# taz.de -- Soloalbum von König Boris: Der Wumms von heute | |
> Wie kann man als Hip-Hop-Star in Würde altern? Indem man auf New Wave und | |
> Disco umsteigt, hat König Boris von Fettes Brot entschieden. | |
Bild: König Boris bei einem Auftritt seiner Band Fettes Brot. | |
HAMBURG taz | Es ist immer wieder interessant, was alternde Stars tun, wenn | |
sie weiter mitmischen wollen. Im Pop- und Rockbereich gibt es von Herbert | |
Grönemeyer bis zu den Guano Apes zahlreiche Beispiele auch in Deutschland, | |
neu aber ist die Problematik des Alterns bei den deutschen Hip-Hoppern: Der | |
deutsche Hip-Hop wurde erst Mitte der 1990er populär, also sind die Stars | |
der ersten Stunde heute um die 40 Jahre alt. | |
Boris Lauterbach alias König Boris ist so einer. Als Mitglied der Band | |
Fettes Brot hatte er mit „Nordisch by Nature“ 1995 den ersten Hit, etliche | |
andere folgten. Ende 2010 beschlossen Fettes Brot, auf unbestimmte Zeit zu | |
pausieren und den Mitgliedern Zeit für Soloprojekte zu geben. König Boris, | |
37, hat vorgelegt: Unter dem Künstlernamen „Der König tanzt“ hat er ein | |
gleichnamiges Album veröffentlicht. | |
Mit Hip-Hop hat „Der König tanzt“ nichts zu tun, es handelt sich vielmehr | |
um ein Pop-Album, das die Sounds und Songstrukturen der 1980er Jahre | |
feiert. Das Album klingt, als hätte es König Boris am Yamaha DX7 | |
zusammengeschraubt – das war einer der ersten in Massenproduktion | |
hergestellten digitalen Synthesizer. Erscheinungsjahr: 1983, rechtzeitig | |
zur kommerziellen Hochphase der Neuen Deutschen Welle. | |
Die Sounds von damals hat König Boris allerdings nicht im Original | |
übernommen, sondern nochmal mit den Mitteln aktueller Technik aufgemotzt. | |
Herausgekommen ist eine Mischung aus New Wave und Disco-Pop: Das Künstliche | |
der 80er und der Wumms von heute. | |
Im Gegensatz zum Pop der 80er hat die Musik von König Boris nichts | |
Verspieltes, ist frei von Ironie und doch unverbindlich. In den Songs geht | |
es um Medien-Reizüberflutung („Alles dreht sich“), ums Schönreden der | |
Verhältnisse („Schwanenteich“) oder um Urlaub in Kriegsgebieten („Holida… | |
im Krieg“). Aber so ernsthaft die Themen auch sein mögen, die kühlen Sounds | |
verwehren jede emotionale Anteilnahme. Was übrig bleibt, ist der König, der | |
tanzt: Es ist ein unerwartet reflektierter König, aber auch einer, der sich | |
selbst genügt in seiner coolen Anklage. | |
Daneben gibt es Songs, die nicht um ein Statement, sondern um eine | |
Geschichte kreisen. Anne zum Beispiel ist eine Frau in Berlin, ihre Adresse | |
wird unter den Verzweifelten weitergereicht, sie „hat den Stoff, aus dem | |
die Träume sind“. Oder „L.U.C.I.“, das Mädchen, das Feuer legt: König … | |
belässt es bei Andeutungen, den Rest muss man sich selber denken. | |
Anstatt zu rappen, transportiert König Boris seine Texte durch | |
Sprechgesang, gerne auch gedoppelt durch die eigene Kopfstimme. Das wirkt | |
oft hibbelig, dazu treiben die Beats und die Synthie-Sounds werden | |
perkussiv eingesetzt: König Boris hat Hummeln im Arsch, wo jüngere Kollegen | |
Wut im Bauch hätten. Mit seinen 37 Jahren mag König Boris dem Hip-Hop | |
entwachsen sein. Im Pop-Bereich hat er nun zwar keinen großen Wurf | |
hingelegt, aber die Richtung stimmt allemal. | |
2 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Klaus Irler | |
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