# taz.de -- Palästina: Der neu entdeckte Freund | |
> Mit politischer und finanzieller Hilfe wollen Israel, die USA und die EU | |
> Palästinserprädident Abbas im Kampf gegen die islamistische Hamas | |
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Bild: Abbas: Gestern noch abgemeldet, heute schon wieder starker Mann | |
JERUSALEM taz Solange die Hamas den Gazastreifen beherrscht, solange | |
bleiben alle Kontakte gekappt. Der Zentralrat der Fatah zog am Dienstag die | |
Konsequenzen aus dem verlorenen Kampf um den Küstenstreifen. "Erst wenn die | |
Hamas ihren militärischen Coup beendet und die Situation normalisiert", | |
will die Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas mit den | |
islamischen Fundamentalisten verhandelt. | |
Der Bruch zwischen beiden Bewegungen passt zum Plan der USA und Israels, | |
Abbas zu stärken, die Hamas und den Gazastreifen hingegen zu boykottieren. | |
Gemeinsam mit US-Präsident Georg W. Bush setzt Israels Premier Ehud Olmert | |
auf den Palästinenerpräsidenten als Partner. Bush und Olmert trafen am | |
Dienstag in Washington zusammen, um über finanzielle und politische Hilfe | |
für ihren neuen Freund zu beraten. "Der Hamas-Sieg in Gaza ist ein Erfolg | |
für Israel, weil er den Boden ebnet für Verhandlungen mit der freundlich | |
gesonnenen Fatah-Regierung im Westjordanland", meinte Olmert auf dem Weg zu | |
seiner US-Visite. | |
Ohne sein Zutun wurde so aus dem hilflosen und von der Hamas zunehmend | |
marginalisierten Abbas binnen einer Woche wieder ein angesehender Politiker | |
und der stärkste Mann im Westjordanland. Nach verlorener Schlacht in Gaza | |
entließ er seinen Erzfeind Ismail Hanijeh als Premierminister und holte | |
stattdessen Salam Fayyad, den derzeit im Westen beliebtesten Palästinenser, | |
ins Amt. Der unabhängige Politiker fungiert gleichzeitig als Außen- und | |
Finanzminister und wird die in die leeren Kassen fließenden Gelder | |
verteilen. USA und EU haben eine Wiederaufnahme der Finanzhilfe angekündigt | |
und auch Israel habe nicht vor, die den Palästinensern zustehenden Zoll- | |
und Steuergelder "für sich zu behalten", kündigte auch Israels | |
Außenministerin Zippi Livni an. | |
Fraglich bleibt, ob die Gelder vollständig im Westjordanland verbleiben. | |
"Die Finanzhilfe wird an die Angestellten der Palästinensische | |
Autonomiebehörde ausgezahlt", erklärte Kadura Fares, ehemaliger Minister | |
der Fatah, auf Anfrage. Egal sei, "ob sie im Westjordanland oder im | |
Gazastreifen leben". Wichtig sei lediglich, dass sie die Anfang der Woche | |
nominierte Notstandsregierung akzeptierten. Der Präsident sei auch | |
innenpolitisch "viel stärker als noch vor einer Woche", glaubt Fares. | |
Mahmud Abbas ist aber alles andere als unumstritten. Er trägt einige | |
Verantwortung an der jetzigen Lage. Die Serie seines Schieterns beginnt | |
kurz nach dem Tod seines Vorgängers Jassir Arafat im November 2004, als die | |
Fatah noch alleine regierte. Mahmud Abbas versäumte es, die | |
Sicherheitsdienste zu reformieren und die illegalen Waffen zu konfiszieren. | |
Er unterließ, die Fatah-nahen Milizen der Al-Aqsa-Brigaden aufzulösen und | |
vor allem bekämpfte er die Korruption in der eigenen Bewegung nicht. Das | |
führte schließlich zur Wahlniederlage der Fatah vor einem Jahr. | |
Anschließend verweigerte Abbas die Machtübergabe an den Sieger Hamas, und | |
für die dann absehbare militärische Konfrontation bereitete er sich nicht | |
vor. | |
Die Wut über eine politische Führung, die aus sicherer Entfernung das | |
Massaker der Hamas-Brigaden an den Polizisten der Ftagh beobachtete, geht | |
dennoch an Abbas vorbei. Mohammad Dahlan, ehemals Sicherheitschef in Gaza, | |
steht stattdessen im Zentrum der Kritik von mehreren Mitgliedern des | |
Fatah-Revolutionsrates, darunter Marwan Barghouti. Der Chef der | |
Fatach-Jugend im Westjordanland, der eine fünfmal lebenslängliche | |
Haftstrafe absitzt, forderte den Austausch aller Köpfe der | |
Fatah-Sicherheitsdienste, die vor und während der Kämpfe aus dem | |
Gazastreifen geflohen waren. | |
"Es hat innerhalb der Fatach nie eine Zeit gegeben, in der keine | |
Machtkämpfe stattfanden", zeigt sich Kadura Fares wenig beeindruckt. Es | |
ginge jetzt nicht darum, Köpfe zu ersetzen, sondern "wir müssen die | |
Erfahrung der Alten und die Energie der Jungen konstruktiv | |
zusammenbringen". Fares hofft auf die vorzeitige Entlassung seines Freundes | |
Barghouti, einem zentralem Reform-Politiker, der "tausende schlafende | |
Fatach-Aktivisten motivieren könnte". Das sehen auch einige in Israel so. | |
Umweltminister Gidon Esra etwa brachte am Dienstag eine Amnestie für | |
Barghouti ins Spiel, um Abbas damit politisch zu unterstützen. | |
20 Jun 2007 | |
## AUTOREN | |
Susanne Knaul | |
Susanne Knaul | |
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