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# taz.de -- Unerschrocken gegen die „Arschbacken“
> Uganda: Stella Nyanzi fordert mit Kampagnen für kostenlose Mädchenbinden
> ihren Präsidenten heraus und schlägt sich nun vor dem Verfassungsgericht
Bild: Stella Nyanzi Foto: reuters
Ausgerechnet die Debatte um die Monatsblutung brachte Stella Nyanzi,
Ugandas führende Feministin, ins Gefängnis. Es war kurz nach den Wahlen
2016. Präsident Yoweri Museveni hatte im Wahlkampf kostenlose Binden an
Schulen versprochen und damit bei Frauen viele Stimmen geholt. Denn ein
Großteil der Mädchen in Uganda bleibt während ihrer Monatsperiode
regelmäßig der Schule fern. Viele Familien können sich die Binden nicht
leisten, und in den meisten Schultoiletten gibt es kein fließendes Wasser,
um sich zu waschen. Dadurch vermasseln sich viele Mädchen den Abschluss.
Nach der gewonnenen Wahl war von kostenlosen Binden nicht mehr die Rede.
Der Präsident hatte seine Frau Janet zur Bildungsministerin ernannt und
damit Hoffnungen geweckt. Doch als Ministerin musste „Mama Janet“, wie sie
landauf, landab genannt wird, feststellen: Es mangelt an Geld im
Staatshaushalt, um Binden anschaffen zu können.
Dies brachte Stella Nyanzi, promovierte Akademikerin für Gender-Studien und
Sexualwissenschaft an Ostafrikas renommiertester Universität Makerere in
Ugandas Hauptstadt Kampala, auf die Palme. „Wir haben jetzt jede Menge
Vaginas im Parlament sitzen, aber sie müssen auch beweisen, dass sie ein
Gehirn haben“, schimpfte sie damals gegenüber der taz. Janet Museveni sei
nur Bildungsministerin geworden, „weil sie mit dem Präsidenten ins Bett
geht“. Auf Facebook bezeichnete sie das Präsidentenehepaar als „ein Paar
Arschbacken“.
Das wurde Nyanzi zum Verhängnis. Denn für den 76-Jährigen Präsidenten, seit
35 Jahren an der Macht, war dies eine Majestätsbeleidigung. Von Unbekannten
wurde sie aus ihrem Haus entführt und später wegen „Cyber-Belästigung“ u…
Unruhestiftung angeklagt. Sie habe gegen das Gesetz über Computermissbrauch
verstoßen, so die Vorwürfe des Staatsanwalts.
Monatelang saß Nyanzi 2017 im Gefängnis, litt dort unter anderem an
Malaria. Ihre Anwälte pochten auf ihr Recht auf freie Meinungsäußerung. Die
Staatsanwaltschaft forderte ein psychiatrisches Gutachten, um ihre
Zurechnungsfähigkeit festzustellen. Aufgrund ihrer schlechten körperlichen
Verfassung wurde sie schließlich auf Kaution freigelassen.
Vier Jahre später verhandelt jetzt Ugandas Verfassungsgericht über den Fall
Stella Nyanzi. Kurz nach den Wahlen im Januar dieses Jahres war sie mit
ihrer Familie ins Nachbarland Kenia geflohen. Doch seit Mai ist sie zurück
und wirft nun den Verfassungsrichtern vor, das Regime würde ein aus der
Kolonialzeit stammendes Gesetz über Geisteskrankheiten nutzen, um
Oppositionelle wie sie mundtot zu machen. Kampfeslustig sitzt die Mutter
von drei Kindern im Gerichtssaal. Und auch für Präsident Museveni hat sie
eine neue Provokation parat. „Komm nicht in meinem Mund“, heißt ihre
gedruckte Gedichtsammlung, die Mitte Juni erscheinen soll.
Derweil sind Binden in Uganda ein Politikum geblieben. In einer
Crowdfunding-Kampagne über soziale Netzwerke hatte Stella Nyanzi, bevor sie
in Haft geriet, umgerechnet fast 2.000 Euro eingesammelt. Das Geld spendete
sie Nichtregierungsorganisationen, die Schülerinnen lehren, sich
selbst wiederverwendbare Stoffbinden zu nähen. Gereicht hat das nur für
eine Handvoll Schulen. Aber seitdem führen immer mehr Schulen auf
Eigeninitiative Nähkurse für Mädchen ein, um Binden herzustellen. Nyanzis
Idee hat sich verselbstständigt.
Simone Schlindwein, Berlin
28 May 2021
## AUTOREN
Simone Schlindwein
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