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# taz.de -- Prinzessin Diana: Wühlen in der Mottenkiste
> Zehn Jahre nach ihrem Tod herrscht Diana-Schlussverkauf. Di-Bücher
> mitsamt Hochzeitsseide gibt's auf dem Grabbeltisch und Biografen nehmen
> Abschied.
Bild: Reste der Hochzeitsseide werden mit dem Buch "A Dress for Diana" verkauft
Der 31. August 2007 ist die Gelegenheit. Zehn Jahre nach Dianas Unfalltod
stimmt das Klatschblatt Hello, die britische Antwort auf die Gala, in
seiner jüngsten Ausgabe noch einen Schwanengesang auf "die Prinzessin des
Volkes" an. Was immer man zum Thema Diana sagen wollte, ihr zehnter
Todestag ist der Tag dazu.
Eine beachtliche Masse an Menschen kramt in der Mottenkiste und findet noch
eine ganze Menge Stoff. Und das sind nicht nur Postkarten oder Dianatassen
der Souvenirhändler. Im Falle der Designer David und Elizabeth Emanuel ist
es sogar im wörtlichen Sinne Stoff: Reste der Hochzeitsseide, die man
"zwecks möglicher Änderungen" noch zurückbehalten habe. Genug, dass die
Emanuels tausend zehn mal zehn Zentimeter große Reliquien daraus schneiden
können, die nun für 1000 Pfund zusammen mit dem Buch "A Dress for Diana"
verkauft werden. Die Erfolgsaussichten sind allerdings etwas zweifelhaft:
Ohne Seide wird das Buch bei Amazon bereits jetzt um dreißig Prozent
reduziert angeboten.
Im Café Diana, ganz in der Nähe von Lady Dis altem Zuhause, dem Kensington
Palast, beschwört man derweil heftig Dianas Glamour Zeiten als Popstar der
Achtziger. Der aus dem Irak stammende Abdul Daoud, ein stürmischer Verehrer
der Königin der Herzen, selbst in den Tagen, als man sich noch das Maul
über ihre außerköniglichen Affären zerriss, hat in dieser Woche mehr mit
Interviews als mit Kaffeekochen zu tun. Sein über und über mit Porträts
Dianas gepflasterter Verkaufsraum eignet sich einfach zu gut für die
mediale Dokumentation des Diana-Kultes. Und irgendetwas müssen die
Kamerateams ja filmen.
Nathalie, eine Dozentin für Englische Landeskunde aus der Ukraine, steht im
Café Diana hinter der Theke. Sie hat von dem Café in der Zeitung gelesen
und verbringt nun ihre Semesterferien damit, Milchkaffee für knapp vier
Euro zu servieren und gleichzeitig ihr Englisch zu verbessern. "Und etwas
über die Royals zu lernen." Die ukrainischen Studenten lieben dieses Thema.
Besonders Diana. "Die wird bei uns wie eine Heilige verehrt", erklärt
Nathalie.
"Diana ist unsere Lady der verlorenen Unschuld" schreibt die
Times-Kolumnisten Shane Watson und rückt mit dieser Aussage Diana ein Stück
in Richtung Marienverehrung. Diana repräsentiere für sie die eigene
Kindheit mit wollenen Strickjacken, Fencheltee und Ballettstunden. Ein
letztes bisschen nationales Wohlgefühl auf englischen Rasen, bevor die Welt
global und böse wurde.
Heute ist die Königin des kleinen Manns vor allem eine teuer gehandelte
Ware einiger geschickter Geschäftsmänner und ein guter Anlass, sich selbst
wieder mal in die Schlagzeilen zu bringen. Kurz vor dem Todestag der
Vorgängerin hat sich Camilla Mountbatton-Windsor, die Herzogin von
Cornwall, noch einen kleine Triumph gegönnt. Um nicht von dem Anlass
abzulenken, erschiene sie nicht beim Gedenkgottesdienst der ehemaligen
Rivalin, erklärte sie und zog genau damit geschickt alle Aufmerksamkeit auf
sich.
Der Journalisten Andrew Morton, der im Jahr 1992 die Biografie "Diana - Her
True Story" nach angeblich von der Prinzessin selbst besprochenen
Tonbändern über das Unglück ihrer Ehe veröffentlicht hat, will auch zum
Dianaschlussverkauf beitragen und verkauft seine Geschichte hinter der
Geschichte in einer Art Biopic, so reißerisch wie möglich aufgemacht. Die
umstrittene Feministin Germaine Greer spuckt währenddessen fleißig Galle in
der Sunday Times: "Englische Aristokraten haben keine nennenswerte Bildung,
sie sind vulgär, haben keinen Geschmack und kein Benehmen." Diana sei also
keine Ausnahme. Als Kind war sie dumm, albern und hinterhältig, als Frau
wurde sie manipulativ.
Am schwersten von allen fällt der Abschied vom Dianageschäft wohl Tina
Brown, die Chefredakteurin des Gesellschaftsmagazins Tatler, vom New Yorker
sowie von Vanity Fair war und mit ihren Insidergeschichten - sie stellt
sich selbst als eine enge Vertraute Dianas dar - immer sehr viel
Aufmerksamkeit auch sich selbst ziehen konnte. Nach dem Gebot der Stunde
hat sie alles, aber auch alles, was sie von der "Firma", wie die Royal
Family nennt, auf fast achthundert Seiten zusammengeschwurbelt.
Gartenparties, Prinzensex, Reitausflüge - alles angereichert durch eine
solche Masse von beiläufig fallengelassener High-Society Namen, dass einem
schon nach acht Seiten völlig schwindelig ist. "Diana - Die Biografie" ist
ein dicker Batzen aufgewärmten Klatschs. 1, 5 Millionen Vorschuss soll
Brown erhalten haben. Die hat sie sich verdient - ohne eine wirkliche These
quatscht sich die arme Autorin ganz heiser.
Ein Denkmal hat die Königin des Landes der Königin der Herzen nicht setzen
wollen. Zum Todestag zeigt der Buckingham Palace für 18 Euro ein paar von
Dianas Kleidern im Kensington Palace und feiert einen Gottesdienst, der im
Fernsehen übertragen wird. Die Firma beteiligt sich mit einer etwas
bizarren Aktion am Dianaschlussverkauf. Inspiriert durch das Blumenmeer der
trauernden Untertanen hat die Künstlerin Sofie Layton eine Installation
entworfen. Zehn elf Fuß hohe Löwenzahnblumen werden mit hunderten von
Blüten und goldenen Blättern geschmückt der Königin des Klatschs ein
wirklich allerletztes Geleit geben. Goodbye, Englands Löwenzahn.
30 Aug 2007
## AUTOREN
Judith Luig
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Ihr Leben glich einer Seifenoper, ihr Ruhm speiste sich aus Trivialitäten.
Zehn Jahre nach ihrem Tod hat die Lady Di-Hysterie ein Ende - wurde auch
Zeit.
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