# taz.de -- US-Kampftruppen aus Irak abgezogen: Der Preis des Krieges | |
> Barack Obama zieht die US-Kampftruppen aus dem Irak zurück. Jetzt kommen | |
> mehr private Sicherheitsleute und in den USA wird diskutiert, ob sich der | |
> Krieg gelohnt hat. | |
Bild: Nach über sieben Jahren im Irak haben die US-Kampftruppen das Land nun v… | |
WASHINGTON taz | Sieben Jahre und fünf Monate nach der Invasion ist die | |
"Operation Iraqi Freedom" offiziell beendet. Den vorläufigen Schlusspunkt | |
markierten die Soldaten des 4. Stryker Brigade combat team, die am | |
Donnerstag den Irak in Richtung Kuwait verließen. Zurück bleiben 50.000 | |
Soldatinnen und Soldaten, die nicht mehr kämpfen, sondern ausbilden sollen. | |
Dafür wird sich die Zahl der derzeit etwa 11.600 privater | |
Sicherheitsagenten stark vergrößern. Ende August soll im Irak das nächste | |
Kapitel von US-Engagement beginnen. Der Titel: "Operation New Dawn" | |
(Operation neue Morgendämmerung). | |
"Wir lösen ein Versprechen ein, das ich zu Beginn meines Wahlkampfs gemacht | |
habe", kommentiert Präsident Barack Obama den Truppenabzug in Columbus im | |
US-Bundesstaat Ohio, wo er bei einer Veranstaltung seiner demokratischen | |
Partei sprach. Er dankte den US-Soldaten und ihren Familien für den | |
Einsatz. Und er kündigt ein neues Engagement an: "Es wird nicht mehr | |
militärisch, von Soldaten, geführt, sondern zivil, von Diplomaten." Das | |
Publikum antwortete mit "Yes, we can"-Rufen. Doch Jubel ist das nicht. Es | |
ist nicht einmal sicher, dass der Truppenabzug den Demokraten bei der | |
bevorstehenden Zwischenwahl im November nützen wird. | |
Bei der Präsidentschaftswahl 2008 hatte Obama in Ohio 52 Prozent der | |
Stimmen bekommen. Im Augenblick stimmen ihm in dem von der Wirtschaftskrise | |
geschüttelten Bundesstaat nur noch 40 Prozent der Wähler zu. Außerdem ist | |
da noch der zweite Krieg, den die USA führen. Der in Afghanistan, wohin | |
Obama im November vergangenen Jahres zusätzliche 30.000 Soldaten geschickt | |
hat. | |
Eine Million US-Soldaten haben seit der Invasion vom März 2003 im Irak | |
gekämpft. 4.419 kamen dabei ums Leben. Mehr als 30.000 kehrten körperlich | |
verletzt zurück. Hinzu kommt eine unbekannte Zahl von Veteranen mit | |
psychischen Problemen. Schätzungen zufolge sind dies 30 Prozent aller | |
Heimkehrer. | |
"Mission accomplished" - "Auftrag erfüllt" hatte der damalige Präsident | |
George W. Bush schon wenige Wochen nach Beginn des Kriegs, am 1. Mai 2003, | |
verkündet. Solche triumphalistische Sprüche macht heute in den USA niemand | |
mehr. Kenneth Pollock von der Brookings Institution, einem jener | |
Thinktanks, die seinerzeit Argumente für den Krieg lieferten, sagt heute, | |
es sei noch "zu früh, um zu sagen, ob der US-Einsatz im Irak die Sicherheit | |
in der Region verbessert" habe. Und der Chef der gegenwärtig | |
oppositionellen Republikaner im Repräsentantenhaus, John Boehner, erklärt, | |
dies sei kein Zeitpunkt "zum Feiern". Freilich spricht er spricht von einem | |
"Erfolg" im Irak. Er meint, es gäbe dort, dank der US-Soldaten, eine | |
"größere Sicherheit für die Bevölkerung". | |
Im linksliberalen "Center for American Progress" hingegen findet Brian | |
Katulis nichts, das zu beschönigen wäre. "Die Kosten übertreffen den | |
Nutzen", meint er. Auf der "Kosten"-Seite sieht er unter anderem die | |
nationale Sicherheit der USA. Auch der Sprecher des Außenministeriums, | |
Philip Crowley, spricht von dem "hohen Preis" des Kriegs. | |
Die 50.000 US-Soldaten, die im Rahmen von "Operation New Dawn" als | |
Ausbilder im Irak bleiben, sollen Ende 2011 abgezogen werden. Die | |
zusätzlichen privaten Sicherheitsleute - einem Bericht der New York Times | |
zufolge will allein das Außenministerium künftig 6.000 bis 7.000 "Private | |
Security contractors" beschäftigen - sollen unter anderem die US-Botschaft | |
in Bagdad bewachen, die größte US-Botschaft überhaupt. Außerdem sollen sie | |
den Schutz der vier weiteren diplomatischen Außenstellen übernehmen, die | |
die USA im Irak eröffnen wollen. | |
Als Präsidentschaftskandidatin hatte die heutige Außenministerin Hillary | |
Clinton die privaten Sicherheitsleute im Irak als "Söldner" bezeichnet. In | |
ihrem neuen Amt beantragte sie im Kongress in diesem Sommer zusätzliche | |
Mittel für den Einsatz dieser Firmen. | |
19 Aug 2010 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Soldatenväter zum Knuddeln: Papa, die Flecktarnpuppe | |
Bundeswehr-Soldaten im Auslandseinsatz hinterlassen in den Familien Lücken. | |
Geschäftstüchtige Angehörige füllen sie – etwa mit Vaterkissen. | |
Selbstmordanschlag im Irak: Anstieg der Gewalt | |
Ein Attentäter sprengt sich in Bagdad in die Luft und tötet Dutzende | |
wartender Menschen. In dem Land ohne Regierung eskaliert die Gewalt | |
parallel zu dem US-Teilabzug. | |
Kommentar Hilfsgelder: Sichtbare und unsichtbare Opfer | |
Die deutsche Entwicklungspolitik funktioniert unter Schwarz-Gelb nach dem | |
Prinzip: private Mildtätigkeit ersetzt staatliche Nachhaltigkeit. Das ist | |
effektheischend. | |
Kommentar Abzug der US-Truppen aus Irak: Desaströse Bilanz im Irak | |
Der Irakkrieg war ein schwerer Bruch des Völkerrechts. Dennoch klingen die | |
Berichte vieler US-Medien jetzt wie Heldengesänge. Dabei gibt es zu Stolz | |
keinen Anlass. | |
Irakische Polizisten fürchten US-Abzug: "Die Terroristen hetzen uns wie Tiere" | |
Irakische Polizisten fürchten den Abzug der Amerikaner. Zwar ist die Zahl | |
der Anschläge gesunken, der Job bleibt aber gefährlich. Unterwegs in | |
Bagdad. |