| # taz.de -- Prinzessin Diana: Ende der Massenhysterie | |
| > Ihr Leben glich einer Seifenoper, ihr Ruhm speiste sich aus | |
| > Trivialitäten. Zehn Jahre nach ihrem Tod hat die Lady Di-Hysterie ein | |
| > Ende - wurde auch Zeit. | |
| Bild: Auch in Deutschland ging 1997 der Diana-Memorial-Wahn um | |
| Zehn Jahre nach Prinzessin Dianas Tod haben die Briten ihre Fassung wieder | |
| erlangt. Fast erscheint ihnen die damalige Kollektivtrauer peinlich. Zu | |
| Recht. Der politische Kommentator Christopher Hitchens schrieb damals, | |
| Großbritannien sei aufgrund der zwanghaften Art der Trauer zu einem | |
| Ein-Parteien-Staat geworden. Ladenbesitzer mussten am Tag der Beerdigung | |
| schließen, Veranstaltungen mussten abgesagt werden, wollte man nicht die | |
| Empörung der weinenden Massen auf sich ziehen. Manche standen zehn Stunden | |
| an, um sich ins Kondolenzbuch einzutragen. Es schien nur eine Frage der | |
| Zeit, bis die "Prinzessin der Herzen" selig gesprochen würde. "Es war wie | |
| der Nürnberger Reichsparteitag", sagt die Schriftstellerin Carmen Callil. | |
| Inzwischen ist Dianas Gesicht nur noch selten auf den Titelblättern der | |
| Zeitschriften zu finden, viele britische Teenager würden sie auf Fotos gar | |
| nicht mehr erkennen. Jonathan Friedland schrieb neulich im Guardian, dass | |
| die Woche nach Dianas Tod am 31. August 1997 "ein Ausbruch von | |
| Massenhysterie war, eine Episode, bei der die britische Öffentlichkeit ihre | |
| traditionelle Zurückhaltung verloren und sich sieben Tage lang in | |
| vorgegaukelter Sentimentalität ergeben hat, aufgestachelt durch die | |
| Medien". Die Fadenscheinigkeit zeige sich daran, dass das Phänomen genauso | |
| schnell wieder verschwand, wie es aufgetaucht war. | |
| Die Besucher an ihrem Grab auf einer Insel im See bei Althorp, damals ein | |
| Wallfahrtsort, werden immer spärlicher. Die Spenden für ihre Stiftung, den | |
| "Princess Diana Memorial Fund", sind ebenso stetig zurückgegangen: Im Jahr | |
| nach ihrem Tod flossen 20 Millionen Pfund in die Kasse, 2006 waren es | |
| gerade mal 222.000. Zum Konzert, das Dianas Söhne, die Prinzen William und | |
| Harry anlässlich ihres 46. Geburtstages im Juli gaben, kamen zwar 63.000 | |
| Menschen ins Wembley-Stadion, aber die meisten erklärten, dass sie | |
| lediglich Rod Stewart und Brian Ferry hören wollten. | |
| Diana war 17 Jahre lang der Star einer Soap Opera. Ihr Ruhm beruhte auf | |
| Trivialitäten. Die Menschen waren an ihrem neuestes Kleid, ihrer neuesten | |
| Frisur und ihrem neuesten Liebhaber interessiert. Ihr Intelligenzquotient, | |
| so stand es bis zu ihrem Tod in den Zeitungen, liege nur unwesentlich über | |
| dem eines Blumenkohls. Sie hat nichts Bedeutendes hinterlassen keine | |
| Filme wie Marilyn Monroe und keine Lieder wie Elvis Presley. | |
| Phil Hall, der frühere Chefredakteur des Schmuddelblatts News of the World, | |
| fühlt sich als Medienvertreter mitverantwortlich für ihren Tod. "Ich | |
| glaube, jeder in der Welt der Medien fühlt diese Verantwortung", sagt er. | |
| Aber er ist der einzige, der das öffentlich äußert. "Diana hat mit den | |
| Zeitungen manchmal kooperiert", sagt Hall, "und der Fahrer war betrunken. | |
| Aber ich glaube, wäre der Wagen nicht von den Paparazzi verfolgt worden, | |
| dann wäre der Fahrer nicht gerast, und vielleicht wäre der Unfall nicht | |
| geschehen." | |
| Viele Menschen beschuldigten die Paparazzi, Diana in den Tod getrieben zu | |
| haben. Aber ebenso viele Menschen hatten die Auflagen der Zeitschriften mit | |
| heimlich geschossenen Diana-Fotos in die Höhe getrieben. Diana benutzte die | |
| Medien, und nicht nur für ihr tränenreiches Interview über den untreuen | |
| Gatten. Noch in den Tagen vor ihrem Tod hatte sie mit Dodi Bootsurlaub auf | |
| dem Mittelmeer gemacht und sich für die Teleobjektive der Fotografen auf | |
| dem Deck in der Sonne geräkelt. | |
| Beim britischen Königshaus hat Dianas Tod jedoch weitreichende | |
| Veränderungen ausgelöst. Königin Elisabeth war damals ins Kreuzfeuer der | |
| Kritik geraten, weil sie schwieg und sich weigerte, die Flagge am | |
| Buckingham-Palast auf Halbmast zu setzen. Die Medien attackierten sie dafür | |
| heftig, und für einen Moment schien es, als ob die Monarchie gefährdet sei. | |
| Einen Monat später rief Elisabeth die Familie zu einer Krisensitzung | |
| zusammen. Ein Marktforschungsinstitut hatte den Windsors bescheinigt, sie | |
| seien "unnahbar, abgehoben, verschwenderisch, weder aufrichtig, noch | |
| verständnisvoll und ihr Geld nicht wert". Die Queen machte sich an die | |
| Öffentlichkeitsarbeit und modernisierte die Firma. Charles musste sich mit | |
| den Spice Girls fotografieren lassen, Elisabeth besuchte eine Kneipe und | |
| vertilgte einen Hamburger bei McDonald's. Die Krise war gemeistert. | |
| "Die Woche nach Dianas Tod war eine Illusion", schrieb Friedland. "Es | |
| knisterte vor Emotionen, die sich innerhalb weniger Monate verflüchtigten. | |
| Sie waren - in Anlehnung an Elton Johns Lied bei Dianas Beerdigung - nicht | |
| dauerhafter als eine Kerze im Wind." | |
| 30 Aug 2007 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Sotscheck | |
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