen Anziehungskraft,
die Gewinner ausstrahlen. Menschen wollten einfach nicht zu den Verlierern
gehören. Also erhält Rutte vielleicht die Chance seines Lebens.
9 Jun 2010
## AUTOREN
Gunda Schwantje
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