# taz.de -- Panter Preis Nominierte: Fahrräder für alle Fälle | |
> Beim Projekt Pedder des ADFC Bremen können Menschen mit | |
> Beeinträchtigungen und ältere Mitbürger*innen kostenlos Spezialräder | |
> ausleihen. | |
Bild: Die Freude, wieder Fahrrad fahren zu können, ist bei allen groß | |
28.08.21 | Von NICOLE OPITZ | |
Bremen wäre ohne Radwege wohl eine andere Stadt. Viele Ausflugsziele wie | |
das ländliche Viertel Blockland am Deich sind nur mit dem Rad oder dem Auto | |
gut zu erreichen und darum für Menschen mit Beeinträchtigungen und ältere | |
Mitbürger:innen, die Lust haben Fahrrad zu fahren, nur schwer zu erkunden. | |
Das Projekt Pedder des ADFC Bremen hat das Problem erkannt und stellt | |
deshalb kostenlos fünf Spezialräder zur Verfügung: Paralleltandems, | |
Doppelsitzer und sogenannte Rollfiets – also | |
Fahrrad-Rollstuhl-Kombinationen – können für Tagesausflüge, Wochenendtrips | |
oder längere Reha-Aufenthalte ausgeliehen werden. | |
So können Menschen mit Beeinträchtigungen zum Bespiel im Duorad „Pedder | |
Fun2Go“ nebeneinander oder im Rollstuhltransportrad „Pedder VeloPlus“ | |
hintereinander sitzen – inmitten des Bremer Verkehrs. Auf dem „Pedder Chat�… | |
wiederum fährt eine Person elektrounterstützt Fahrrad, während zwei weitere | |
Personen vorne in einer offenen Kabine Platz nehmen und in einer Art | |
norddeutscher Rikscha in Ruhe schnacken können. | |
## Radfahren als Erholung | |
Das Angebot kommt laut Pina Pohl, Pressesprecherin des ADFC Bremen, sehr | |
gut an. „Es ist ein Herzensprojekt von uns“, sagt sie der taz. Die | |
Zielgruppe sind Menschen, deren Mobilität eingeschränkt ist – und die | |
während der Coronazeit zum Teil als „Risikopatient:innen“ gelten. „Umso | |
schöner ist es, dass unser Angebot trotzdem viel genutzt wird“, sagt Pohl. | |
Weil Fahrradfahren während der Pandemie immer erlaubt blieb, ist Pedder | |
eine der wenigen Freizeitaktivitäten, die von Bremer:innen beständig | |
nachgefragt wird. Erholung „von der ganzen Misere“, nennt Pohl das. | |
Da das Pedder-Projekt erst im September 2019 und damit kurz vor der | |
Pandemie startete, stellte es den ADFC trotzdem vor Herausforderungen: | |
„Eine Zeit lang war es nicht erlaubt, sich zu dritt zusammenzufinden.“ | |
Deshalb konnte etwa das Rikscha-Spezialrad Pedder Chat zeitweilig gar nicht | |
genutzt werden. Aus diesem Grund und wegen pandemiebedingter Mehrkosten hat | |
der ADFC Bremen inzwischen eine Verlängerung seines Projekts beantragt. | |
Denn das Vorhaben wird vom Bundesumweltministerium nur bis Ende August | |
gefördert. Doch auch bei einer Verlängerung wird es keine weitere | |
finanzielle Unterstützung vom Ministerium mehr geben. | |
Zwar fließen auch Eigenmittel und Spenden in das Projekt, ohne die Mittel | |
vom Umweltministerium wird es aber nicht leicht sein, das Projekt am Leben | |
zu halten – die Kosten für die Spezialräder sind schließlich hoch: „Sie | |
sind sehr wartungsintensiv. Mal ist eine kleine Schramme drin, mal reißt | |
eine Lehne ab, so was passiert immer wieder“, erklärt Pohl. Dennoch will | |
der ADFC die Räder weiter ohne Gebühren und Kaution kostenlos zur Verfügung | |
stellen. „Gerade dadurch senken wir die soziale Hemmschwelle“, sagt Pohl. | |
## Klimaschutz und soziale Teilhabe | |
Und soziale Teilhabe hat bei dem Pedder-Projekt einen ähnlich hohen | |
Stellenwert wie der Aspekt der klimagerechten Mobilität. Unlängst etwa | |
bekam Pohl eine Anfrage von einer Schulklasse, die auf Klassenfahrt eine | |
Fahrradtour machen wollte. Wegen zweier schwerbeeinträchtigter Kinder in | |
der Klasse liehen sie sich Spezialräder aus. „Toll“, sagt Pohl. „So soll… | |
sein, dafür haben wir Pedder gegründet. Das ist der Teilhabecharakter, den | |
wir uns für die ganze Gesellschaft wünschen.“ | |
Bremer:innen und Tourist:innen können die Räder je nach Bedarf an | |
wechselnden Orten abholen. So soll Menschen mit Beeinträchtigungen flexibel | |
begegnet werden – oft haben sie Schwierigkeiten, weite Wege zurückzulegen. | |
„Zu diesem Aspekt bekommen wir viel gutes Feedback“, sagt Pohl. Vor allem | |
mit dem Bremer Martinsclub, einem Verein für Menschen mit | |
Beeinträchtigungen, gibt es eine enge Kooperation. Als der Sommer kam, | |
wurde das Pedder-Angebot ohnehin stärker nachgefragt: „Mit steigenden | |
Temperaturen und niedrigen Inzidenzen steigt die Lust am Fahrradfahren.“ | |
Und wo sehen Pohl und ihre Kolleg*innen noch Verbesserungsbedarf? | |
„Wir würden uns wünschen, dass noch mehr Interesse von Verleihstationen | |
kommt“, sagt Pohl. Durch die Pandemie hätten öffentliche Einrichtungen wie | |
Cafés, Kirchen oder Jugendzentren keine Möglichkeit gehabt, die | |
Verleih-Infrastruktur gemeinsam mit Pedder auszubauen. | |
Die Gründe, warum sich Menschen ein Rad ausleihen, seien dabei so divers | |
wie die Menschen selbst: „Letztens war jemand hier, dessen Frau sich beide | |
Arme gebrochen hatte“, erzählt Pohl. Egal wer kommt, eines sei allen | |
gemein: „Die Freude darüber, wieder auf einem Fahrrad zu sitzen, | |
teilzuhaben an einer Aktivität, die ihnen sonst unzugänglich bleibt, die | |
merken wir jedem unserer Kund*innen an, und das ist wirklich | |
unbezahlbar“, sagt Pohl. | |
Infos zum Pedder-Projekt: [1][pedder-spezialrad.de] | |
27 Aug 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://pedder-spezialrad.de/ | |
## AUTOREN | |
Nicole Opitz | |
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