# taz.de -- Regierung erlässt Reisehinweis: Als Homo lieber nicht nach Russland | |
> In Russland ist „Schwulenpropaganda“ verboten, die Bundesregierung warnt | |
> Homosexuelle deshalb vor Reisen in das Land. Das sei nicht genug, | |
> kritisieren Grüne. | |
Bild: Propagandadelikt? Die russische Polizei nimmt eine Teilnehmerin der verbo… | |
BERLIN taz | Die Bundesregierung hat für Schwule, Lesben und Transgender | |
einen Reisehinweis für Russland erlassen. Anlass ist eine Gesetzesänderung | |
vom März 2012, die „Propaganda von Homo-, Bi- oder Transsexualität | |
gegenüber Minderjährigen“ unter Strafe stellt. | |
Zunächst trat das Gesetz in St. Petersburg in Kraft. Inzwischen wird es | |
auch in anderen Städten debattiert und wurde Ende März auch ins nationale | |
Parlament eingebracht. | |
Das Auswärtige Amt hat nun seine Reisehinweise für Russland ergänzt. Zwar | |
sei Homosexualität in Russland nicht strafbar, „jedoch ist die Akzeptanz | |
gleichgeschlechtlicher Partnerschaft in der russischen Gesellschaft weniger | |
ausgeprägt als in Westeuropa.“ Trotz internationaler Proteste seien in | |
russischen Regionen Gesetze verabschiedet worden, wonach die öffentliche | |
Demonstration und Unterstützung von Homosexualität mit Geldstrafen geahndet | |
werden kann, heißt es in dem Reisehinweis. | |
Wie aus der Antwort auf eine kleine Anfrage der Grünen hervorgeht, | |
kritisiert die Bundesregierung dieses Gesetz zwar und „mahnt gegenüber der | |
russischen Seite weiterhin an, bestehende Defizite zu beseitigen“. Doch für | |
die Grünen geht das nicht weit genug. Volker Beck, | |
menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion, kritisiert, dass | |
die Bundesregierung keine Strategien zur Bekämpfung von Diskriminierung in | |
Russland und Osteuropa hat. „Damit lässt sie die deutschen Reisenden – vor | |
allem aber die russischen Schwulen und Lesben – mit dieser Warnung allein | |
im Regen stehen“. | |
Zugleich warnt Beck vor einem Rollback in Osteuropa, da auch in der Ukraine | |
und in Städten in Moldavien und Ungarn ähnliche Gesetzesinitiativen | |
vorbereitet werden. Während etwa der Europarat dazu eine eigene | |
Arbeitsgruppe eingerichtet hat, habe die Bundesregierung „außer warmen | |
Worten und freundlichen Tipps keine Strategie und kein koordiniertes | |
Handeln zu bieten“, sagt Beck. | |
## Demoverbot statt Jugendschutz | |
Das Gesetz gegen so genannte „Schwulenprogaganda“ soll in Russland | |
offiziell Kinder und Jugendliche schützen. In den vergangenen Monaten | |
führte es mehrmals zu Demonstrationsverboten und Festnahmen von | |
Homo-Aktivisten, die teils zu Geldstrafen verurteilt wurden. Zudem | |
befürchten Gegner des Gesetzes, dass die Maßnahme nur ein Vorbote für eine | |
neue Unterdrückung von Homosexuellen in Russland ist. | |
Trotz aller Kritik an mangelnden Strategien ist die Maßnahme der | |
Bundesregierung, für Russland einen Reisehinweis für Homosexuelle zu | |
erlassen, beachtenswert. Ähnliche Hinweise gibt es in der Regel nur für | |
Länder, in denen Homosexualität unter Strafe steht, oder gewalttätig | |
verfolgt wird. Zwar beantwortet die Regierung nicht, ob sie in dem | |
russischen Gesetz nun eine Kriminalisierung von Homos sieht, ihr | |
Reisehinweis lässt diese Vermutung allerdings zu. | |
13 Jun 2012 | |
## AUTOREN | |
Paul Wrusch | |
## TAGS | |
Homosexuelle | |
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