# taz.de -- Sojus-Start zur ISS ist gescheitert: Raumfahrer müssen notlanden | |
> Auf dem Weg zur Internationalen Raumstation ISS erlitt eine russische | |
> Sojus-Rakete einen Fehlstart. Muss Kommandant Alexander Gerst nun länger | |
> bleiben? | |
Bild: Fehlgestartet: die Sojus-Kapsel in Kasachstan | |
BAIKONUR dpa | Zwei Raumfahrer haben den ersten Fehlstart einer russischen | |
Sojus-Rakete seit Jahrzehnten dank einer Notlandung überlebt. Retter bargen | |
den russischen Kosmonauten Alexej Owtschinin und seinen US-Kollegen Nick | |
Hague am Donnerstag aus ihrer Kapsel, die an Fallschirmen nahe der Stadt | |
Dscheskasgan im Zentrum Kasachstans niedergegangen war. Nasa-Chef Jim | |
Bridenstine [1][schrieb auf Twitter], beide seien in einem guten Zustand. | |
Die Trägerrakete hatte sich 119 Sekunden nach dem Start vom Weltraumbahnhof | |
Baikonur wegen technischer Probleme abgeschaltet und aufgelöst. | |
Auf der Internationalen Raumstation ISS warteten [2][Kommandant Alexander | |
Gerst aus Deutschland] und seine Crew vergeblich auf die neuen Kollegen. | |
Ihre Ankunft war für den Nachmittag erwartet worden. Die Crew sei von der | |
Erde aus über den glimpflich verlaufenen Fehlstart informiert worden, | |
teilte die US-Raumfahrtbehörde Nasa mit. | |
Über eine mögliche Verlängerung von Gersts Aufenthalt wegen des Unfalls sei | |
noch nicht entschieden, sagte Europas Raumfahrtchef Jan Wörner der | |
Deutschen Presse-Agentur. „Dafür ist es jetzt zu früh, es hängt ganz | |
wesentlich davon ab, wie schnell man die Ursache findet und für die Zukunft | |
ausschließen kann.“ Gersts Mission läuft bis Dezember. Falls er länger im | |
All bleiben müsse, wäre dafür alles vorhanden, sagte Wörner, der Europas | |
Raumfahrtbehörde Esa leitet. | |
Russische Raumfahrtexperten zeigten sich nach dem Vorfall zuversichtlich, | |
dass der nächste Start zur ISS im Dezember stattfinden könne. Eine Rückkehr | |
der jetzigen Crew zur Erde kann nicht ewig hinausgezögert werden, weil | |
Sojus-Kapseln aus Sicherheitsgründen, vor allem wegen des Treibstoffs, nur | |
rund sechs Monate an der ISS angedockt bleiben sollen. Gerst ist seit | |
Anfang Juni im All. | |
## Schwerer Rückschlag für russische Raumfahrt | |
„Alexander Gerst wird sicherlich noch einmal drei Monate länger da oben | |
bleiben“, sagte der frühere Astronaut Ulrich Walter der Deutschen | |
Presse-Agentur in München. Der Professor für Raumfahrttechnik rechnet | |
damit, dass Gerst und die zwei weiteren Besatzungsmitglieder erst Anfang | |
2019 zurückkehren können. | |
Für die russische Raumfahrt ist der Unfall ein schwerer Rückschlag. Er | |
kommt auch zu einer Zeit, in der das sonst gute Verhältnis zu den | |
US-Kollegen gespannt ist. Der neue Nasa-Chef Jim Bridenstine verfolgte den | |
Start von Baikonur aus und vereinbarte mit den Russen eine Fortsetzung der | |
Zusammenarbeit. Die USA hatten ihr Space-Shuttle-Programm im Jahr 2011 | |
eingestellt. US-Astronauten können seither nur noch mit der Sojus zur ISS | |
gelangen. | |
Bemannte Sojus-Starts wurden nach dem Fehlschlag ausgesetzt. „In einer | |
solchen Situation gibt es vorerst keine weiteren Starts, bis die Ursache | |
endgültig geklärt worden ist“, sagte der für Raumfahrt zuständige | |
Vizeregierungschef Juri Borissow. Zur Ursachenforschung wurde eine | |
Kommission eingerichtet. „Andererseits hat sich gezeigt, dass die Notfall- | |
und Rettungssysteme funktionieren, und das ist sehr wichtig“, sagte | |
Borissow der Agentur Interfax zufolge. | |
Die Sojus-Trägerrakete, eigentlich das bewährte Arbeitspferd der russischen | |
Weltraumfahrt, hatte um 14.40 Uhr in Baikonur abgehoben. Nach vorläufigen | |
Angaben von Experten traten schon beim Brennen der ersten Raketenstufe | |
Probleme auf. Die Nasa sprach von einer „Anomalie“ an der Stufe. Deswegen | |
zündete die zweite Stufe nicht, sondern die Rakete löste sich auf. | |
Die Kapsel „Sojus-MS10“ mit Owtschinin und Hague ging in eine flachere | |
Flugbahn über. Es folgten bange Minuten bis zur Notlandung etwa 400 | |
Kilometer vom Startpunkt entfernt. „Die Besatzung ist gelandet. Alle | |
leben“, gab schließlich Dmitri Rogosin, Leiter der russischen | |
Raumfahrtbehörde Roskosmos, [3][auf Twitter Entwarnung]. Owtschinin und | |
Hague wurden nach Baikonur geflogen. Sie sollten bis Freitagmorgen im | |
Krankenhaus bleiben. | |
## Kleines Loch an Sojus-Kapsel bei der ISS entdeckt | |
Die Suche nach den Raketenteilen dauerte indes an. Laut russischen Behörden | |
richteten sie aber keine Schäden an Gebäuden an. Ein ähnlicher Unfall beim | |
Start hatte sich zuletzt 1975 ereignet. | |
Über Gersts zweitem Raumflug und seiner Zeit als erstem deutschen | |
Kommandanten der ISS scheint damit kein guter Stern zu stehen. An der | |
Raumkapsel „Sojus-MS09“, mit der er zur ISS kam, war kürzlich ein kleines | |
Loch entdeckt worden. Zwar konnte das Leck geschlossen werden, doch die | |
Ursache ist ungeklärt. Russische Experten verstiegen sich sogar zu der | |
These, US-Astronauten hätten im Kosmos die Wand angebohrt. | |
Über das Frühjahr 2019 hinaus gibt es derzeit noch keine Verträge zwischen | |
Roskosmos und den USA über Flüge von US-Astronauten zur ISS. Bridenstine | |
sagte aber, er habe mit Rogosin eine fortgesetzte Kooperation auf der ISS | |
vereinbart. Auch wollten beide Seiten gemeinsam nach Leben im All suchen | |
und bei einer künftigen Mondstation kooperieren. | |
Auf der ISS arbeiten neben Gerst derzeit noch der Russe Sergej Prokopjew | |
und die Amerikanerin Serena Aunon-Chancellor. Erst am vergangenen | |
Donnerstag war eine russische Sojus-Kapsel von der ISS zur Erde | |
zurückgekehrt. Die Kapsel mit den drei Raumfahrern Oleg Artemjew, Drew | |
Feustel und Ricky Arnold hatte sicher in der Steppe von Kasachstan | |
aufgesetzt. | |
11 Oct 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/JimBridenstine/status/1050337299542753280 | |
[2] /Alexander-Gerst-als-ISS-Kommandant/!5541433 | |
[3] https://twitter.com/Rogozin/status/1050315168385814528 | |
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