| # taz.de -- Präsidentschaftswahlen in Montenegro: Votum für prowestlichen Kurs | |
| > Bei den Präsidentschaftswahlen in Montenegro gibt es noch keinen Sieger. | |
| > Amtsinhaber Djukanović und Kandidat Milatović gehen in die Stichwahl. | |
| Bild: Jakov Milatović hat es überraschend in die Stichwahl geschafft | |
| Sarajevo taz | In der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen in Montenegro | |
| am Sonntag liegen die prowestlichen Kandidaten weit vor den proserbischen | |
| und mit Russland sympathisierenden Kandidaten. Amtsinhaber Milo Djukanović | |
| hat nach vorläufigen Ergebnissen mit rund 36 Prozent zwar die meisten | |
| Stimmen geholt, muss aber in eine Stichwahl. Djukanović verfehlte damit die | |
| Marke von 50 Prozent, die für eine Wahl bereits in der ersten Runde | |
| erforderlich gewesen wäre. | |
| Bei der Stichwahl am 2. April wird überraschenderweise der | |
| Wirtschaftswissenschaftler und Gründer der Partei „Europe now“ Jakov | |
| Milatović sein Gegenkandidat sein, der auf 28,8 Prozent der Stimmen kam. | |
| Dagegen erhielt der proserbische Politiker Andrija Mandić, dem enge | |
| Verbindungen zu Belgrad und Russland nachgesagt werden, nur 19,2 Prozent | |
| der Stimmen. | |
| Damit scheint schon jetzt klar zu sein, [1][dass alle Versuche Serbiens und | |
| Russlands, Montenegro aus der Nato und dem prowestlichen und | |
| proeuropäischen Weg zu lösen], scheitern werden. Beide Kandidaten sind | |
| prowestlich und wollen in der Nato bleiben. Montenegro ist mit seinen rund | |
| 620.000 Einwohnern und 540.000 Wählern zwar der kleinste der sechs | |
| Westbalkan-Staaten, die in die EU streben, ist aber strategisch für beide, | |
| den Westen und [2][Russland,] wichtig. | |
| ## Serbien und Russland versuchen Einfluss zu gewinnen | |
| Es sind vor allem die Adriahäfen und damit die Kontrolle der Adria, die für | |
| Russland so verlockend sind. Für Serbien ist Montenegro das Bruderland, die | |
| Montenegriner das „Brudervolk“, das es nach dem Zerfall Jugoslawiens 1991 | |
| zurückzuholen gilt. Für beide Länder gilt Montenegro mit seinen schroffen | |
| Bergen und der wunderschönen zerklüfteten Küste als Urlaubsparadies. | |
| [3][Serbische und russische Agenten versuchten 2016 mit einem Putsch], das | |
| Land auf ihren Kurs zu bringen. Die Antwort der Proeuropäer war der | |
| Eintritt des Landes in die Nato 2017. | |
| In Moskau und Belgrad hat es wohl lange Gesichter nach der Verkündigung der | |
| ersten Wahlergebnisse gegeben. Während sich die Mehrheit der Bevölkerung | |
| als westlich orientierte Montenegriner betrachten, definieren sich rund 35 | |
| Prozent der Menschen als Serben. Auch die Minderheiten der Bosniaken, | |
| Albaner und Katholiken stützen das prowestliche Lager. Der serbische | |
| Bevölkerungsteil und die serbische orthodoxe Kirche lehnen aber nach wie | |
| vor die 2006 erklärte Unabhängigkeit von Serbien ab. Dennoch zeigen die | |
| vorläufigen Wahlergebnisse, dass auch ein Teil der serbisch-orthodoxen | |
| Bevölkerung für Djukanović und Milatović und damit für die Integration des | |
| Landes in die EU gestimmt haben. | |
| ## Djukanović – das politische Fossil | |
| Djukanović, der schon seit 1990 entweder als Premierminister oder Präsident | |
| zur politischen Führung des Landes gehört, hat Montenegro aus Jugoslawien | |
| gelöst und in die Unabhängigkeit 2006 geführt. [4][Er ist das politische | |
| Fossil, das mit allerlei Skandalen belastet ist.] Dazu gehört auch der | |
| Vertrag mit China, eine wegen des Geländes sündhaft teure Autobahn durch | |
| die „Schwarzen Berge“ zu bauen, was das Land an den Rand des finanziellen | |
| Ruins gebracht hat. | |
| Folgerichtig verlor seine Partei die Parlamentswahlen 2020. Eine Koalition | |
| aus prowestlichen Reformkräften und proserbischen Parteien führt seitdem | |
| das Land. Der zweite Wahlsieger, Jakov Milatović, ist in diesem Kabinett | |
| Finanzminister, Djukanović blieb aber bis heute Präsident. | |
| Wiederholt kam es zu Misstrauensvoten und Auseinandersetzungen zwischen dem | |
| Präsidenten und Abgeordneten der heterogenen Koalition. Erst am Donnerstag | |
| löste Djukanović das Parlament auf und setzte vorgezogene Parlamentswahlen | |
| für den 11. Juni an. | |
| 20 Mar 2023 | |
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| ## AUTOREN | |
| Erich Rathfelder | |
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