# taz.de -- Wachsende Konkurrenz: Wowereit watscht Stöß ab | |
> Der SPD-Landesvorsitzende kritisierte das Berliner Ensemble, weil man | |
> dort Thilo Sarrazin eine Bühne bieten wollte. Nun kassiert er dafür einen | |
> Rüffel vom Chef. | |
Bild: Schon wieder der Stöß? Gähn! | |
Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hat seinem eigenen | |
Parteichef, dem SPD-Landesvorsitzenden Jan Stöß, öffentlich politisches | |
Gewicht abgesprochen. Gefragt nach Stöß’ Kritik daran, dass das – mit | |
Steuergeldern bezuschusste – Berliner Ensemble (BE) den umstrittenen | |
Buchautor Thilo Sarrazin zu einer Debatte einlud, sagte Wowereit am | |
Donnerstag im Abgeordnetenhaus: „Landesvorsitzende können erzählen, was sie | |
wollen, das gilt für Herrn Stöß genauso wie Herrn Lauer (Landesvorsitzender | |
der Piraten, d. Red.), bei den Grünen fallen mir die Namen gerade nicht | |
ein.“ Lauer, mit dem Wowereit Stöß gleichsetzte, gilt im Parlament zwar als | |
sehr eloquent, aber zugleich als nicht durchweg ernst zu nehmen. | |
Ausgangspunkt für Wowereits Äußerung war eine Frage des | |
Piraten-Abgeordneten Philipp Magalski zu einem Twitter-Kommentar von Stöß, | |
der sich auf die geplatzte BE-Veranstaltung am Sonntag bezog. Der frühere | |
Finanzsenator sollte in dem Theater am Schiffbauerdamm über sein jüngstes | |
Buch, „Der neue Tugendterror: Über die Grenzen der Meinungsfreiheit in | |
Deutschland“, sprechen. Nachdem die Veranstaltung von massiven Protesten | |
begleitet wurde, sagten die Veranstalter die Diskussion ab. Nach Wowereits | |
Einschätzung waren sich zwar auch im Plenarsaal viele einig, dass Sarrazins | |
Thesen „unmöglich sind“. Doch eine Diskussion mit ihm so zu stören, dass | |
sie abgebrochen werden musste, lehnte der Regierende Bürgermeister ab: „Das | |
sollte in einer Demokratie nicht goutiert werden.“ So etwas würde Sarrazin | |
nur helfen. | |
SPD-Chef Stöß hingegen hatte zu der Veranstaltung und zu Sarrazin | |
getwittert: „Wenn wir ihn schon nicht loswerden: Ausgerechnet das Berliner | |
Ensemble sollte dem nicht auch noch seine Bühne öffnen.“ In der SPD war | |
2011 ein Ausschlussverfahren gegen Sarrazin gescheitert. | |
Bei Wowereit und Stöß war schon lange klar, dass sie nicht viel mehr | |
verbindet als ein gemeinsames Parteibuch, doch eine so krasse öffentliche | |
Distanzierung gab es bislang nicht. Der heutige Landesvorsitzende | |
verdrängte im Sommer 2012 den engen Vertrauten des Regierenden | |
Bürgermeisters, Michael Müller, von der Spitze der Landespartei, brachte | |
die Berliner SPD auf Linkskurs – und wäre nach allgemeiner Wahrnehmung gern | |
Kalif anstelle des Kalifen, sprich neuer Regierender. | |
Die zuvor allein auf Wowereit ausgerichtete Berliner SPD, bei der Müller | |
für den Regierungschef neben der Partei auch die Fraktion auf Linie | |
brachte, hat seither mit Stöß und dem Ende 2011 gewählten Fraktionschef | |
Raed Saleh zwei neue Kraftzentren. Beide aber haben in der Berliner SPD | |
noch nicht so viel an Gewicht, dass sich die Partei bislang auf einen von | |
ihnen als Wowereit-Nachfolger festlegen mag. In der Steueraffäre um | |
Wowereits Kulturstaatssekretär André Schmitz hatte der Landesvorsitzende | |
jüngst dahingehend gewirkt, dass Wowereit-Intimus Schmitz gehen musst. | |
Stöß selber mochte sich auf Anfrage der taz nicht zu Wowereits Worten im | |
Abgeordnetenhaus äußern. „Kein Kommentar“, hieß es von seiner Sprecherin | |
Josephine Steffen. Piraten-Landeschef Lauer verbreitete hingegen per | |
Twitter: „Ich habe das Gefühl, dass Klaus Wowereit den Jan Stöß nicht so | |
ernst nimmt. Lauer ergänzte, ihn als Piraten müsse Wowereit ja nicht ernst | |
nehmen. „Aber den eigenen Parteivorsitzenden: Das ist doch schräg.“ | |
6 Mar 2014 | |
## AUTOREN | |
Stefan Alberti | |
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